Malory
verboten hatte?«
Jeremy zwinkerte ihr zu. »Teufel noch mal, Cousinchen, du hast mir gar nicht gesagt, daß ich deine Wette nicht hätte annehmen dürfen.«
»Natürlich habe ich dir das nicht gesagt, sonst hättest du es ja nicht getan«, antwortete Amy mit entwaffnen-der Logik.
Und Warren fügte hinzu: »Versuch jetzt nur nicht, die Worte zu klauben. Wenn das wieder eines ihrer ›Ge-fühle‹ ist, dann werden sie keine zehn Pferde von ihrem Vorhaben abbringen.«
»An deiner Stelle hätte ich ›störrisch‹ gesagt, aber vermutlich kennst du sie im Augenblick besser als ich.«
»Oje«, murmelte Amy und blickte die beiden gelangweilt an. »Von mir aus könnt ihr euch noch die ganze Nacht streiten, da ich recht haben werde.«
Daraufhin meinte Reggie: »Du glaubst tatsächlich, das Geschenk habe etwas mit unserer Urgroßmutter zu tun?«
»Ja«, antwortete Amy aufgeregt. »Gleich als ich es zum ersten Mal sah, hatte ich das Gefühl, daß es etwas Wichtiges sei. Aber heute habe ich das Gefühl, daß es mit meiner Wette zusammenhängt, also muß es etwas mit Anna Malory zu tun haben.«
»Laßt uns nicht lange um den heißen Brei herum-reden, Kinder, sonst stehen wir noch die ganze Nacht hier«, sagte James. »Jetzt machen wir das verdammte Ding auf, dann haben wir es hinter uns.«
Amy lächelte ihren Onkel an und tat genau das. Keiner hatte damit gerechnet, daß es so schwierig sein würde, an »Das Geschenk« heranzukommen: unter der Verpackung befand sich ein Schloß.
Kapitel Neun
E s herrschte Stille. Verwundert blickte jeder auf das Schloß am Deckel des Geschenks. Schließlich ergriff der Hausherr das Wort. »Ich darf wohl annehmen, daß keiner von euch den Schlüssel hat?« fragte er trocken.
Das geheimnisvolle Geschenk war fest in dickes Leder gehüllt, das in dreieckige, übereinanderliegende Laschen geschnitten war, die am Ende mit einem Metall-ring versehen waren, so daß sich alle mit einem Schloß verschließen ließen. Das Leder sah sehr alt aus. Das Schloß war rostig und wahrscheinlich auch sehr alt, und das, was sich darunter verbarg, würde vermutlich genauso alt sein.
Das verlieh Amys ›Gefühl‹ natürlich mehr Glaubwür-digkeit. Die Wahrscheinlichkeit war groß, daß »Das Geschenk« in irgendeinem Zusammenhang mit Anny Malory stand. Aber keiner ahnte, was es war, und vor allem, wer es auf den Säulenfuß gelegt hatte. Der Form nach konnte es ein Buch sein, aber aus welchem Grund sollte man ein Buch verschließen? Wahrscheinlich war es eine Kassette, die einen kleinen Gegenstand verbarg. Amys Meinung nach etwas Wertvolles, das einen deutlichen Hinweis auf Anna Malorys wahre Herkunft geben würde. Sie versuchte, eine der Laschen ein wenig hochzuheben, um zu sehen, was sich darun ter befand, aber das Leder war so steif und straff gezogen, daß es sich nicht bewegen ließ.
»Den Schlüssel beizufügen, wäre wohl zu simpel gewesen«, seufzte Reggie.
»Das Leder wurde um das Geschenk herum zuge-schnitten. Man könnte es also aufschneiden, um es auszupacken«, bemerkte Derek.
»Ja, das wäre möglich«, stimmte James zu und bückte sich, um ein sehr scharf aussehendes Messer aus seinem Stiefel zu ziehen. Anthony hob natürlich sofort eine Augenbraue und blickte ihn fragend an, woraufhin er achselzuckend meinte: »Alte Gewohnheiten legt man nicht so schnell ab.«
»Also, mein Alter, dann fang schon mal an. Schneide ein Stück weg.«
Das Leder ließ sich schwerer schneiden, als sie angenommen hatten, vor allem, da der Klinge zuwenig Platz blieb, um unter eine der Laschen zu gleiten.
Schließlich war es wohl mehr James’ kräftigem Zupacken als dem Messer gelungen, das Leder von den Ringen zu reißen, so daß man das Schloß entfernen und die Laschen zurückschlagen konnte.
Dann trat er zurück und Überließ Amy die ehrenvolle Aufgabe des Auspackens. Sie ließ keine Sekunde ver-streichen, zog die Laschen zur Seite und hob das Geschenk heraus. Es war doch ein Buch, in Leder gebunden und ohne Rückenschild. Ein zusammengefaltetes Pergament lag dabei, das herausfiel und zu Boden schwebte.
Obwohl ein halbes Dutzend Hände danach griff, erwischte Derek es zuerst; er faltete es auseinander und sagte, nachdem er kurz einen Blick darauf geworfen hatte: »Mein Gott, Amy, du hast dich wirklich nicht getäuscht. Hoffentlich hast du nicht zu hoch gewettet, Jeremy.«
Jeremy ließ ein glucksendes Lachen hören. »Ihr lag nicht daran, irgend etwas zu gewinnen, ihr ging es nur um die Wette an
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