Malory
sie von Anfang an kein Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber Danny gemacht.
Danny beschloss, stattdessen weiter nachzuhaken, denn sie dachte sich, dass es Claire vielleicht besser gehen würde, wenn sie über alles redete. Möglicherweise hatte nie jemand mit ihr getrauert, ihr Leid mit ihr geteilt. Es schien, als hätte sie all ihren Kummer für sich behalten. »Woran ist es denn gestorben?«, fragte sie schließlich.
Claire blinzelte und riss die Augen auf, wobei sie die Stirn runzelte. »Gestorben? Er ist nicht gestorben. Sie haben ihn mir weggenommen.«
Nun war es an Danny, die Augen aufzureißen. »Hä?«
»Seine Lordschaft hat zuerst nicht geglaubt, dass das Kind von ihm war. Er hat verächtlich und spöttisch reagiert und ein paar wirklich ekelhafte Dinge gesagt. Im Kern lief es darauf hinaus, dass man ›von einem Mal kein Kind kriegt‹. Das hatte ich ja auch gedacht, bis ich am eigenen Leib erfahren musste, dass es nicht stimmt. Aber ich wollte gar nicht versuchen, ihn davon zu überzeugen.
Ich wollte auch nicht, dass er das Kind anerkennt oder so. Meine größte Angst war, dass ich wegen der Sache meine Stelle verlieren könnte. Und beim übrigen Personal war ich unten durch, weil ich ein Kind unter dem Herzen trug, aber keinen Ehemann vorweisen konnte.«
»Und dann bist du gegangen?«
»Nein, ich wünschte, das hätte ich getan. Aber meine Tante war noch dort. Sie hatte mir die Anstellung ver-schafft, ebenso wie hier.«
»Hier?«
»Hast du das nicht gewusst?«, fragte Claire. »Mrs Appleton ist meine Tante.«
Davon hatte Danny keine Ahnung gehabt, und da die beiden Frauen sich überhaupt nicht ähnlich sahen, wäre sie auch nie darauf gekommen. Doch sie interessierte sich mehr für Claires Geschichte und fragte daher: »Was ist passiert, als das Kind auf der Welt war?«
»Die Schwestern von Seiner Lordschaft sind gekommen, um das Baby anzuschauen. Er hatte ihnen erzählt, ich hätte versucht, ihm das Kind anzuhängen, verstehst du. Ich weiß nicht, warum er das getan hat.«
»Vielleicht dachte er, du würdest dich ihnen anvertrauen, und wollte sie warnen, dir nicht zu glauben.«
»Möglich, aber das hätte ich nie gemacht. Sie waren beide nicht besonders nett; also war es undenkbar, mit irgendeinem Problem zu ihnen zu gehen. Zwei verbitterte alte Jungfern waren sie. Wenn sie zu Besuch kamen, bin ich ihnen stets aus dem Weg gegangen.«
»Aber sie kamen trotzdem, um deinen Sohn anzuschauen?«
»O ja, und sie behaupteten steif und fest, er sehe genauso aus wie ihr Bruder als Baby. Seine Lordschaft war jünger, viel jünger als sie; daher waren beide bei seiner Geburt dabei gewesen.«
»Also haben sie ihn als ihren Neffen anerkannt?«
»Ja.«
»Aber war das denn nicht gut?«
»Himmel, nein. Sie haben darauf bestanden, dass ich ihnen meinen Sohn überlasse, damit er bei ihnen aufwächst. Weißt du, ihr Bruder war nicht mehr der Jüngste und hatte noch keinen Erben hervorgebracht. Sie hatten schon panische Angst gehabt, daraus würde nichts mehr. Nachdem ich für den Erben gesorgt hatte, konnten sie endlich aufhören, sich Sorgen zu machen und ihrem Bruder damit in den Ohren zu liegen.«
»Du hast also auf dein Kind verzichtet?«
Claire begann wieder zu weinen. »Sie haben mir keine Wahl gelassen. Sie wollten mir alle möglichen Verbrechen anhängen und mich ins Gefängnis werfen lassen, wenn ich ihnen den Jungen nicht überließ und mich nicht damit einverstanden erklärte, ihn nie wiederzusehen.«
»Hätten sie das wirklich gekonnt?«
»O ja, ohne Schwierigkeiten. Wer würde denn einem kleinen Küchenmädchen glauben, wenn zwei adlige Ladies und ein Lord gegen es aussagen?«
»Aber warum wollten sie, dass du den Kleinen nie wiedersiehst? Du bist doch seine Mutter!«
»Davon sollte er nichts wissen. Er ist ihr Erbe. Sie erziehen ihn zu einem anständigen Mitglied der gehobenen Gesellschaft.«
»Ohne Mutter? Sie haben ihn wohl aus der Luft her-beigezaubert, was?«
»Oh, Seine Lordschaft hat eine Ehefrau. Das hatte ich nicht gewusst, sonst hätte ich nie ... du weißt schon. Aber ich war nicht die Einzige, die davon keine Ahnung hatte.
Ich glaube, dem Personal ging es zum größten Teil wie mir, so lange war es schon her, dass die Frau ausgezogen war. Ich nehme an, sie hat sich geweigert, mit Seiner Lordschaft zusammenzuleben, weil sie sich nicht besonders gut verstanden haben. Die Schwestern haben einmal erwähnt, sie sei weinend zurück zu ihrer Familie gelaufen.«
»Warum hat sie
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