Malory
umgeworfen, so hastig sprang er auf. Um ein Haar wäre er ge-stürzt, doch er konnte sich gerade noch fangen, und als er sich wieder aufrichtete, hielt er eine Pistole in der Hand. Die Schurken blieben wie angewurzelt stehen, als er mit der Waffe vor ihnen herumfuchtelte. Nun war ihre Miene nicht mehr so ausdruckslos; vielmehr sahen sie ziemlich wütend aus.
Nervös stellte Tyrus seine Forderungen: »Wenn Sie die Kleine immer noch tot sehen wollen, erledige ich das, und Sie zahlen mir das Doppelte von dem, was Sie mir damals geben wollten. Die Hälfte sofort, die andere Hälfte, wenn ich Ihnen sage, wo die Leiche ist. Diesmal geh ich bei Ihnen kein Risiko ein, Mylord.«
Der Lord lachte. »Keinen Penny ohne erbrachte Leis-tung. Sie haben bereits bewiesen, wie unfähig Sie sind, Mr Dyer. Sie bekommen Ihren Lohn, aber nur, wenn Sie diesmal Erfolg haben.«
Darauf ließ Tyrus sich gern ein. Ja, das Blatt hatte sich für ihn definitiv gewendet.
Kapitel 21
rs Appleton war so glücklich über den Erfolg ihrer M ersten Abendgesellschaft, dass sie sich zur Feier des Tages ein Glas Wein einschenkte – und ein weiteres für Danny und Claire. Letztere lehnte ab, da sie noch mit dem Abwasch beschäftigt war. Danny dagegen musste vor dem Schlafengehen nur noch einen Kontrollgang durch Speisezimmer und Salon absolvieren, um sich zu vergewissern, dass dort wieder alles ordentlich aussah; also stürzte sie ihr Glas hinunter.
Die Köchin schüttelte missbilligend den Kopf. »Also, das war ja die reinste Verschwendung; so etwas möchte ich nicht noch einmal sehen. Bist du so sehr ans Trinken gewöhnt? Oder weißt du einfach nicht, dass man guten Wein genießen sollte?«
Danny errötete nicht – na ja, jedenfalls nicht sehr. Sie bedauerte jedoch, den Wein so rasch getrunken zu haben, da sie erst jetzt merkte, wie köstlich er schmeckte.
Sie kannte nur billigen Fusel, keine erlesenen Tropfen mit so üppigem Bouquet. »Darf ich denn noch mal probieren? Beim ersten Mal hab ich den ganzen Geschmack versäumt.«
Mrs Appleton lachte. »Ja, ich glaube, das hast du dir verdient. Du hast heute Abend gut gearbeitet, Schätzchen, sehr gut sogar. Hast nichts verschüttet und nichts fallen lassen. Ein gutes Dienstmädchen erkennt man daran, dass es überhaupt nicht auffällt. Das wird dir natürlich bei deinem Aussehen nie gelingen, aber du kannst immer noch das beste Dienstmädchen des ganzen Blocks werden, wenn du dich anstrengst.«
»Und was stimmt nicht mit meinem Aussehen? Mrs Robertson hat diese Klamotten rausgesucht.«
»Aber mein liebes Kind, du musst doch wissen, wie hübsch du bist. Mit deinem Gesicht wirst du immer Aufmerksamkeit erregen. Das lässt sich nun einmal nicht ändern. Na ja, solange du deine Arbeit gut machst, kannst du diesen Makel wieder ausgleichen. Und jetzt lauf. Du hast dir eine Ruhepause verdient, und der Morgen kommt bald genug.«
Mit einem belustigten Lächeln im Gesicht verließ Danny die Küche. Wer außer einer Haushälterin betrachtete ein hübsches Gesicht als Makel?
Die letzten Gäste waren bereits vor einer ganzen Weile gegangen, sodass Danny in aller Ruhe das Geschirr aus dem Speisezimmer hatte holen können. Sie rechnete nicht damit, dort noch jemanden anzutreffen, als sie eintrat, um einen letzten prüfenden Blick in den Raum zu werfen. Doch Jeremy Malory saß wieder am Tisch, vor sich eine Karaffe mit Wein und in der Hand ein halb leeres Glas. Er sah nicht glücklich aus, sondern geradezu trostlos und bemerkte nicht einmal, dass sie hereingekommen war.
Danny war hin– und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihn zu fragen, was los war, und dem Wunsch, wieder aus dem Raum zu schlüpfen, bevor er sie entdeckte. Sie entschied sich für die klügere Variante und wandte sich zum Gehen.
»Willst du mir keine Gesellschaft leisten?«
»Nein.«
»Zu unverblümt«, stellte Malory missbilligend fest.
»So direkt sollte man einem niedergeschlagenen Mann gegenüber nicht sein. Irgendeine Ausrede, selbst eine faule, hätte genügt.«
Danny versuchte, sich zu konzentrieren, um ihm zu antworten, wie es sich gehörte, aber der Wein, den sie getrunken hatte, machte es ihr zu schwer. »Sie wollen also angelogen werden?«
Malory überlegte einen Augenblick, bevor er entgegnete: »Hm, nein, das wohl nicht. Aber Ausreden gelten nicht als Lügen, sondern als höfliche Flunkerei.«
»Sind Sie besoffen, Malory?«
Malory sah sie blinzelnd an; dann stand er stolpernd auf, um sich beleidigt vor ihr in Positur zu
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