Malory
Salon und wollte sie erneut anfassen, doch Danny hob abwehrend die Hand. »Ich gehe, Jeremy.«
»Ich bin gerade nach Hause gekommen. Wohin gehst du denn?«
Danny wurde klar, dass er getrunken hatte, sonst hätte er sie niemals so missverstanden. Aber betrunken war er nicht; dazu war Jeremy Malory ja überhaupt nicht in der Lage. »Ich gehe nicht aus, um etwas zu erledigen. Ich gehe fort.«
»Den Teufel wirst du tun! Das ist viel zu früh.«
»Im Gegenteil: Ich hätte gar nicht so lange bleiben sollen. Aber versteh mich nicht falsch. Ich bereue die Zeit nicht, die ich mit dir verbracht habe, ganz und gar nicht. Du ... du wirst mir fehlen.« Danny stockte, da sie merkte, wie sich ihr die Kehle zuschnürte. »Aber ich muss mein eigenes Leben weiterführen.«
»Bitte nicht, Danny.«
»Dann gib mir einen Grund zu bleiben! Wenn du mich immer nur zur Hälfte an deinem Leben teilhaben lässt, ist das nicht gerade das, was ich mir für mein Leben wünsche. Ich will eine richtige Familie und Kinder, die keine Bastarde sind. Beides werde ich hier nicht bekommen, es sei denn, du heiratest mich.«
So, nun war es heraus; sie hatte ihre Karten offen auf den Tisch gelegt.
Und Jeremy gab keine Antwort.
Selbst seine Miene war ausnahmsweise einmal undurchdringlich. Und das bei einem Mann mit so bered-ten Blicken? Das war seine Antwort. Er würde sie nicht daran erinnern, dass er nicht zum Heiraten taugte. Das würde er ihr ersparen. Mein Gott, wie töricht von ihr, sich an eine so vage Hoffnung zu klammern!
Danny wusste selbst nicht, wie sie es schaffte, aus dem Zimmer zu stürzen, ohne vor Jeremy in Tränen auszubrechen. Doch kaum war sie aus dem Haus, begann sie hemmungslos zu schluchzen. Über das Fortgehen nachzudenken war eben nicht das Gleiche, wie zur Tür hinauszugehen und zu begreifen, dass sie Jeremy Malory nie Wiedersehen würde.
Kapitel 48
anny brauchte einige Stunden, um herauszufinden, D wohin Dagger mit seiner Bande gezogen war. Immerhin wusste sie, wen sie fragen musste. Es war erstaunlich, wie viele Leute aus ihrem alten Viertel sie nicht auf Anhieb erkannten. Nur wenige wussten sofort, wer sie war, und reagierten entsprechend verdutzt, doch die meisten erkannten sie überhaupt nicht. Danny musste ihrer Erinnerung auf die Sprünge helfen, und dabei hatte sie diese Leute von Kindesbeinen an gekannt!
Hatte sie sich so verändert? Wahrscheinlich. Und das lag nicht nur an den Frauenkleidern. Sie marschierte un-erschrocken in die verrufenste Gegend der Stadt und hatte keinen Zweifel daran, dass sie alle Schwierigkeiten, die ihr begegneten, bewältigen würde.
Dagger war zu Hause, ebenso wie Lucy, die vor Freude quiekte, als sie Danny zur Tür hereinkommen sah. Einige der Kinder waren auch da und verlangten entsprechende Aufmerksamkeit. Es dauerte gut zehn Minuten, bis Danny daran dachte, Dagger anzuschauen, um zu sehen, wie er reagierte.
Er hatte noch kein Wort gesagt. Und er starrte sie nur an, als würde er sie ebenfalls nicht erkennen. Er wusste aber doch inzwischen, dass sie eine Frau war – vermutlich versuchte er lediglich zu begreifen, wie ihm diese Tatsache all die Jahre hatte entgehen können.
Schließlich sagte er schroff: »Hier kannst du nicht bleiben. Da läuft so ein übler Kerl draußen rum, der dich sucht und dir irgendwas antun will.«
»Ja, ich weiß.« Danny ging zu ihm hinüber an den gleichen alten Küchentisch, an dem er gewöhnlich saß. Der Tisch zog bei jedem Wohnungswechsel mit ihm um. Jetzt erst wurde Danny klar, dass er für Dagger eine Art Büro oder gar ein Thron zu sein schien. Von hier erteilte er seine Befehle und verkündete seine Regeln. Er hätte wirklich ein Büro haben sollen, aber ein richtiges.
Genau das sagte Danny ihm nun: »Du solltest ein Büro haben, Dagger. Warum hast du dir nie in einem der Schlafräume eins eingerichtet?«
Dagger schnaubte verächtlich. »Als ob wir je übrige Schlafräume hätten. Und lenk nicht ab.«
Danny bemerkte, dass Daggers Nase ein wenig schief war, und deutete mit einem Kopfnicken darauf. »Hat das sehr wehgetan?«
»Das kannst du mir glauben. Der Kerl, der dich sucht, hat mir die Nase gebrochen.«
»Ja, das hat Lucy mir erzählt.«
Dagger wandte sich kurz von Danny ab, um Lucy einen finsteren Blick zuzuwerfen. Lucy kam nun ebenfalls an den Küchentisch, zuckte jedoch nur die Achseln.
»Also gut, ich habe gewusst, wo Danny gearbeitet hat.
Zum Glück hab ich dir nichts davon gesagt, sonst hättest du dem Schurken das gleich
Weitere Kostenlose Bücher