Malory
Gerüchteküche; Emily hat nämlich überall herumer-zählt, ich wäre mit ihr ins Bett gegangen.«
»Sakrament!«
»Genau. Aber das werden die Leute nun anders sehen.
Warum sollte ich schließlich einem Gänseblümchen nachlaufen, wenn ich einer einmaligen weißen Rose den Hof machen kann?«
»Den Hof machen?« James schluckte entgeistert.
»Nur zum Schein«, beruhigte ihn Jeremy. »Und wir brauchen diese Farce auch nicht zu wiederholen. Danny hat einen so überwältigenden Eindruck hinterlassen, dass die Gesellschaft wochenlang von nichts anderem mehr reden wird. Aber was willst du eigentlich hier? Ich könnte schwören, dass du gesagt hast, du hättest dir deine Ausreden schon parat gelegt, um nicht zu solchen Festivitäten mitgeschleift zu werden.«
»Hab’s mir anders überlegt. Wollte mal einen Blick auf die hinterhältige Kleine werfen, die versucht, dich vor den Altar zu manövrieren. Übrigens, welche ist es denn?«
Jeremy schaute dorthin, wo er Emily zuletzt gesehen hatte. Sie war jedoch nicht mehr da. Bei einem Blick über die Schulter stellte er fest, dass seine Stiefmutter George vorübergehend Reginas Aufmerksamkeit bean-spruchte, sodass niemand sich um Danny kümmerte.
Seine Alarmglocken begannen zu schrillen, als er sah, wer diese Gelegenheit ausnutzte. »Du lieber Himmel, Emily stellt Danny zur Rede.«
Stirnrunzelnd schaute James in die gleiche Richtung.
»Das dürfte interessant werden. Ich glaube nicht, dass ich schon einmal beobachtet habe, wie zwei Frauen sich prügeln, und wenn ich an die Herkunft deiner Danny denke, würde ich das nicht ausschließen.«
Danny sträubten sich die Nackenhaare, als die Lady sie in den Arm kniff, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Eine schöne Frau. Blondes Haar, das kunstvoll zu einer perfekten Frisur arrangiert war, und ein hinreißendes weißes Ballkleid. Weiß schien die bevorzugte Farbe der jungen Debütantinnen zu sein; in diesem Fall war es tau-benblau eingefasst, passend zu den azurblauen Augen der Dame. Diese Augen waren allerdings gerade finster zu-sammengekniffen, ja sie versprühten solchen Hass, dass es Danny für einen Moment die Sprache verschlug.
»Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber wenn Sie glauben, Sie können ihn mir wegnehmen, haben Sie sich leider geirrt«, sagte die junge Frau.
Jetzt fiel bei Danny der Groschen, wer die Dame war.
Regina Eden hätte sie ihr vorher zeigen müssen, um sie zu warnen. Nicht dass sie dadurch diese Szene hätte vermeiden können; schließlich hatte sie gar nicht bemerkt, dass die Dame zu ihr getreten war. Da Emily sie unnötigerweise gekniffen hatte, hielt Danny sich nun gleichfalls nicht zu-rück: »Ah, Sie müssen Emily, die Lügnerin, sein.«
»Wie bitte?«
»Sie machen sich lächerlich, Gnädigste. Er hat Sie durchschaut, seine Familie hat Sie durchschaut, und nach dem heutigen Abend wird die ganze Stadt Sie durchschaut haben. Ihre Lügen dienen nur dazu, Sie mit ewiger Schmach zu bedecken.«
Emily schnappte nach Luft, und ihre lilienweißen Wangen liefen hochrot an. »Ich glaube, Sie verstehen nicht ganz. Jeremy wird mich heiraten. Dafür wird mein Vater sorgen.«
Danny zog eine Augenbraue hoch. »Aufgrund einer Lüge?«
»Ich sehe, Sie sind falsch informiert. Ich habe nicht gelogen. Jeremy dagegen schon, wenn er versucht zu leugnen, dass er mit mir angebandelt hat.«
»Nennen Sie es so, wenn jemand ein paar flüchtige Worte mit Ihnen wechselt?«, fragte Danny unschuldig.
»Das behauptet er?« Emilys ungläubiges Staunen wirkte kein bisschen aufgesetzt. Dann fügte sie mit einem Seufzer hinzu: »Ich hätte wissen sollen, dass man seinen Versprechen nicht trauen kann. Schließlich war sein Vater der berüchtigtste Frauenheld, den es in dieser Stadt je gegeben hat, und sein Onkel Anthony war nicht viel besser. Offenbar beabsichtigt Jeremy, in die Fußstap-fen der beiden zu treten.«
Dazu sagte Danny nichts. Es hätte sie kein bisschen gewundert, wenn an Emilys Worten etwas Wahres gewesen wäre. Sie wusste, dass Jeremy auf keinen Fall heiraten wollte; sie hatte es von ihm selbst gehört. Und in puncto Frauen schien er wirklich nichts anbrennen zu lassen.
Dass er versucht hatte, ihr unter den Rock zu gehen, war der beste Beweis dafür. Trotzdem hielt sie ihn nicht für so herzlos, dass er etwas versprach, das er von vornherein nicht einhalten wollte. Vielleicht hatte er die Dame verführt, ja, doch Danny bezweifelte, dass er in diesem Fall mehr als ein flüchtiges Vergnügen im Sinn gehabt
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