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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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hatte, schien er wieder zur Besinnung zu kommen, denn er fragte plötzlich:
    »Weiß dein Onkel eigentlich, daß du dich in Tavernen herum-treibst?«
    »Welcher Onkel?« fragte sie.
    Er starrte sie wütend an. »Der, bei dem du derzeit wohnst.«
    »Aber ich treibe mich nicht in Tavernen herum.«
    »Und als was würdest du The Hell and Hound bezeichnen?«
    »Als schrecklichen Namen?«
    Er blieb stehen und wandte sich ihr zu. Einen Augenblick lang dachte sie, er wolle sie erwürgen, doch dann ließ er ihren Arm los und vergrub beide Hände in ihrem Haar, ein Hinweis darauf, daß sein Ärger in Verzweiflung überging.
    Sie beschloß, ein Geständnis abzulegen. »Meine erste Eifer-suchtszene war also nicht besonders gelungen. Ich verspreche dir, mich geschickter anzustellen, wenn ich den Dreh erst einmal raushabe.« Er gab einen halb schnaubenden, halb kichern-den Laut von sich.
    In der Annahme, daß sie ihn belustigt hatte, fügte sie rasch hinzu: »Es muß dir nicht peinlich sein, mal zu lächeln. Ich verspreche, es niemandem weiterzusagen.«
    Er packte ihre Hand und setzte den Weg fort. Sie mußte wieder laufen, um mit ihm Schritt zu halten. »Mein Fußgelenk!«
    »Ich gehe das Risiko ein«, knurrte er zurück.
    Und das tat er dann auch. Ihr zukünftiger Ehemann war ein hoffnungsloser Fall. Keine Spur von Humor, kein Sinn für Romantik, nichts. Nun, für heute hatte sie genug von seiner Bärbeißigkeit.
    Sie befreite sich aus seinem Griff, blieb einfach stehen und rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Er drehte sich um, die Hände auf die Hüften gestützt.
    »Und jetzt?« fragte er.
    »Nichts jetzt«, sagte sie trotzig. »Geh zurück zu deiner Taver-nendirne, Warren. Ich komme schon allein heil nach Hause.«
    »Hattest du etwa geplant, heil nach Hause zu kommen?«
    Sein sarkastischer Tonfall bezog sich zweifellos auf ihr eben gemachtes Angebot. Doch sie war zu zornig, um zu erröten, und schlug mit den gleichen Waffen zurück. »Ich hatte vor, nach dieser Nacht keine Jungfrau mehr zu sein. Aber da du noch nicht bereit bist, mich zu befreien von ...«
    »Hör auf! Wenn ich einen Augenblick geglaubt hätte, daß du noch Jungfrau bist, dann hätte ich dich für dein unerhörtes Benehmen übers Knie gelegt und versohlt. Irgendwer hätte es tun sollen, um dich daran zu hindern, der Malory-Tradition von Laster und Ausschweifung zu folgen – Amy, komm sofort zurück!«
    Sollte das ein Scherz sein? Nach dieser Beschimpfung und dieser Drohung, ganz zu schweigen von der Beleidigung ihrer Familie? Sie raffte ihre Röcke und rannte, so schnell sie konnte, den Weg zu der Taverne und der wartenden Kutsche zurück.
    Zum Teufel mit Warren Anderson! Verprügeln würde er sie, nur weil sie ihn begehrte? Als hätte sie keine ehrbaren Absichten! Als würde sie herumlaufen und den nächstbesten Mann verfuhren! Wie sollte sie diesen Eisblock zum Schmelzen bringen, der sein Herz umgab? Das war kein normaler Mann, mit dem sie auf normale Weise umgehen konnte. Er haßte Frauen, mißtraute ihnen, benutzte sie, ohne sie jemals an sich herankommen zu lassen.
    Gefühllos, kalt, gemein; sie mußte verrückt gewesen sein, zu glauben, sie könnte das alles ändern. Ihr fehlte die Erfahrung, auch wenn er offensichtlich vom Gegenteil überzeugt war. Keine Jungfrau? Kein Wunder, daß er sie nicht wollte –
    nein, es müßte genau umgekehrt sein. Sie hatte geglaubt, ihre Unschuld hätte ihn zurückgehalten, aber wenn er glaubte, sie sei keine Jungfrau, warum lehnte er dann ab, was sie ihm anbot, es sei denn, er wollte sie wirklich nicht.
    Bei diesem Gedanken wäre Amy um Haaresbreite gestolpert. Sie blickte sich um und stellte fest, daß Warren immer näher kam. Doch er würde sie nicht einholen. Schließlich war sie jahrelang ihren Brüdern entwischt, die nicht so groß und schwerfällig, wenn auch ebenso gerissen waren wie er. Sie hatte jedoch nicht damit gerechnet, einem der Gäste des Hell and Hound in die Arme zu laufen.
    Fast hätte sie den Mann umgerannt. Seine Arme schlossen sich automatisch um sie, doch glücklicherweise fand er noch rechtzeitig sein Gleichgewicht wieder. Und unglücklicherweise bemerkte er, was er da in den Armen hielt.
    »Hoppla«, sagte er mit offensichtlichem Wohlgefallen.
    »Was haben wir denn ...«
    Ihm blieb keine Zeit, den Satz zu Ende zu sprechen, denn Warrens Faust schlug über Amys Schulter hinweg direkt in sein Gesicht. Amy schrie auf, als sie mit ihm fiel, denn er hielt sie, als er zu fallen begann,

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