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Malory

Malory

Titel: Malory Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 06. Stuermische Begegnung
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die Zigeunerin mit nach Hause zu nehmen. Auf keinen Fall sollten seine Freunde erfahren, daß er ihr verfallen war und ihr eine Wohnung in London zur Verfügung stellen wollte, damit sie immer für ihn da war.
    Sie saß nicht am Lagerfeuer wie gestern nacht. Aber die alte Frau war da. Er band sein Pferd in der Nähe ihres Wagens fest. Keiner kam, um ihn nach dem Grund seines Besuches zu fragen. Vielleicht befürchteten die Zigeuner, er wolle sie wieder vom Lagerplatz vertrei-ben.
    »Ich möchte zu Ihrer Enkelin, Madam«, sagte er ohne Umschweife.
    Sie blickte zu ihm auf. Ihre Augenwinkel waren voller Fältchen, als sie lächelte. »Natürlich möchten Sie das.
    Hier, setzen Sie sich und geben Sie mir Ihre Hand«, forderte sie ihn auf und tätschelte das Kissen neben sich.
    Er nahm Platz, verstand aber nicht ganz, wieso er ihr die Hand bereitwillig reichte. Sie hielt sie leicht in den knochigen Fingern. Einen Augenblick lang schloß sie die Augen, öffnete sie dann und blickte forschend in die seinen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, so als ob sie seine Seele berührte.
    Sonderbar. Er hätte heute nicht so viel trinken sollen.
    Warum mußte er auch noch eine volle Flasche Rum mitnehmen! Als ob er sich Mut machen wollte, der Zigeunerin vorzuschlagen, seine Geliebte zu werden. Er war sich natürlich überhaupt nicht sicher, wie ihre Antwort ausfallen würde. Wenn er ehrlich war, wollte er eigentlich damit nur seine Sinne betäuben, falls sie ihm eine Absage erteilte.
    »Sie sind ein großer Glückspilz«, sagte die alte Frau nach einer Weile zu ihm. »Was ich Ihnen gebe, wird Ihnen ein Leben lang Glück bringen.«
    »Und was ist das?«
    Wieder lächelte sie ihn an. »Das erfahren Sie, wenn die Zeit dafür gekommen ist.«
    Noch mehr Unsinn. Anscheinend hatten sich diese Leute der Geheimnistuerei verschrieben. Vermutlich war dies ein Teil ihrer Anziehungskraft. Aber er war ungeduldig und wollte das Mädchen unbedingt wiedersehen.
    »Wo ist Ihre Enkelin?«
    »Sie wurde zum Tanzen aufgefordert. Sie macht sich jetzt fertig. Es dauert nicht lange.«
    Es dauerte bereits zu lange, wenn er auch nur noch eine Minute warten mußte. Seine Ungeduld war un-beschreiblich. Nachdem er sich den ganzen Tag von ihr ferngehalten hatte, wollte er sich jetzt am Ziel seiner Wünsche weder aufhalten noch abweisen lassen.
    »Ja, aber wo macht sie sich fertig? Ich möchte nur mit ihr sprechen.«
    Die alte Zigeunerin lachte glucksend. »Das können sie auch, aber erst, wenn sie getanzt hat. Sie würden sie jetzt nur ablenken. Der Tanz braucht ihre volle Aufmerksamkeit. Geduld, Gajo, Sie bekommen, was Sie wollen.«
    »Tatsächlich? Auch wenn es Ihre Enkelin ist?«
    Das hätte er der Großmutter nicht sagen sollen, ausgerechnet ihr. Es war mehr als taktlos. Einer der Fall-stricke übermäßigen Alkoholgenusses ist eine gelöste Zunge, und darüber war er soeben gestolpert. Aber es war zu spät, um seine Worte wieder zurückzunehmen.
    Zum Glück schien sie nicht gekränkt zu sein.
    Sie nickte nur und fragte in ihrem fremdländisch klin-genden Englisch: »Dann steht also einer Ihrer Geistlichen bereit, um seinen Segen zu geben?«
    Wieder dieser Unsinn? »Ausgeschlossen. Ich bin ein englischer Lord, Madam.«
    »So? Sie ist eine russische Prinzessin, eine Adlige in dem Land, in dem sie geboren wurde. So wie Sie hier in England. Und wenn Sie meine Enkelin wollen, werden Sie sie heiraten müssen.«
    »Ich habe einen annehmbaren Gegenvorschlag zu machen«, erklärte er steif.
    »Tatsächlich? Etwas, das sie günstiger finden wird, als diesen Zigeuner dort zu heiraten, dessen Vater unser barossan ist und der bereits den Brautpreis für sie bezahlt hat?«
    Christopher wurde hellhörig. Ein sonderbarer Zorn stieg in ihm auf, wie er ihn noch nie erlebt hatte.
    »Welcher Zigeuner?«
    »Der gutaussehende, der dort drüben am Baum lehnt, der heute abend den tanana mit ihr tanzt. Nur sehr selten hat ein Gajo die Gelegenheit, einem tanana zuzuse-hen. Sie sind begnadet, Engländer, daß Sie zum richtigen Zeitpunkt gekommen sind.«
    Dieses ›er tanzt den tanana mit ihn schien eine besondere Bedeutung zu haben, die er in seinem alkohol-umnebelten Zustand nicht zu ergründen vermochte.
    Jetzt sah er den Mann, dem die Alte zugewunken hatte, und beobachtete, wie er sich langsam vom Baum-stamm abschob. Er folgte der Richtung, in die der Mann ging, und entdeckte das Mädchen, das ihm den Kopf verdreht hatte. Beim Anblick ihrer sinnlichen Schönheit hielt er den Atem

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