Malory
verwirrt. Er fragte sich unwillkürlich, wieviel von dem, was er in ihnen sah, wohl wahren Empfindungen entsprach, und was kunstvolle Verstellung war.
Tatsächlich, er fand sie faszinierend, daran bestand kein Zweifel. Es war ihm schrecklich schwergefallen, in der vergangenen Nacht
einzuschlafen,
während
er
daran
dachte, daß sie unter dem gleichen Dach wie er lag und schlief wie ein Baby. Das hatte ihn auch geärgert. Dabei hatte sie nicht einmal wach gelegen und auf seinen Besuch gewartet, weil sie nicht gewußt hatte, daß sie in dem Haus des Mannes war, der sie gekauft hatte. Sie hatte gedacht, es sei Jeremy gewesen.
Derek war sich noch nicht ganz im klaren darüber, was er mit seiner Reaktion auf diese Eröffnung anfangen sollte. Er kannte das Mädchen doch kaum. Daß sie ihm gehörte, war kein Grund, Eifersucht zu spüren –
zumindest nicht jetzt schon. Und auch noch wegen Jeremy.
Sicher, sein Vetter hatte kein Hehl daraus gemacht, daß er sie gerne für sich gehabt hätte. Und sie hatte offen zugegeben, daß sie ihn äußerst gutaussehend fand. Na-türlich hätte er sofort gewußt, daß sie log, wenn sie etwas anderes gesagt hätte. Alle Frauen fanden, daß Jeremy
äußerst
gut
aussah.
Und
es
hatte
schon
geschmerzt, als sie versuchte, ihn davon zu überzeugen, daß sie ihn vorziehen würde, weil er wußte, daß das eine Lüge war.
Nun, er würde schon damit fertigwerden. Schließlich wollte er gar nicht, daß sie sich in ihn verliebte und anfing, über einen Hausstand und Kinder nachzudenken. Das entsprach wohl kaum den Dingen, die ein Mann von seiner Geliebten wollte. Und er konnte nicht leugnen, daß er sie begehrte, nach dem, was in der Kutsche passiert war.
Ihr Mangel an Raffinesse, gerade in dieser seltsamen Mischung mit ihrer Leidenschaftlichkeit, hatte dazu ge-führt, daß sein Begehren fast außer Kontrolle geriet. Er konnte es immer noch kaum glauben, wie sehr er sie in der Kutsche begehrt hatte, und wie lange er gebraucht hatte, um das Verlangen, sie auf der Stelle zu nehmen, unter Kontrolle zu bringen.
Lust. Das richtige Gefühl einer Mätresse gegenüber, wie er zugeben mußte, und so war er auch nicht allzu mißvergnügt. Sie mochte Jeremy vorziehen und wünschen, er hätte sie gekauft, aber was Derek anging, so war ihre körperliche Reaktion mehr als zufriedenstellend gewesen.
Noch ganz mit diesen Gedanken beschäftigt, während sie ihr Mahl beendeten, bemerkte Derek mehr zu sich selbst: »Ich bin wirklich versucht, hier ein Zimmer zu mieten. Aber ich habe das Gefühl, wir brauchen beim erstenmal mehrere Stunden, um uns zu lieben, und dann kämen wir zu spät in Bridgewater an, um dich unterzubringen ... Warum wirst du rot?«
»Ich bin an solche Gespräche nicht gewöhnt.«
Er schmunzelte. Daß sie ständig Unschuld heuchelte, amüsierte ihn. Er war gespannt darauf, zu erfahren, wie sie es anstellen wollte, den Schein zu wahren, wenn sie das erste Mal miteinander schliefen. Aber das würde er ja heute Nacht herausfinden. Und das war ein äußerst angenehmer Gedanke.
»Mach dir darüber keine Gedanken, meine Liebe. Du wirst dich noch früh genug daran gewöhnen.«
»Hoffentlich«, erwiderte sie. »Sonst brauche ich nämlich leichtere Kleidung – bei dem ständigen Erröten wird mir ziemlich warm.«
Er brach in Lachen aus. »Und ich dachte, das läge an mir.«
»Hier, sehen Sie«, sagte sie, errötete schon wieder und fächelte sich mit der Hand Kühlung zu. »Es könnte fast Sommer sein, so warm ist mir.«
»Ich vermute, im Sommer wird es uns schwerfallen, dir noch ein Erröten abzuringen«, erwiderte er trocken, obwohl ihm klar war, daß das nicht der Fall sein würde, wenn sie, so wie jetzt, auf Befehl erröten konnte. Er verspürte jedoch kein Verlangen, ihre Verstellung zu entlarven, da sie ihn so erheiterte. »Sollen wir jetzt aufbrechen, bevor ich meine Meinung ändere und doch ein Zimmer miete?«
Sie schoß zwar nicht gerade ihrem Stuhl empor und rannte zur Tür, aber sie war nahe daran, und es war auch nur zu offensichtlich, daß sie genau das am liebsten getan hätte. Derek schüttelte den Kopf, während er ihr folgte. Seltsames Mädchen. Hätte er es ernstgenom-men, wäre er wirklich verwirrt gewesen. Aber er war schon mit zu vielen raffinierten Frauen zusammenge-wesen, um zu wissen, daß dies alles zum Spiel gehörte, diese kleinen Kunstgriffe, die dazu dienten, die Männer zu amüsieren – ohne sie zu täuschen oder ihnen einen falschen Eindruck
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