Malory
sie sogar als ihr Zuhause.
Doch sie glaubten, dass Pierre ihre Lage verraten würde, deshalb haben sie den Ort verlassen.«
»Würde irgendeiner von diesen anderen Kapitänen uns bei unserem Vorhaben helfen?«, wollte James wissen.
»Vielleicht. Doch es kann eine Weile dauern, sie aufzuspü-
ren und ...«
»Und die Zeit drängt«, fiel James ihr nicht unfreundlich ins Wort. »Ich verstehe, dass Sie sich um Nathan sorgen, da Sie nicht wissen, in welcher Verfassung er ist und wie er in all der Zeit behandelt wurde. Aber wir haben jetzt zwei Schiffe, um die Sache anzugehen. Sie können aufhören, sich zu ängstigen.«
»Das sagt er immer«, flüsterte Georgina Gabrielle zu.
»Man sollte meinen, er wüsste mittlerweile, dass es nicht funktioniert, insbesondere weil ich aus genau diesem Grund hier bin. Eine Frau hört erst auf sich zu sorgen, wenn es nichts mehr gibt, was sie beunruhigen könnte. Na ja, zumindest ist es bei mir so.«
»Bei mir auch«, gestand Gabrielle.
Kapitel 46
Zwei Pläne wurden besprochen, keiner jedoch sah eine Doppelgängerin für Gabrielle vor. Drew war verärgert. Ihm wäre sein Plan lieber gewesen, da er Gabrielle nicht in Gefahr brachte. Als er Einwände erhob, machte James ihm jedoch klar, dass Gabrielle nützlich sein könnte, um den Piratenkapitän aus seiner Festung zu locken, falls etwas mit ihren Plänen schiefging und es nötig wurde, Pierre direkt gegenüberzutre-ten. Georgina sollte jedoch nicht mitgenommen werden. Sie hatte ihren Willen bekommen, als sie darauf bestand, nicht in England bleiben zu müssen, doch dabei war es um eine ungefährliche Reise gegangen. Man war nicht einmal in den schlimmen Sturm geraten, sondern hatte ihm ganz aus dem Weg gehen können. Und es hatte James Freude bereitet, sie bei der Überfahrt dabei zu haben. Aber nun, da der Rest der Reise ge-fährlich werden würde, ließ er nicht mit sich reden. Georgina sollte in Sicherheit bleiben, in dem Gasthaus in Anguilla – in dem Drew auch Gabrielle lieber zurückgelassen hätte.
Allerdings würden sie kaum mehr als einen Tag fort sein, vielleicht waren sie sogar noch schneller zurück, also musste seine Schwester sich nicht zu lange um sie sorgen. Laut Bixley lag Pierres Festung nur ein paar Stunden entfernt.
Die beiden Pläne waren beinah identisch, es ging nur noch um den Zeitpunkt. Entweder sie versuchten, Nathan mitten in der Nacht zu befreien, wenn die meisten Leute in der Festung schliefen, oder sie nutzten Drews Schiff und die Tatsache, dass Gabrielle an Bord war, zur Ablenkung, während einige wenige Männer über die hinteren Mauern kletterten und sich zum Kerker schlichen.
»Wir müssen nicht bloß Vater retten«, gab Gabrielle zu bedenken. »Der Rest seiner Leute ist noch bei ihm. Die wird er nicht im Stich lassen.«
Da es Pierre und seinen Wachen sicher nicht entgehen wür-de, wenn so viele Männer versuchten, sich am helllichten Tag über die rückwärtigen Mauern davonzustehlen, blieb das An-schleichen bei Nacht letztlich die einzige Möglichkeit. Nach einem guten Abendessen und einer kurzen Rast wollten sie wieder an Bord gehen.
Drew hatte gehofft, diese wenigen Stunden mit Gabrielle verbringen zu können, doch seine Schwester hatte andere Plä-
ne mit ihm. Mit einem Blick, der nichts Gutes verhieß, zog sie ihn aus dem Zimmer, damit sie ungestört sein konnten.
»Ich habe ein Hühnchen mit dir zu rupfen«, legte Georgina los. »Das habe ich mir schon gedacht.«
»Was zum Teufel denkst du dir eigentlich dabei? Weißt du überhaupt, dass du dieses Mädchen in England in einen Skandal verwickelt hast, weil du auf dem letzten Ball, den du besucht hast, diese flapsige Bemerkung über Piraten fallen gelassen hast?«
»Es war keine Absicht, Georgie. Aber ja, sie hat mich mit dieser Tatsache konfrontiert.«
Georgina kniff überrascht die Augen zusammen. »Also hat sie tatsächlich vor ihrer Abreise davon erfahren?«
»Jawohl. So wie sie es schildert, gab das den Ausschlag da-für, mein Schiff zu kapern – sie wollte zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, hat sie wörtlich gesagt.«
»Rache?«, mutmaßte Georgina. »Na ja, das überrascht mich nicht allzu sehr. Unter den Umständen hätte ich vielleicht dasselbe getan.«
Drew grinste. »Nein, hättest du nicht. Sie weiß tatsächlich, wie man ein Schiff führt, du nicht, also wäre es dir auch nie in den Sinn gekommen ...«
»Ach, spar dir das«, unterbrach sie ihn. »Du kannst mich doch nicht vom wichtigsten Problem
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