Malory
mehr tun zu müssen, als zu lächeln und die Hand zum Gruß auszustrecken. Vereinzelt gelang es besonders hartnäckigen Fragern, ein Wort aus ihr herauszubekom-men, doch schien dies eher eine Art Wettkampf zu sein, damit sie später sagen konnten: »Tja, mit mir hat sie gesprochen!«
Danny versuchte gar nicht erst, die Namen der ihr vor-gestellten Personen zu behalten; sie rechnete nicht damit, jemals einen von ihnen wiederzusehen. Sie spielte die Rolle einer jungen Dame, die frisch von der Schule kam, zufällig Jeremy Malorys Aufmerksamkeit erregt und dafür gesorgt hatte, dass er nun ernsthaft in Erwägung zog, sein Junggesellendasein an den Nagel zu hängen. Sie war Danielle Langton, und es wurde immer wieder erwähnt, dass sie entfernt mit Kelsey verwandt sei.
Dies sorgte natürlich auch für Gesprächsstoff, denn man erinnerte sich daran, dass Kelsey »die Tragödie« erlebt hatte. Wegen seiner Spielschulden hatte ihre Mutter den eigenen Ehemann erschossen und sich anschlie-
ßend selbst umgebracht; beides war jedoch ein Unfall gewesen. Weder hatte sie ihren Mann vorsätzlich getö-
tet noch sich absichtlich aus dem Fenster gestürzt, und gerade darum wurde das Ganze »die Tragödie« genannt.
Man erfuhr nichts Genaues, doch für die Gesellschaft stand letzten Endes fest, dass Danny eine Langton von Kelseys Seite der Familie war; es stand ebenso fest, dass sie bereits mit Jeremy Malory verlobt war und dass sie zu den besseren Kreisen gehörte. Dass einige ältere Herren schworen, sie komme ihnen bekannt vor, erklärte Regina mit den Worten: »Wenn sie es nur oft genug hören, glauben sie es auch und sind schließlich davon überzeugt, es immer gewusst zu haben.«
Jeremy hatte sich ebenfalls beruhigt und beschwerte sich nicht länger, nachdem er gesehen hatte, wie gewandt Regina mit sämtlichen Fragen umging. Ein gut aussehender junger Mann kehrte allerdings zurück – er musste wohl den Teil von dem verletzten Knöchel verpasst haben. Danny war sicher, dass sie ihm vorgestellt worden war, doch an seinen Namen konnte sie sich nicht mehr erinnern.
Er schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln. »Ich gedenke mich zu erschießen, wenn Sie mir nicht den ersten Tanz gewähren, Lady Danielle.«
Jeremy gab Danny keine Gelegenheit, auf ein so be-fremdliches Anliegen zu antworten. »Nicht nötig, Faw-ler«, erklärte er. »Dabei bin ich Ihnen gern behilflich.
Danielle tanzt ausschließlich mit mir. Und nun entschuldigen Sie uns bitte.«
Jeremys Miene war so entmutigend, dass der junge Mann kein Wort mehr sagte, sondern sich eilends zu-rückzog.
Selbst als auch der letzte Gast weitergegangen war und Danny endlich wieder allein neben Jeremy stand, wurde noch an allen Ecken und Enden über sie geredet. Sie hatte ihre Rolle gut gespielt und war mächtig stolz darauf.
»Möchtest du einmal versuchen zu tanzen?«, fragte Jeremy, als gerade keiner in der Nähe war.
»Um eine gute Vorstellung zu vermasseln?«
»Wofür habe ich eine geschlagene Stunde damit verbracht, dich durch Reggies Salon zu wirbeln, wenn du es nicht wenigstens ausprobierst, solange du hier bist?
Wenn du ein-, zweimal stolperst, wird man das auf deinen verletzten Knöchel schieben. Du weißt, dass es nicht schwer ist. Ich führe; du brauchst nur zu folgen.«
Danny wollte es wirklich gern versuchen. Es schien solchen Spaß zu machen. Also nickte sie und ließ sich von Jeremy auf die Tanzfläche geleiten. Dort vergaß sie für kurze Zeit, wo sie war und dass aller Augen auf sie gerichtet waren.
Jeremys Griff war fest, seine Handfläche an ihrer warm, seine Haut ein wenig rau. Ob sich seine Haut am ganzen Körper so anfühlte? Es juckte Danny regelrecht in den Fingern, es auszuprobieren. Prompt schossen ihr wieder Bilder davon durch den Kopf, wie sie beide nackt über die Tanzfläche wirbelten, wie sie die Beine fest um Jeremy schlang, wie sie die Musik in sich spürte, ihn in sich spürte ... O Gott ...
»Was ist denn?«, erkundigte sich Jeremy, als er sie nach Luft schnappen hörte.
»Nichts«, log Danny. Da sie unbedingt an etwas anderes denken wollte als an das Liebesspiel, fragte sie: »Der Kerl vorhin hat das doch nicht ernst gemeint, dass er sich erschießen will?«
»Natürlich nicht. Das erzählt er bestimmt allen jungen Damen. Solche drastischen Schmeicheleien müssen irgendwann einmal zum Ziel führen. Ich ziehe es vor, bei der Wahrheit zu bleiben; ich hätte stattdessen gesagt, wenn du dich mir nicht bald hingibst, erschieße ich
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