Malory
von Haverston bekommen wollen, geben Sie sich zufrieden mit dem, was Sie soeben kassiert haben.«
Sie hatten vielleicht noch nichts von den Malorys von Haverston gehört, doch der Name Malory war sehr bekannt, sogar den kleinen Leuten von Lower London. Dafür hatte Anthony Malory in seinen wilden Zeiten der Hurerei, des Glücksspiels und der zahlreichen frühmorgendlichen Duelle gesorgt.
Ihre Taktik schien sich zu bewähren, denn es kam keine Antwort von den Banditen. Das konnte Amy freilich nicht davon abhalten, weiter an Warrens Arm zu zerren. Sie würde nicht eher ruhig atmen können, als bis sie sich weit genug entfernt hätten.
Sie waren schon etwa eine halbe Meile gegangen, als er schließlich sagte: »Du kannst getrost aufhören, meinen Arm zu umklammern, Kleine. Ich habe nicht vor, umzukehren.«
»Endlich einmal etwas Vernünftiges aus deinem Munde«, murmelte sie zu sich selbst.
»Was sagst du?«
»Nichts.«
Sie ließ ihn los, lief weiter im Eilschritt vor ihm her, um so schnell wie möglich in die Stadt zurückzukommen. Nach ihrer Schätzung mußten es noch zwei, drei Meilen bis zum Stadtrand sein, und bis sie schließlich zu Hause wäre ... Sie mochte gar nicht daran denken. So lange fortzubleiben, hatte sie nicht geplant. Sie hatte Artie gesagt, sie würde schlafen gehen, in der Hoffnung, nicht gestört zu werden. Jetzt mußte sie sich ins Haus zurückschleichen, und je später es wurde, desto stiller war es im Hause und desto leichter konnte man sie hören.
»Du bist plötzlich so still. Hast du vielleicht die vielen Gerten hier bemerkt?«
Sie waren eine weitere Meile gelaufen, als er – dicht hinter ihr gehend – diese Frage stellte. Amy hoffte, daß er nur scherzen wollte, hatte aber ihre Zweifel.
»Eine frisch geschnittene Gerte wird ihren Zweck schon erfüllen, da bin ich mir sicher.«
Sie fuhr herum. »Vergiß es, Warren. Ich habe nichts getan, weshalb ich ...«
»Wirklich? Ohne dich hätte ich heute abend wenigstens ein sinnliches Vergnügen gehabt. Ich wäre nicht ausgeraubt worden.
Ich wäre nicht hier draußen auf dieser gottverfluchten Straße.«
»Betrachte es als ein Training. Du hattest nicht viel Geld bei dir, und was das andere Problem angeht, so weißt du doch, wie du es lösen könntest – wenn du nicht so verdammt starrköpfig wärest.«
»Jetzt reicht es mir.«
Er eilte zum Straßenrand, wo all die Büsche standen, von denen er gesprochen hatte. Amy wartete nicht, bis er einen Zweig abbrechen konnte. Sie nahm die Beine in die Hand und rannte davon.
Kapitel 15
Der Mond hinter der hauchdünnen Wolkendecke gab gerade so viel Licht, daß Amy den Schlaglöchern auf der Straße ausweichen konnte. Zum Glück hatte es seit drei Tagen nicht ge-regnet, so daß sie nicht fürchten mußte, in glitschigen Wagen-furchen auszurutschen.
Amys einzige Sorge war, von diesem Verrückten eingeholt zu werden, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, seine Verärge-rung an ihr auszulassen – freilich nicht auf die Weise, die ihr behagt hätte. Sie konnte es nicht zulassen. Er würde es hinterher bedauern, obwohl sie den Verdacht hatte, daß sie es noch mehr bedauern würde.
Doch sie war zuversichtlich, das Rennen zu gewinnen, zumal nicht zu befürchten war, daß ihr jemand in den Weg lief wie vor der Taverne. Andererseits war Warren inzwischen nüchterner geworden und nicht mehr so unbeholfen wie noch vor einer Stunde.
Schon einen Augenblick später erwischte er ein Stück ihres Umhangs, zog sie zu sich heran, ergriff ihren Arm und wirbelte sie herum. Sie stolperte und stürzte, so daß auch er das Gleichgewicht verlor. Im Fallen riß sie ihn mit und stöhnte auf, als sie höchst unsanft auf der Erde landete, sein Körper auf dem ihren. Sie hatte sich bestimmt mindestens einen oder zwei Knochen gebrochen. So jedenfalls fühlte es sich an.
Und er richtete sich nicht auf. Er hatte es zwar vorgehabt, doch als er ihre Augen sah, die in die seinen getaucht waren, ihre halbgeöffneten Lippen, neigte er sich mit einem Stöhnen zu ihr hinab.
Die süße Berührung seiner Lippen ließ Amy ihre mißliche Lage vergessen. Ihr Rock war zu eng, als daß Warren zwischen ihren Schenkeln Platz gehabt hätte, es sei denn, er hätte ihn hochgezogen, doch das tat er nicht. Aber es war Platz für ein Knie, das er jetzt dazwischenschob. Und das reichte schon, um ihr ein Seufzen zu entlocken. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und zog ihn noch fester an sich.
Und, Himmel, jetzt ruhte sein ganzes Gewicht
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