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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04. Wer die Sehnsucht nicht kennt
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wollen.«
    Warren rührte sich nicht von der Stelle. »Sagen Sie mir zunächst, was ich hören möchte.«
    Li Liang unternahm erst gar nicht den Versuch, den Unwis-senden zu spielen, sondern antwortete direkt: »Ihr wurde kein Haar gekrümmt – noch nicht. Wir waren sicher, daß ihr ... Verschwinden genügen würde, um Sie herzulocken, und wir hatten anscheinend recht. Ihr Freund muß allerdings hier warten«, fügte er mit einem Seitenblick auf James hinzu.
    »Ich bin nicht sein Freund«, entgegnete James. »Und ich denke nicht daran, hier zu warten.«
    Li Liang war belustigt. »Sie dachten also, ein Feind wäre Ihnen eine größere Hilfe?«
    »Er ist der Onkel des Mädchens.«
    »Aha, Ihr Schwager also?«
    Diese Frage war der Beweis, daß Amy wirklich in ihrer Gewalt war. »Genau. Er ist mitgekommen, um sie nach Hause zu holen.«
    »Ob er das kann, wird natürlich von Ihrer Bereitschaft zur Zusammenarbeit abhängen«, erklärte Li.
    »Sie wollen sagen, von Zhangs Launen«, knurrte Warren.
    Li Liang lächelte nur und ging voraus. Warren folgte ihm zähneknirschend.
    »Sehr gesprächig, der Bursche«, flüsterte James hinter seinem Rücken.
    »Er ist nur Zhangs Sprachrohr. Übrigens rate ich dir, bei den Verhandlungen den Mund zu halten und mir die Sache zu überlassen. Ich kenne diese Chinesen. In vielerlei Hinsicht leben sie noch wie im Mittelalter. Und wenn sie eines nicht vertragen können, dann ist es Arroganz und Herablassung, was ja zu deinen Spezialitäten zählt.«
    »Ich hatte gar nicht vor, mich einzumischen, alter Knabe, solange du die Sache im Griff hast.«
    Warren gab keine Antwort, und wenige Augenblicke später standen sie vor Warrens ehemaligem Zimmer. Warren hätte es wissen müssen: Amy war ahnungslos in ihre Falle gestolpert.
    »Sie hatten alles getarnt, nicht wahr?« fragte Warren, auf das Zimmer deutend.
    Liang zuckte die Achseln. »Selbstverständlich. Dummerweise waren Ihre Sachen schon fort, als wir uns Zugang zu Ihrem Zimmer verschafften.«
    »Ich bin eben sehr schnell.«
    »Vielleicht wünschen Sie bald es wäre anders.«
    »Wenn das eine Drohung gegen das Mädchen ist, wird ihr Onkel nicht sonderlich erfreut sein.«
    »Sie werden verstehen, daß uns das nicht sonderlich beeindruckt.«
    Sie waren ihnen zahlenmäßig sicherlich weit überlegen, obwohl nicht ersichtlich war, wie viele Wachleute sich im Zimmer befanden. Was würde er nicht dafür geben, Liang allein gegenüberzutreten, wenn dies alles vorüber war.
    »Hat Ihnen schon jemand gesagt, was für ein aufgeblasener Idiot Sie sind?« fragte Warren lässig.
    »Ich glaube, Sie haben es mir schon einmal gesagt, Captain.«
    »Melden Sie mich endlich an«, knurrte Warren, »damit wir die Sache hinter uns bringen.«
    Der Chinese nickte und schlüpfte ins Zimmer. James trat vor und stützte sich mit einem Arm gegen die Wand.
    »War das eine Drohung gegen Amy?« wollte er wissen.
    »Nein, Zhangs Diener sehen Ausländer gern zappeln, und dieser hier ganz besonders. Aber noch habe ich die Trümpfe in der Hand Malory.«
    Jetzt öffnete sich die Tür, und einer der Wachleute forderte sie mit mehreren Verbeugungen zum Eintreten auf. Warren erblickte Zhang sofort, der träge in seinen Kissen lehnte. Seine seidene Bettwäsche war der einzige Luxus in diesem Zimmer.
    Ohne seine Opiumpfeife wirkte er fast nackt, und diese wenig feudale Umgebung behagte ihm offensichtlich gar nicht. Warren bedauerte ihn aufrichtig.
    »Wo ist meine Vase, Captain?« fragte Li sogleich im Namen seines Herrn.
    »Wo ist das Mädchen?«
    »Sie sind also bereit, mit uns zu verhandeln?«
    »Selbstverständlich. Was wollen Sie – mein Leben oder die Vase?«
    Liang und Yat-sen berieten sich auf chinesisch. Warren hatte auf seinen Reisen nach Kanton ziemlich viele Wörter aufgeschnappt, diesem Schnellfeuer aber vermochte er nicht zu folgen. So, wie er die Frage gestellt hatte, war klar, daß die Antwort auf sich warten lassen würde. Zhang genoß es noch mehr als sein Dolmetscher, seine Gegner zappeln zu sehen.
    Und gegen Warren hegte er einen besonders tiefen Groll.
    »Wir wollen beides, Captain«, sagte Li schließlich.
    Warren lachte. »Das kann ich mir vorstellen, doch das ist leider keine Verhandlungsbasis.«
    »Die Vase gegen das Mädchen, weiter gibt es nichts zu verhandeln.«
    »Netter Vorschlag, aber Sie wissen genau, daß ich ihn nicht annehme. Es gibt nur eine Möglichkeit, ins Geschäft zu kommen: Das Mädchen wird freigelassen, und dann führe ich Sie zu der Vase.

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