Malory
kann in kürzester Zeit Wunder wirken.«
»Das wäre großartig«, gestand Gabrielle. »Ich muss nur wissen, wie viele Ballkleider ich bestellen sollte. Wagen Sie ei-ne Prognose?«
»Mindestens ein halbes Dutzend.«
Gabrielle blinzelte und sagte erschrocken: »So viele, obwohl die Saison schon fast vorüber ist?«
»Oh ja«, antwortete Georgina mit rollenden Augen. »Das liegt am Wettbewerb unter den Damen, die diese Festlichkeiten normalerweise ausrichten. Wenn eine, die ihren Ball bereits gegeben hat, von einer anderen ausgestochen wird, muss sie einfach noch einen geben, damit man erzählt, ihrer sei der schönste Ball der Saison gewesen. Meiner Meinung nach ist das alles ziemlich dumm, aber es erklärt, warum wir gegen En-de des Sommers mit Einladungen geradezu überschüttet werden. Da fällt mir ein, weshalb sind Sie eigentlich so spät nach London gekommen? Wir haben nur noch einige Wochen für die größeren Veranstaltungen. Ihnen ist doch klar, dass viele der gefragtesten Junggesellen ihre Wahl bereits getroffen und sich erklärt haben?«
Gabrielle nickte und sagte: »Es hätte mich gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Wir haben das nicht geplant, meinem Vater wurde bloß plötzlich bewusst, dass ich das schon längst hätte hinter mich bringen sollen, deshalb hat er mich Hals über Kopf losgeschickt.«
Georgina kicherte. »Es hinter sich bringen? Das ist eine recht eigenwillige Art, es zu betrachten.«
Gabrielle lächelte. »Nun, um ehrlich zu sein, es war nicht meine Idee, hierher zu kommen. Ich hätte mir lieber zu Hause auf den Inseln einen Mann gesucht. Aber jetzt, wo ich hier bin, finde ich alles ziemlich aufregend. Ich hoffe nur, dass ich den Mann, den ich am Ende heiraten werde, dazu überreden kann, mich wenigstens gelegentlich in die Karibik fahren zu lassen.
Ich weiß, dass ich meinen Vater schrecklich vermissen werde, wenn ich ihn nur noch so selten zu Gesicht bekomme wie frü-
her.«
»Wie früher?«
»In meiner Kindheit hat er mir oft gefehlt. Ich lebte hier bei meiner Mutter und er arbeitete auf den Westindischen Inseln.
Es kam nur sehr selten zu Besuch.«
»Ah, das erklärt, warum sie so kultiviert reden. Also sind Sie in England aufgewachsen?«
»Ja, in der Nähe von Brighton. Meine Mutter hätte schon dafür gesorgt, dass ich in die Gesellschaft eingeführt werde.
Sie hatte die richtigen Beziehungen. Aber sie starb, als ich siebzehn war, daher zog ich zu meinem Vater. Hat er das in dem Brief nicht erklärt?«
»Nein, über ihre Herkunft hat er gar nichts geschrieben.«
»Du meine Güte, Sie haben mich aufgenommen, ohne überhaupt zu wissen, dass meine Referenzen erstklassig sind?
Sie sind zu freundlich, Lady Malory.«
Georgina lachte. »Nein, ich bin Amerikanerin. Da wo ich herkomme, geben wir nicht viel auf Titel, also bitte ersparen Sie mir den, den mein Gatte mir aufgezwungen hat. Wenn ich ihn loswerden könnte, ohne den Mann zu verlieren, würde ich es tun, das können Sie mir glauben.«
Gabrielle war nicht überrascht. Sie hatte in der Karibik genug Amerikaner kennengelernt, um zu wissen, dass sie lieber an ihren eigenen Verdiensten gemessen wurden als an denen ihrer Vorfahren. Doch in England nahmen die Menschen die Abstammung sehr viel ernster, zumindest in Adelskreisen, insbesondere wenn es um die Ehe ging.
Bevor sie Georgina jedoch ihr Verständnis ausdrücken konnte, schaute Margery von den Koffern hoch und erklärte ungefragt: »Sie hat einen Haufen Grafen im Stammbaum.«
Gabrielle errötete, es auf diese Weise ausgedrückt zu hö-
ren, hielt es jedoch für sinnvoll zu erklären: »Das ist schon einige Generationen her, daher führe ich keinen Titel. Andererseits suche ich auch nach keinem.«
»Sie würden einen Titel im Falle eines Falles aber nicht aus-schlagen?«
»Nein, natürlich nicht.«
Georgina grinste. »Das habe ich nur gefragt, weil ich es getan hätte.«
»Das haben Sie doch gar nicht.«
»Nur, weil ich schon verheiratet war, als ich herausfand, dass James einen Titel hat.«
Gabrielle wusste nicht, ob sie Georgina bemitleiden oder beglückwünschen sollte, doch Miss Carla ersparte ihr eine Erwiderung. Als Margery ihren Käfig von dem Koffer nahm, den sie als Nächstes öffnen wollte, kreischte der Vogel: »Lass mich raus, lass mich raus!«
Georgina schnappte nach Luft und fragte: »Ist es das, was ich denke?«
Gabrielle beschloss, den Käfig zu enthüllen, damit die Da-me des Hauses den Papagei mit eigenen Augen sehen konnte.
Es war
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