Malory
sich nicht einfach scheiden lassen?«
»Das tut man im Adel nicht.«
»Aber trotzdem wollten sie behaupten, das Kind sei von ihr? Damit war sie einverstanden?«
»Die Schwestern können sehr überzeugend reden.«
Claire beugte sich vor, um zu flüstern: »Sie hatten vor, ihr zu sagen, dass ihr Bruder wieder mit ihr zusammen-leben wolle. Soweit ich es verstanden habe, hätte sie in alles eingewilligt, um das zu vermeiden.«
»Das haben sie dir gesagt?«, fragte Danny ungläubig.
»Nein, aber sie haben in meiner Gegenwart bespro-chen, wie sie vorgehen wollten. Es war, als wäre ich gar nicht im Raum gewesen.«
Wieder das Phänomen der Unsichtbarkeit. Wirklich erstaunlich, wie das funktionierte. »Ich vermute, danach durftest du auch nicht mehr dort arbeiten?«
Claires Lippen begannen wieder zu zittern. »Nein, ich musste noch am gleichen Tag gehen und schwören, nie wiederzukommen und nie zu versuchen, meinen Kleinen zu sehen. Er wird es gut dort haben; er wird die beste Schulbildung bekommen und alles, was man mit Geld kaufen kann.«
»Und eine ganz schreckliche Familie, nach dem, was du erzählt hast.«
Claire seufzte. »Nein, sie lieben ihn abgöttisch.«
»Woher weißt du das, wenn du nie mehr dort warst?«
»Meine Tante ist noch eine Zeit lang geblieben, um zu sehen, wie sie den Kleinen behandeln. Sie haben nicht gewusst, dass sie meine Tante ist; daher musste sie nicht gehen, als ich vor die Tür gesetzt wurde. Sie sagt, sie lieben ihn über alles und sind in seiner Gegenwart wie ausgewechselt, wie nette Leute. Sogar Seine Lordschaft muss ein begeisterter Vater sein.«
Nun begann Danny zu verstehen, warum Claire gesagt hatte: »Wenn ich ganz uneigennützig sein will, kann ich nicht einmal sagen, ich bedaure, was er getan hat.«
»Du glaubst also, er hat es dort besser?«
»Ich weiß es. Was kann ich ihm denn schon bieten, außer dem Makel, ein Bastard zu sein?«
Danny wusste, dass dieser Makel nicht so schlimm war, zumindest nicht, wenn ein Elternteil adlig war. Jeremy war der beste Beweis dafür. »Liebe?«, schlug sie vor.
»Davon bekommt er reichlich. Nein, es geht ihm bei denen viel besser. Es ist nur – ich vermisse ihn. Die Schwestern kamen erst ungefähr zwei Monate nach seiner Geburt zu mir. So lange habe ich ihn bei mir gehabt, und ... und heute wünschte ich, das wäre anders gewesen. Es wäre viel leichter gewesen, ihn herzugeben, wenn ich ihn nie im Arm gehalten hätte, ihn nie gestillt hätte oder ...«
Die Tränen begannen wieder zu fließen. Danny spürte, wie auch ihre Augen feucht wurden. Nun umarmte sie Claire doch, und sie wurde nicht abgewiesen.
Nachdem sie sich ein wenig beruhigt hatten, fragte Danny: »Hast du schon einmal daran gedacht, eine andere Arbeit zu machen? Die Plackerei in der Küche scheint dir nicht besonders zu gefallen.«
»So schlimm ist es nicht. Ich muss nur immer an meinen Jungen denken.«
»Wie wäre es dann, wenn du noch mehr Kinder bekommen würdest? Vielleicht würde es dadurch leichter.«
»Noch mehr Bastards, ja?«
»Nein, ich dachte zunächst an Heirat.«
Claire schnaubte. »Wer will mich denn schon haben?«
Danny verdrehte die Augen. »Niemand, so wie du jetzt aussiehst und wie du dich benimmst. Aber du hast ein hübsches Gesicht, Claire. Das brauchst du nicht zu verstecken. In meinem Zimmer habe ich einen Spiegel, der viel zu selten benutzt wird. Wie wär’s, wenn wir hingehen und sehen, ob wir nicht etwas mit deinem Haar anstellen können? Deine Frisur mit dem Dutt ist ziemlich hässlich. Und stimmt eigentlich etwas mit deinem Rücken nicht, oder warum gehst du so krumm?«
Claire wurde rot und flüsterte: »Nein, ich habe nur so große Brüste, die sonst die Aufmerksamkeit auf sich ziehen.«
Danny musste laut lachen. »Ich sehe, dass ich nicht die Einzige bin, die hier korrigiert werden muss. Diese Art Aufmerksamkeit braucht nicht falsch zu sein; du musst nur richtig damit umgehen. Wenn du vorhast, weitere Babys zu bekommen, ist dein oberstes Ziel, zuerst einen Ehemann zu finden; also mach dich als Köder zurecht und fang dir einen.«
»Ich sehe aber nichts davon, dass du dich so verhältst.«
»Ich muss zuerst ein besserer Mensch werden, bevor ich mich nach einem ehrbaren Ehemann umschaue. Darum bin ich hier.«
»Ein Techtelmechtel mit Malory würde ich nicht gerade eine Verbesserung nennen, schon gar nicht, wenn du vorhast, dir einen Ehemann zu angeln.«
»Das stimmt, aber Malory ist eine absolute Ausnahme, verstehst du? Er
Weitere Kostenlose Bücher