Malory
werfen. »Na-türlich nicht. War noch nie im Leben besoffen.«
Danny schnaubte verächtlich. »Das sagen alle. Was für eine Ausrede haben Sie denn, he? Ihre Gesellschaft war ein Erfolg. Sie müssten eigentlich froh sein und sich nicht den Kanal voll laufen lassen.«
»Ich wäre auch froh, wenn ich nicht wüsste, dass mindestens drei meiner Angehörigen, vielleicht sogar vier –
und ich weiß auch genau, welche – schnurstracks zu meinem Vater marschieren und ihm vorjammern werden, dass mein erster Versuch, meinen eigenen Besitz zu ver-walten, kläglich gescheitert sei.«
»Sie haben eine tolle Gesellschaft gegeben und glauben, Sie sind gescheitert? Sie sind ja doch besoffen. Stock-besoffen.«
Malory trank sein Glas aus, stellte es unsanft auf den Tisch und gestand: »Aber nicht wegen der Gesellschaft, liebes Kind. Sondern wegen Percy und seinem losen Mundwerk. Und wenn du meinen Vater kennen würdest, hättest du auch nicht gern, dass er sauer auf dich ist.«
»Sie haben so eine nette Verwandtschaft. Das hab ja sogar ich gesehen. Ihr Vater kann nicht schlimmer sein als die anderen.«
Malory lachte. Danny wartete, doch das war offenbar seine ganze Antwort. Sie schüttelte den Kopf. »Gehen Sie zu Bett, und schlafen Sie Ihren Rausch aus, Mann.«
Malory runzelte kurz die Stirn. »Würde ich ja, aber irgendwie kann ich mein Bett nicht finden.«
»Hä?«
»Ich hab’s versucht, ehrlich. Aber ich hab immer nur andere Betten gefunden, nicht mein eigenes. Ich kenne mein Bett, weißt du. Also blieb mir nichts anderes übrig, als hierher zurückzukommen und stattdessen mit einem Stuhl vorlieb zu nehmen.«
Danny verdrehte die Augen, ging zu ihm hinüber und packte ihn am Arm, um ihn aus dem Zimmer und zur Treppe zu zerren. Schwieriger wurde es, als es die Stufen hinaufging. Als Danny über die Schulter zurückblickte, sah sie, dass Malory die Stirn runzelte.
»Ich glaube nicht, dass ich da noch einmal hoch-komme«, gestand er. »Nicht ohne Hilfe.«
»Und was glauben Sie, was ich hier die ganze Zeit mache?«
»Aber wenn du aus irgendeinem Grund loslässt, könnte ich das Gleichgewicht verlieren. Wenn ich mir den Hals breche, würde mein Vater natürlich mehr Nachsicht mit mir haben.«
Allmählich begann Danny, sich zu amüsieren. Wenn Jeremy Malory getrunken hatte, war er ziemlich witzig.
Und harmlos. Keine Spur von den sinnlichen Blicken, die sie immer so aus der Fassung brachten. Die Nervosi-tät, die sie in seiner Nähe stets ergriff, verschwand völlig.
Im Moment machte es ihr nicht einmal etwas aus, ihn anzufassen. »Möchten Sie also lieber auf der Couch schlafen?«
»Wenn ich oben ein ausgezeichnetes Bett habe?«, erwiderte Malory unwillig. »Nein, vielleicht geht es ja, wenn ich mich auf dich stützen darf.«
Misstrauisch kniff Danny die veilchenblauen Augen zusammen. »Worauf stützen?«
»Auf deine Schulter natürlich. Also wirklich, was hast du denn gedacht?«
Danny wurde ein wenig rot, umschlang seine Taille und zog seinen Arm über ihre Schulter. »Besser so?«
»Viel besser.«
Sie schafften es ohne Zwischenfälle die Treppe hinauf.
Malory stützte sich zwar ganz schön schwer auf Danny, doch damit wurde sie gut fertig, denn trotz ihrer zierlichen Gestalt war sie recht kräftig. Als sie oben angekommen waren, ließ Malory sie allerdings noch nicht los, sondern schien sie vielmehr den Korridor hinunterzuführen.
Danny dachte sich, sie würde ihn schneller zu seinem Zimmer bringen, wenn sie nichts sagte, sondern einfach mitging. Doch auch an der Tür ließ er sie nicht los – offenbar wollte er tatsächlich von ihr zu Bett gebracht werden.
Dannys Misstrauen kehrte zurück, vor allem, als Malory unmittelbar neben seinem Bett stolperte, darauf fiel und sie mit sich riss. Dass sie unter ihm landete, erleich-terte es ihr nicht gerade, sich rasch zu befreien. Malory lag mit seinem ganzen Gewicht auf ihr, und er war ziemlich schwer. So sehr Danny sich auch wand und versuchte, ihn wegzuschieben, es war vergeblich.
»He, noch nicht einschlafen, Mann«, beschwerte sie sich. »Lassen Sie mich aufstehen, oder ...«
»Halt still«, wies er sie mit einem Stöhnen an. »Ich glaube, ich muss mich übergeben.«
Danny wagte sich nicht mehr zu rühren. Einen Moment lang hatte sie vergessen, dass Malory betrunken war. Nun hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn schon wieder verdächtigt hatte – aber höchstens fünf Sekunden lang. Bei seinen Worten hatte er ihr das Gesicht zugewandt; nun hob er
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