Malory
zu einem Zopf geflochten. Dazu trug sie einen Rock und eine weite bequeme Bluse, die von einem Gürtel zusammengehalten wurde und derart locker saß, dass es sich durchaus um eins von James’ Hemden handeln konnte.
Sie sah hinreißend aus, so als ob sie die Seereise in vollen Zü-
gen genossen hätte.
Als sie das Paar auf dem Sofa sah, sagte sie: »Was für eine Erleichterung! Ihr seid beide gesund und munter. Also gab es gar keine Piraten?«
Richard, dieser Halunke, grinste und hob die Hand, um Georginas Aufmerksamkeit zu erregen, ehe er dazwischen-rief: »Das würde ich nicht sagen.«
Georgina warf ihrem Mann nur einen kurzen Blick zu und fragte: »Beachten wir ihn?«
»Aber sicher«, erwiderte James, dann setzte er hinzu: »Obwohl er sich bald das genaue Gegenteil wünschen wird.«
Danach hielt Richard lieber den Mund, denn er verstand, dass James nicht mehr über Piraten redete, sondern über Richards Interesse an seiner Frau. Georgina verstand das ebenfalls, doch sie schnalzte nur missbilligend mit der Zunge und ging zu ihrem Bruder, um ihn zu umarmen.
Drew hatte einige Augenblicke gebraucht, um seine neuer-liche Überraschung zu überwinden, doch nun fragte er: »Was zum Teufel machst du hier, Georgie?«
»Musst du das wirklich fragen, nachdem einer deiner Männer bei uns aufgetaucht ist und uns erzählt hat, die Triton sei von Piraten gekapert worden? Oder stimmt das etwa nicht?«
»Es stimmt, aber meinst du nicht, dass ich so etwas selbst regeln kann?«
Daraufhin errötete Georgina ein wenig. »Ja sicher, aber das war nicht meine einzige Sorge. Gabby war verschwunden und hatte nur eine kurze Nachricht hinterlassen, dass ihr Vater in Schwierigkeiten sei. Wir glaubten, sie wäre vielleicht bei dir, doch da wir die Verantwortung für sie hatten, konnten wir es nicht bei Vermutungen belassen, wir mussten sichergehen.«
Nun war es an Gabrielle, rot zu werden. Sie hatte nicht damit gerechnet, die Malorys noch einmal wiederzusehen, also hatte sie auch nicht erwartet, jemals mit den Schuldgefühlen konfrontiert zu werden, die sie plagten, weil sie sich heimlich davongeschlichen hatte.
»Ich war verzweifelt«, versuchte Gabrielle zu erklären.
»Ich hatte gerade erfahren, dass mein Vater schon seit fast einem Monat in einem Kerker eingesperrt war.«
»Wir verstehen das, Gabby«, sagte Georgina.
Vielleicht hätte sie noch mehr gesagt, doch James, der die Zeichnung studierte, fragte Bixley: »Hohe Mauern und ein Tor?«
Bixley nickte wieder. »Pierre hält es verschlossen und au-
ßerdem wird es bewacht.«
»Verdammt«, murmelte James, doch dann fügte er resigniert hinzu: »Also gut, ich bin zwar schon eine ganze Weile nicht mehr über Mauern geklettert, aber ich denke, es wird mal wieder Zeit.«
»Da bin ich anderer Ansicht«, widersprach Georgina und trat neben ihren Mann. Dann schlug sie vor: »Warum schießen wir nicht einfach auf die Tore? Unsere Schiff können doch nah genug herankommen, oder?«
Allmählich sah es so aus, als sei Malory für die Rettungsaktion verantwortlich. Gabrielle wunderte es nicht, dass er sofort das Kommando übernahm. Er war kein Mann, der einfach nur mitmachte, er war einer, der befahl, plante, Anord-nungen traf und jeden Einwand vom Tisch fegte. Und er wür-de sich nie damit aufhalten zu fragen, ob seine Hilfe nötig war.
James deutete auf die Zeichnung und fragte seine Frau gleichmütig: »Sind dir diese Kanonen auf den Mauern nicht aufgefallen, meine Liebe?«
Georgina blickte auf die Karte und erwiderte ebenso gleichmütig: »Die Festung ist alt. Wahrscheinlich sind die Kanonen auch uralt und unbrauchbar, meinst du nicht?«
»Nein, Ma’am«, widersprach Bixley, ehe James seine Meinung äußern konnte. »Pierre hat die Festung wieder instand gesetzt. Sie ist wie neu, tja, zumindest oberirdisch. Am alten Kerker hat er weiter nichts gemacht, bloß darauf geachtet hat, dass die Türen gut schließen.«
Daraufhin sagte Georgina ebenfalls: »Verdammt«, und ging zum Sofa, um sich neben Gabrielle zu setzen.
Gabrielle hielt es für nötig, Bixleys Ausführungen näher zu erläutern, deshalb sagte sie zu James: »Laut Ohr hat Pierre sich einige neue Feinde geschaffen, als er sich von allem los-sagte. Die anderen Kapitäne der Bruderschaft sahen sich gezwungen, ihren Schlupfwinkel zu verlassen. Das hat ihnen gar nicht gefallen. Die Siedlung, die sie im Laufe der Jahre aufge-baut hatten, war wirklich schön und niemand wusste davon.
Die meisten von ihnen betrachteten
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