Malory
war gemeingefährlich. Daran bestand nach Gabrielles Ansicht keinerlei Zweifel.
Doch Malory schnaubte bloß und sagte: »Nein, zum Teufel.« »Gut zu wissen«, sagte Georgina munter und erklärte den anderen Anwesenden beiläufig: »Er ist unerträglich, wenn er ein schlechtes Gewissen hat.«
»Verdammt noch mal, George, ich habe kein schlechtes Gewissen.«
Nicht nur die Wortwahl, sondern auch der Ton verriet, dass er die Wahrheit sagte, trotzdem entgegnete die Frau: »Ja, ja, und du würdest sicher gern noch hinzufügen, dass ich mich darauf verlassen kann, auch wenn wir beide wissen, dass es anders ist.«
»George.«
Was für eine Drohung in einem einzigen Wort! Doch die Frau blieb unbeeindruckt und sagte forsch zu Gabrielles Eskorte: »Sie können sich wieder abregen, Gentlemen. Mein Mann wird heute niemanden in Stücke reißen.«
»Aber du tust es vielleicht, meine Liebe, wenn dir endlich aufgeht, dass du deine Reise absagen musst, um diesen Wunsch zu erfüllen.«
Georgina legte die Stirn in Falten. »Ach, du meine Güte, daran hatte ich gar nicht gedacht.«
»Das habe ich gemerkt«, erwiderte Malory.
»Deswegen bist du also so ärgerlich? Weil du glaubst, ich werde enttäuscht sein?«
Er stritt das nicht ab und seine Antwort bestätigte ihre Vermutung sogar. »Bist du’s etwa nicht?«
»Überhaupt nicht. Nur Jack wird es wohl sein. Du weißt, wie ungeduldig Kinder manchmal sind. Aber wir können ebenso gut nächstes Jahr fahren.«
Gabrielle war bleich geworden, als ihr aufging, dass ihre Bitte die Pläne der Familie durcheinanderbrachte. Daher meldete sie sich endlich zu Wort.
»Bitte machen Sie sich meinetwegen keine Umstände.
Mein Vater hat wohl nicht bedacht, dass Sie als Helfer gar nicht verfügbar sein könnten. Er hat den Entschluss, mich hierher zu schicken, sehr spontan gefasst. Wir können uns anders arrangieren und warten, bis er ankommt, dann denken wir uns etwas Neues aus.«
»Wann wird das denn sein?«, fragte Georgina.
Doch Ohr sagte gleichzeitig: »Nein, das können wir nicht.
Er ist noch in der Karibik und wird in nächster Zeit nicht ab-kömmlich sein.«
»Also, dann ist es viel zu spät«, sagte Georgina recht entschieden.
Doch Malory setzte der Diskussion ein Ende, indem er er-klärte: »Sie bleiben.« Damit war alles entschieden. Allerdings war er noch nicht fertig. Mit einem Blick und einem Ton, die keinen Widerspruch duldeten, sagte er zu Gabrielles Beglei-tern: »Ihr nicht. Ihr habt eure Schuldigkeit getan. Sie steht jetzt unter meinem Schutz. Da ist die Tür.«
Ohr und Richard hatten ohnehin nicht vorgehabt, in diesem Teil der Stadt zu bleiben. Zum Abschied umarmte Gabrielle sie kurz. Sie fühlte sich elend, weil James Malory die beiden geradezu aus dem Haus geworfen hatte, doch dass sie eher gehen mussten, als ihr lieb war, lag sicher auch daran, dass Richard Malorys Eifersucht erregt hatte.
Allein mit dem Lord und der Lady spürte sie, wie ihre Nervosität immer größer wurde. Doch Georgina lockerte die Atmosphäre etwas, indem sie fragte: »Sollen wir nicht ins Esszimmer gehen? Falls Sie noch nichts gegessen haben, das Buf-fet ist noch heiß. Wir haben seltsame Essgewohnheiten, deshalb wird bis spätmorgens Frühstück serviert. Lasst uns auf alle Fälle eine Tasse Tee trinken, während wir uns näher kennenlernen.«
Gabrielle folgte der Lady und unglücklicherweise folgte James Malory ihr. Solange dieser Mann im Raum war, würde sie sich nie entspannen können, da war sie sicher. Er war viel zu einschüchternd, und außerdem war es ihr immer noch peinlich, sich einfach in das Leben dieser Menschen gedrängt zu haben, sodass sie die Entschuldigung, die sie für nötig hielt, kaum herausbrachte.
»Es tut mir leid, dass meine Ankunft Ihre Pläne durch-kreuzt hat.«
»Kein Wort mehr, meine Liebe«, erwiderte Malory in sehr viel freundlicherem Ton als zuvor. »Selbst auf die Gefahr hin, einen bösen Blick von George zu ernten, gebe ich gern zu, dass der Zeitpunkt Ihres Eintreffens nicht besser hätte gewählt sein können.«
»Haben Sie sich denn nicht auf die Reise gefreut?«
Als Malory nichts erwiderte, lachte Georgina und erklärte:
»Wissen Sie, obwohl er alles täte, um mich glücklich zu machen, wurde die Reise, die ich unternehmen wollte, ziemlich überraschend geplant, um den Vorteil zu nutzen, dass das Schiff meines Bruders Drew gerade in London liegt. In Wahrheit aber versteht mein Mann sich mit meinen Brüdern nicht sehr gut ...«
»Du brauchst gar
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