Malory
Männer zur Hilfe zu holen, den Asiaten, den du heute kennengelernt hast. Dann nahm er mich mit in sein Haus, damit ich mich erholen konnte. Und das ist die ganze Geschichte.«
»Eine echte Kleinigkeit, was er da als Gegenleistung verlangt«, sagte Georgina lächelnd. »Dafür, dass er dir das Leben gerettet hat, hätte ich ihm ein Vermögen gezahlt, wenn er darum gebeten hätte.«
James warf seiner Frau einen sehr zärtlichen Blick zu, was Gabrielle angesichts seines einschüchternden Aussehens ziemlich seltsam vorkam. »Ja, weil du mich liebst, George, deshalb bin ich verdammt froh, dass es nicht das ist, was er von mir möchte.«
Kapitel 9
Nachdem sie ihren unerwarteten Gast der Haushälterin übergeben hatte, damit Gabrielle sich einrichten konnte, zog Georgina ihren Mann gleich in den Salon, um herauszufinden, was er wirklich von dieser Wende der Ereignisse hielt. Doch sie hatte vergessen, dass Boyd noch auf dem Sofa dort schlief.
Auch Judith, Anthonys Tochter, hatte die Nacht bei ihnen verbracht. Sie und Jacqueline hatten sich in den Salon geschlichen und spielten nun in einer Ecke des Raumes.
Die Mädchen waren so leise gewesen, dass Boyd nicht aufgewacht war, und selbst der Lärm in der Eingangshalle hatte ihn nicht geweckt. Er war erst am Morgen ins Haus gestolpert, kurz nachdem sie und James zum Frühstück heruntergekom-men waren. Nach einer kurzen Umarmung hatte er ihr einen feuchten Kuss auf die Wange gedrückt und war dann umgehend auf dem Sofa im Salon eingeschlafen. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, ihn wach zu rütteln und ihm zu sagen, er solle sich ins Bett legen. Er war noch recht mitgenommen vom wüsten Treiben der langen Nacht.
Boyd war zwei Jahre älter als sie und der Jüngste ihrer fünf Brüder. Außerdem war er der Scherzbold der Familie. Im Laufe der Jahre hatte er viele gute Streiche ausgeheckt, einige waren sehr lustig gewesen, andere eher peinlich, ein paar – zumindest Georginas Meinung nach – sogar gefährlich, auch wenn ihre Brüder anderer Ansicht waren. Allerdings hatte sie sich einen winzigen Augenblick lang gefragt, ob Gabrielle Brooks wohl zu einem seiner verunglückten Streiche gehörte, der aus dem Ruder lief, weil Boyd nicht mehr wach war, um ihn rechtzeitig zu beenden. Falls er nicht schon beim Planen zu betrunken gewesen war, um Sicherungen einzubauen, damit der Spaß aufhörte, ehe er zu weit ging. Nein, sie konnte nicht glauben, dass er die junge Frau geschickt hatte. So sehr er Scherze auch liebte, er würde es nicht riskieren, sich den Zorn ihres Mannes zuzuziehen.
Trotzdem war Boyd mittlerweile der Hitzkopf der Familie. Früher hatte ihr Bruder Warren dieses Prädikat verdient –
bis er Amy Malory heiratete. Heute brachte Warren kaum noch etwas aus der Ruhe, so glücklich war er in seiner Ehe.
Georgina wandte sich um, um ein anderes Zimmer zu suchen, in dem sie sich mit James unterhalten konnte, doch James rührte sich nicht vom Fleck. Er blockierte einfach ihren Weg und sagte: »Du kannst jetzt damit aufhören, George. Du hast dir nichts anmerken lassen, aber wir wissen doch beide, wie sehr du dich auf diese Reise nach Connecticut gefreut hast.«
»Ja, das habe ich, aber ein anderes Mal werde ich mich auch freuen. Wir können genauso gut nächstes Jahr fahren.«
»Dieses Jahr passte aber ganz gut, auch wenn es eine spontane Entscheidung von dir war, weil einer deiner Brüder hier ist, um dich mitzunehmen. Nächstes Jahr könnte es anders sein.«
»Das stimmt, also werde ich dafür sorgen müssen, dass nächstes Jahr mein eigenes Schiff im Hafen liegt, um uns mitzunehmen. Ich werde genügend Zeit haben, die Routen der Amphitrite entsprechend zu planen. Ich bin sicher, das würde dir sowieso besser gefallen, denn dann könntest du der Kapitän sein.«
»Natürlich«, stimmte er zu.
»Ich sollte Boyd aufwecken, meinst du nicht?« Doch anstatt sich um ihren Bruder zu kümmern, zog Georgina den Arm ihres Mannes um ihre Taille.
»Lass ihn lieber in Ruhe. Er hatte noch nicht lange genug geschlafen, um all das Zeug wieder loszuwerden, das er gestern Nacht in sich hineingeschüttet hat. Und abgesehen davon, dass er mir als Blitzableiter dienen könnte, gibt es nicht viel, wozu er taugen würde.«
Daran hatte sie nicht gedacht, doch Boyd und James im selben Haus zu haben, während James ernstlich verstimmt war, ähnelte einem Leben auf dem Pulverfass. Und nur James konnte das kontrollieren, denn Boyd war zu impulsiv, und ließ ohne nachzudenken die
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