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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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Kleine«, rief er. »Halte dich nur an mir fest, ganz gleich, was passiert.«
    »Ja, das mache ich, danke«, glaubte er sie zurückschreien zu hören. Aber er war sich nicht ganz sicher, denn es hatte kein bißchen ängstlich geklungen.
    Ihre Arme waren fest um seinen Leib geschlungen, ihr Gesicht war an seine Brust gedrückt, und ihre lange Mähne fiel über seine Schulter. Sie mußte sich elend fühlen in ihrem dünnen, ärmellosen Hemd, das naß auf ihrer Haut klebte, doch er konnte nichts daran ändern, solange Taishi nicht mit der Regenjacke erschien.
    In Wirklichkeit aber fühlte sich Amy behaglicher, als er sich vorstellen konnte. Auf jeden Fall war es hier bequemer als auf dem einsamen Aussichtspunkt, den sie zunächst angepeilt hatte. Selbst die Wellen, die ständig über sie hinwegspülten und sie noch fester an ihn preßten, machten ihr nicht mehr so viel Angst. Sie konnte hören, wie sie heranrollten, und hielt einfach den Atem an, bis sie vorüber waren. Warren fing mit seinem Körper den ersten kalten Schwall ab. Amy bewunderte seine Stärke. Immer wenn er sich gegen die Wogen stemmte, konnte sie jeden einzelnen seiner Muskeln spüren.
    Sie war sich inzwischen ganz sicher, daß sie heil aus dem Sturm herauskommen würden, solange Warren das Schiff steuerte. Ihr Vertrauen in ihn war grenzenlos, ganz besonders jetzt, da sie bestätigt fand, was sie instinktiv gefühlt hatte.
    Doch es dauerte noch eine lange Zeit, bis sich das Meer endlich beruhigte und der Regen in ein feines Nieseln überging, um dann ganz aufzuhören.
    Der Jubel der übrigen Mannschaft bestätigte ihr, daß es sich nicht nur um eine kurze Windstille handelte, sondern daß der Alptraum wirklich endlich vorbei war. Trotzdem ließ sie Warren nicht los, sondern blickte zu ihm auf und sagte: »Ich bleibe hier, wenn es dich nicht stört.«
    Er hatte nichts dagegen einzuwenden. Seitdem es aufgehört hatte zu regnen und die Sicht auf das Deck wieder frei war, starrte Warren immer wieder auf den Teil der Reling, an dem sich Amy festgehalten hatte, von dem jetzt aber kaum noch etwas übrig war. Sie war sich nicht darüber im klaren, wie knapp sie dem Tod entronnen war, und sollte es auch gar nicht wissen.
    Erst eine Stunde später wurde Warren am Steuer abgelöst.
    Der Zufall wollte es, daß ausgerechnet der Koch der einzige in der Mannschaft war, der etwas vom Navigieren verstand. Die Chinesen selbst waren keine Seeleute, sondern gehörten Yatsens Hofstaat an. Der portugiesische Kapitän war noch immer nicht aus seiner Ohnmacht erwacht, schien aber nicht lebens-gefährlich verletzt zu sein, so daß er in den nächsten Tagen wohl wieder das Steuer übernehmen würde.
    Nachdem Warren all das von einem sehr dankbaren Taishi vernommen hatte, bemerkte er knapp: »Schade nur, daß Zhang nicht mit dem Ersten Matrosen über Bord gegangen ist.«
    Taishi überging die Bemerkung und sagte nur: »Ich bringen Essen, schnell wie Blitz, und Decken, viele Decken, und hei-
    ßes Wasser, wenn Ofen wieder arbeiten.«
    Sprach’s und eilte davon. Warren machte sich nicht sofort auf den Weg in seine Kabine, da Amy ihn noch immer umschlungen hielt, wenn auch nicht mehr so fest wie vorher.
    »Schläfst du schon?« fragte er, sich zu ihr hinabbeugend.
    »Nicht ganz, aber fast.«
    Er lächelte über ihren Kopf hinweg. »Würdest du mir jetzt vielleicht verraten, was dich hierher aufs Deck getrieben hat?«
    Sie wand sich ein wenig, bevor sie antwortete: »Das unbe-stimmte Gefühl, daß etwas Schlimmes passieren würde, wenn ich dich nicht im Auge behielte.«
    »Und du glaubst natürlich, du hättest etwas unternehmen können, um ein Unheil zu vermeiden?«
    »Aber das habe ich doch«, entgegnete sie mit vorwurfsvol-lem Unterton, als hätte Warren das selbst wissen müssen.
    »Meine Gegenwart hat verhindert, daß etwas passiert ist.«
    Warren schüttelte den Kopf über Amys Logik. »Du wirst mich loslassen müssen, wenn wir zur Kabine zurückwollen.«
    »Muß ich wohl«, seufzte sie und ließ langsam von ihm ab.
    Sie sah mit einem kritischen Blick an sich herunter und fügte hinzu: »Ich habe bestimmt einen Abdruck deiner Gürtel-schnalle auf dem Bauch.«
    Ihr Hemd war noch immer naß und klebte ihr am Körper, so daß sich ihre Brüste deutlich darunter abzeichneten. Ihr Haar dagegen trocknete schon langsam im Wind.
    »Na, noch Abdrücke von was anderem gefunden?« fragte er, um sie zu necken.
    »Ja, jetzt, wo du’s erwähnst ...«
    Er warf den Kopf in den Nacken und

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