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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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beseitigt haben und in seine Jacke geschlüpft sein, damit ich keinen Verdacht schöpfe. Und es steht zu befürchten, daß wir es noch mit weiteren zu tun haben. Sie arbeiten gewöhnlich zu zweit oder dritt; die anderen haben sich vielleicht auf dem Dach ver-schanzt, damit wir sie nicht bemerken, oder liegen irgendwo an einer vereinbarten Stelle auf der Lauer. Ich hoffe, sie haben den Fahrer nur besinnungslos geschlagen und nicht gleich umgebracht.«
    Eine tiefe Falte wurde auf seiner Stirn sichtbar. »Ich an deiner Stelle würde mir aber allmählich Sorgen machen.«
    »Ich glaube nicht, daß wir ernsthaft in Gefahr sind. Ich weiß nicht, wie es bei euch in Amerika ist, aber unsere Diebe vermeiden es nach Möglichkeit, jemanden aus dem Adel zu töten.
    Das Aufsehen, das eine solche Tat erregt, kann ihnen nur zum Schaden gereichen. Es kommt sogar vor, daß sie einen aus den eigenen Reihen an den Galgen bringen, um den Tumult zu beenden.«
    »Wie kommt es, daß ich all das nur so schwer begreife?«
    »Vielleicht, weil du dir nicht vorstellen kannst, wie gerissen unsere Diebe sind.«
    Sein finsterer Blick gab ihr zu verstehen, daß ihre Spaße hier fehl am Platze waren. »Ich könnte mir eher vorstellen, daß der Kutscher mich falsch verstanden hat, und das läßt sich korrigieren.«
    Er klopfte zuerst kräftig ans Dach, um sich bemerkbar zu machen, und öffnete dann die Tür weit genug, um dem Mann zurufen zu können, daß er anhalten solle. Doch statt stehenzu-bleiben, legte die Kutsche mit einem Ruck so an Tempo zu, daß Warren auf seinen Sitz zurückgeworfen wurde und die Tür krachend zufiel.
    »Das hat ja wirklich Wunder gewirkt«, war Amys ironischer Kommentar.
    »Ohne dich wäre ich einfach hinausgesprungen«, entgegnete er zornig.
    »Du willst mir also vorwerfen, daß ich dich vor einem Genickbruch bewahrt habe?«
    »Nein, aber ich werfe dir vor, daß ich überhaupt hier in dieser verdammten Kutsche sitze.«
    »Wäre es dir lieber, mich allein in einer solchen Situation zu wissen?« fragte sie mit hochgezogener Braue.
    »Mir wäre lieber gewesen, du wärest zu Hause geblieben; dann säße jetzt keiner von uns beiden hier.«
    Da ihr darauf keine schlagfertige Antwort einfiel, lenkte sie seine Gedanken rasch in eine andere Richtung und fragte:
    »Du hast bestimmt viel Geld mitgenommen, oder?«
    »An einen Ort wie das Hell and Hound? Ich bin doch nicht verrückt.«
    »Dann mach nicht so ein Theater um diese Geschichte«, meinte sie nüchtern. »Es ist ganz einfach. Du händigst das Geld aus, und uns geschieht nichts.«
    »Solche Dinge pflege ich anders zu regeln, Kleine.«
    Jetzt bekam sie es doch ein wenig mit der Angst zu tun.
    »Warren, ich weiß, daß du dich heute abend gerne prügeln würdest, aber such dir bitte andere Gegner aus. Sie sind bestimmt bewaffnet ...«
    »Ich auch.«
    Sie sah ihn erstaunt an. »Wirklich?«
    Er krempelte beide Hosenbeine hoch und zog aus dem rechten Stiefel eine Pistole, aus dem linken eine gefährlich aussehende Klinge. Amy wurde von Panik ergriffen.
    »Steck das weg!«
    »Den Teufel werde ich tun!« entgegnete er.
    »Amerikaner!« sagte sie in einem Tonfall, der erkennen ließ, daß sie im Augenblick nicht besonders viel von ihnen hielt. »Ich lege keinen gesteigerten Wert darauf, ins Kreuzfeu-er zu geraten, nur weil du den Helden spielen willst. Und solltest du verletzt werden, bin ich wahrscheinlich so verrückt, dich rächen zu wollen, und ich habe nun mal keine Lust, mein Leben zu riskieren, danke.«
    »Du bleibst in der Kutsche«, sagte er kurz angebunden.
    »Werde ich nicht.«
    »Wirst du doch.«
    »Nein, verlaß dich drauf. Ich werde so nah bei dir bleiben, daß jede Kugel genauso mich wie dich treffen könnte. Ist es das, was du willst, Warren Anderson?«
    »Warum zum Teufel kannst du dich nicht wie ein normales Frauenzimmer benehmen und dich unter dem Sitz verstecken?
    Ich könnte mich sogar damit abfinden, wenn du hysterisch würdest.«
    »Blödsinn«, zischte sie. »Männer hassen hysterische Frauen, und eine Malory ist nicht hysterisch.«
    Noch bevor er antworten konnte, hielt die Kutsche so ruck-artig an, daß Warren halb von seiner Sitzbank rutschte. Er ließ die Pistole fallen. Amy wollte danach greifen, doch seine Hand war schneller.
    »Was hättest du damit getan, wenn ich fragen darf?« sagte er.
    »Ich hätte sie aus dem Fenster geworfen.« Sein verächtliches Schnauben verriet ihr, was er davon hielt, und so fügte sie rasch hinzu: »Wenn du sie wegwirfst,

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