Malory
gehörten ihm. Irgend etwas mußte geschehen, damit sie es erkannten und akzep-tierten.
Nicholas behandelte das Baby mit viel größerem Selbst-vertrauen, als er es durch den Korridor in das Zimmer brachte, das sich Meg mit dem Kindermädchen teilte. Es war ihm sogar gelungen, beide, Mutter und Kind, umzu-drehen, damit Reginas andere Brust, die prall voller Milch war, auch leer getrunken werden konnte. Und all das, ohne sie zu wecken.
Meg öffnete ihm die Tür und wirkte äußerst unwillig.
Hier, dachte er, war ein geeigneter Anfang, wenn er sich Achtung erwerben wollte.
»Sagen Sie mir eins, Meg: Ist Ihre Abneigung gegen mich etwas Persönliches, oder spiegelt sie nur die Gefühle der Dame mir gegenüber wider?«
Meg, weit älter als Nicholas, war kühn genug, um zu sagen, was sie dachte. »Beides. Sie hätten nicht zurückkommen sollen. Sie ist gut ohne Sie zurechtgekommen, und wenn Sie erst wieder fort sind, wird es ihr auch wieder gutgehen.«
»Wenn ich fort bin?« Er war ernstlich schockiert. »Sie warten darauf, daß ich wieder fortgehe, wenn ich doch gerade erst gekommen bin?«
»Und? Gehen Sie etwa nicht wieder weg?« gab Meg zu-rück. Sie war dabei, sich übel zu verstricken. »Sie wollten sie nicht zur Frau haben. Das weiß sie inzwischen gut genug.«
»Und wenn ich nicht wieder fortgehe, Meg? Was ist dann?« fragte er leise.
Meg gab keinen Zentimeter Boden, den sie gewonnen hatte, auf. So leicht kam er ihr nicht davon. »Sie wird Ihnen das Leben schwermachen, das und nichts anderes.
Und das haben Sie auch verdient, wenn Sie entschuldigen, eure Lordschaft. Tess und ich haben kein dummes Ding großgezogen, das kann ich Ihnen sagen. Eine Malory beleidigt man nicht zweimal.«
Nicholas nickte. Er hatte genug gehört. Wenn jemand Reginas wahre Gefühle kannte, dann Meg, und das Mädchen war offen genug, ihm die Wahrheit zu sagen. Hatte sie recht? Bestand wirklich keine Hoffnung für ihn und Regina?
33.
Es war Viertel nach acht, und Meg machte sich im Zimmer zu schaffen, schüttelte das violette Kleid und das kurze, ärmellose Jäckchen aus, das Reggie anziehen würde. Reggie saß auf der Bettkante und spielte mit Thomas. Sie hatte ihn schon gestillt und wartete darauf, daß Tess ihn wieder holen würde.
»Es wundert mich, daß Thomas letzte Nacht durchgeschlafen hat, dich nicht auch, Meg? Ich dachte, gerade in einer fremden Umgebung würde er Zirkus machen.«
»Willst du damit etwa sagen, du kannst dich nicht erinnern, daß er nachts hier war?«
Reggie blickte bestürzt auf.
»Seine Lordschaft hat ihn mir zurückgebracht, satt und zufrieden«, berichtete Meg. »Ich bin sicher, daß er gern für sich in Anspruch nehmen würde, das Baby gestillt zu haben, aber wenn Männer heutzutage nicht völlig anders gebaut si nd... «
»Nicholas hat ihn zu dir zurückgebracht?«
»Ja, das hat er getan, und ich weiß jetzt, daß du dich nicht erinnern kannst. Ich habe dir doch gesagt, daß zuviel Wei n... «
»Ach, sei doch still«, schnitt Reggie ihr das Wort ab.
»Natürlich kann ich mich erinnern. Es hat nur einen Moment gedauert, bis ich... Ach, das ist ja auch egal. Bring ihn bitte wieder zu Tess, ja? Ich merke, daß ich Kopf-schmerzen kriege.«
»Kein Wunder bei soviel...«
»Meg!«
Als sich die Tür geschlossen hatte, legte Reggie sich auf das Bett zurück. Was war bloß mit ihr? Sie wußte, daß Nicholas die Nacht mit ihr verbracht hatte, erinnerte sich daran, daß er ins Zimmer gekommen und augenblicklich eingeschlafen war. Was sich hinterher abgespielt hatte, das konnte sie wirklich nicht vergessen. Warum also erinnerte sie sich nicht daran, Thomas mitten in der Nacht gestillt zu haben?
Sie begann zu überlegen, ob sie sich überhaupt in irgendeiner Hinsicht sicher sein konnte. Vielleicht war sie gleich nach Nicholas eingeschlafen und hatte alles übrige nur geträumt. Dann fiel ihr wieder ein, daß sie ihr Nachthemd getragen hatte, als sie wach geworden war. Oh. Es war wohl doch alles nur ein Traum?
Die Enttäuschung schlug ihr wie eine Woge entgegen.
Als sie später am Morgen in der Kutsche saßen, war Nicholas' Stimmung düster. Er ließ sich kaum dazu herab, auch nur gewisse Anstandsformen an den Tag zu legen. Was für ein Stimmungsumschwung seit dem Abendessen am Vortag! Was war ihm bloß zugestoßen?
Die drei Frauen seufzten wie aus einer Kehle erleichtert auf, als sie endlich Silverley erreichten. Sie wurden erwartet. Die Türen des großen Hauses flogen auf, und ein Trupp Personal
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