Malory
Fäuste fliegen.
Georgina sah ihren Ehemann scharf an. »Das war kein bisschen witzig. Du wirst versuchen, deine schlechte Laune im Zaum zu halten.«
Das war ein Befehl, dem James natürlich nicht gehorchen würde, doch Georgina hatte das Gefühl, dass sie ihn über ihre Wünsche nicht im Unklaren lassen sollte.
»Du machst dir zu viele Sorgen, George«, entgegnete er knapp.
»Das mag sonst vielleicht zutreffen, aber du weißt ganz genau ...«
»Sprich leiser, sonst hören die Mädchen dich noch.«
Sie konnte sich ein Schnauben verkneifen und rollte stattdessen nur mit den Augen. »Wenn die beiden miteinander tu-scheln, existiert der Rest der Welt nicht mehr.«
James betrachtete die beiden Mädchen, die mit unterge-schlagenen Beinen Schulter an Schulter auf der anderen Seite des Raumes saßen und die Köpfe – einer blond, der andere kupferrot mit goldenen Strähnen –zusammensteckten. Jack grinste, während sie ihrer Cousine etwas ins Ohr flüsterte. Ju-dy nickte, dann kicherte sie leise und legte rasch die Hand auf den Mund, um das Geräusch zu unterdrücken. Dann schauten beide zu ihm herüber und erröteten leicht, als befürchteten sie, er habe etwas mitbekommen. Was unmöglich war. Niemand konnte die beiden belauschen. Sie hatten das Flüstern zu einer wahren Kunst erhoben.
»Ja, darum hätte ich mir keine Sorgen machen müssen«, gab James zu, was Georgina fast ein Lächeln entlockt hätte.
Ehe er sie losließ, drückte James sie leicht an sich und sagte noch: »Und vielleicht möchtest du einen deiner Brüder dazu überreden, seinen Besuch noch ein wenig auszudehnen. Sonst werde ich es tun.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Du? Warum? Normalerweise kannst du es nicht erwarten, dass sie wieder gehen!«
»Weil ich weiß, dass du für all diese Feste, die bald auf deinem Plan stehen werden, eine Begleitung brauchst, und die werde ich verdammt noch mal nicht abgeben.«
Georgina lachte. »Verstehe. Du schuldest den Gefallen, aber ich zahle ihn ohne deine Hilfe zurück?«
»Du wirst doch zugeben, dass dir so etwas mehr liegt als mir. Glaubst du, ich hätte das Funkeln in deinen Augen nicht bemerkt, als du gesagt hast, dass das Spaß machen wird?«
»Versuch nicht zu streiten.« Sie lächelte ihn an. »Ich gebe dir ja recht. Und da du diese Gefälligkeit, die du noch schuldest, nie erwähnt hast, nehme ich an, dass sie auf deine wilden Abenteuerjahre auf See zurückzuführen ist?«
»Ich war kein Abenteurer, George.«
»Bei der Beschäftigung, der du nachgegangen bist, warst du das ganz sicher«, widersprach sie ihm. »Womit wir an dem Punkt wären, den ich nicht verstehe. Wie zum Teufel konnte dieser Mann dich hier aufspüren, wenn er dich in der Karibik kennengelernt hat? Du hattest doch damals bestimmt nicht die Angewohnheit, dich unter deinem richtigen Namen vorzustellen, oder?«
»Natürlich nicht. Ich war damals nur unter dem Namen Hawke bekannt. Aber offensichtlich habe ich unter dem Ein-fluss der Medikamente, die man mir gegen die Schmerzen gegeben hat, im Schlaf geredet und dabei manchmal von meiner Familie gesprochen. So erfuhr Brooks, wer ich war, und er-zählte mir im Gegenzug seine Lebensgeschichte. Danach waren wir sozusagen befreundet.«
»Also was ist das für ein Mann? Ist er Engländer? Ist das der Grund, warum seine Tochter hier in die Gesellschaft eingeführt werden soll?«
»Musst du das wirklich wissen?«
Bei dieser Frage runzelte Georgina die Stirn. »Wenn ich sie hier lancieren und einen Ehemann für sie finden soll, ja, dann muss ich ihren Hintergrund kennen. Du weißt doch, wie verdammt eigen ihr Aristokraten mit eurer Verwandtschaft seid«, fügte sie etwas verächtlich hinzu.
»Du kannst uns doch nicht alle in einen Topf werfen, nur weil ihr Amerikaner keine Aristokraten mögt. Schließlich hast du einen Aristokraten geheiratet, ich eine Bürgerliche. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«
Georgina lachte und stieß ihn dabei leicht vor die Brust.
»Beantworte mir nur meine Frage.«
»Die Antwort wird dir aber nicht gefallen. Vielleicht lässt du mich dann wieder nicht ins Schlafzimmer.«
»Ach, nun mach schon, so schlimm kann es doch gar nicht sein.«
»Da bin ich anderer Ansicht, meine Liebe. Sie ist die Tochter eines Piraten, eines Mannes, der sich nicht nur an dem Beruf versucht, so wie ich damals, sondern darin zeit seines Lebens sehr erfolgreich gewesen ist.«
»Wer ist die Tochter eines Piraten?«, fragte Drew, der gerade ins Zimmer kam.
Kapitel
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