Malory
wenn es mit einem Mann seines Kali-bers allein in einem Raum war, und das erkannte Reggie jetzt. Und doch empfand sie aus irgendwelchen Gründen, die sie selbst nicht durchschaute, keine Angst vor ihrem Entführer. Skandalöserweise fragte sie sich sogar, ob es wohl wirklich so schrecklich wäre, ihre Tugend an ihn zu verlieren. In welcher leichtfertigen Stimmung sie plötzlich war!
Sie musterte die Tür und seine großgewachsene Gestalt, die ihr diesen einzigen Ausgang versperrte. »Pfui, schämen Sie sich, mein Herr. Ich hoffe doch, daß Sie nicht vorhaben, mich noch mehr zu kompromittieren, als Sie es bereits getan haben.«
»Wenn Sie es zulassen, werde ich es tun. Wie denken Sie darüber? Überlegen Sie sich die Antwort ganz genau«, sagte er mit einem umwerfenden Lächeln. »Mein Herz ist in Gefahr.«
Sie kicherte vor Begeisterung. »Quatsch! Lebemänner wie Sie haben gar kein Herz. Das weiß doch jeder.«
Nicholas war bezaubert. Konnte sie denn nichts, was er sagte, aus der Fassung bringen?
»Sie verletzen mich, meine Liebste, wenn Sie mein Herz mit dem Malorys vergleichen.«
»Im Traum nicht, Sir«, versicherte sie ihm. »Tonys Herz ist so wankelmütig, wie es nur irgend geht. Das Herz eines jeden anderen Mannes ist beständiger als seines. Sogar Ihres«, sagte sie trocken.
Und das aus dem Mund der Mätresse dieses Mannes?
Nicholas konnte sein Glück nicht fassen. Sie hatte noch nicht einmal den Eindruck gemacht, als wäre sie verdrossen, nahm ganz schlicht hin, daß Malory ihr nie treu sein würde. War sie reif für einen Liebhaberwechsel?
»Interessiert es Sie denn gar nicht, warum ich Sie hierhergebracht habe?« fragte er. Warum war sie nicht außer sich?
»O nein«, erwiderte sie unbeschwert. »Dahinter bin ich bereits selbst gekommen.«
»So, wirklich?« Er war belustigt und wartete auf irgendeine merkwürdige Erklärung, die sie sich zurechtgelegt hatte.
»Sie haben mich für Lady Eddington gehalten«, sagte sie, »und Sie wollten, daß sie den Shepford-Ball verpaßt, während Sie hingehen und keinen Tanz auslassen. Das stimmt doch?«
Nicholas schüttelte sich. »Was?«
»Haben Sie keinen Tanz ausgelassen?«
»Ich habe überhaupt nicht getanzt.«
»Sie müssen sie wohl dort gesehen haben. Ich wünschte, ich hätte Ihr Gesicht beobachten können.«
Wieder kicherte sie. »Waren Sie nicht furchtbar überrascht?«
»Äh - furchtbar«, gab er zu. Er konnte es einfach nicht glauben. Wie zum Teufel hatte sie sich all das zusammenreimen können? Was hatte er bloß gesagt, als er sie hier-hergetragen hatte? »Jetzt bin ich Ihnen gegenüber in einer ungünstigen Lage. Anscheinend habe ich vorhin eine ganze Menge zu Ihnen gesagt.«
»Erinnern Sie sich denn nicht?«
»Nicht allzu deutlich«, gestand er matt. »Ich fürchte, ich war ziemlich angetrunken.«
»Wenn das so ist, nehme ich an, daß Sie damit entschuldigt sind, oder? Aber soviel haben Sie gar nicht gesagt. Es hilft schon, wenn man die Leute kennt, um die es geht, verstehen Sie.«
»Sie kennen Lady Eddington?«
»Ja. Nicht allzugut natürlich. Ich habe sie erst in der letzten Woche kennengelernt. Aber sie war so freundlich, mir heute abend ihre Kutsche zu leihen.«
In dem Moment löste er sich plötzlich von der Tür und durchquerte das Zimmer, bis er wenige Zentimeter vor ihr stand. Aus der Nähe war sie sogar noch hübscher. Zu seinem Erstaunen wich sie nicht vor ihm zurück, sondern blickte zu ihm auf, als setzte sie ihr volles Vertrauen in ihn.
»Wer sind Sie?« fragte er. Es war ein heiseres Flüstern.
»Regina Ashton.«
»Ashton?« Er runzelte nachdenklich die Stirn. »Ist das nicht der Familienname des Earl von Penwich?«
»Ja, genau. Kennen Sie ihn etwa?«
»Nein. Er besitzt ein Stück Land, das an meines grenzt und das ich seit etlichen Jahren zu kaufen versuche, aber dieser großspurige... Er reagiert gar nicht erst auf meine Anfragen. Sie sind doch nicht etwa mit ihm verwandt, oder?«
»Doch, leider ja. Aber zumindest sind es keine allzu na-hen Bande.«
Nicholas grinste. »Die meisten Damen würden sich nicht darüber beklagen, mit einem Earl verwandt zu sein.«
»Wirklich? Dann kennen sie wohl den derzeitigen Earl von Penwich nicht. Ich kann von Glück sagen, daß ich den Mann seit vielen Jahren nicht mehr gesehen habe, aber ich bezweifle, daß er sich allzusehr verändert hat. Er ist in der Tat ein großspuriger...«
Er grinste. »Aber wer sind Ihre Eltern?«
»Ich bin eine Waise, Sir.«
»Das tut mir
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