Malory
Tanzpartnern auf ihrer Karte auf die Füße treten lassen. Er würde sich für später am Abend mit einer anderen Frau verabreden. Zweifellos hatte er genau das mit jener Dame getan, die sie vorhin im Gespräch mit ihm gesehen hatte.
Gabrielle überlegte kurz, ob sie ihm die Wahrheit sagen sollte, dass es nicht ihre Idee gewesen war, nach England zu-rückzukehren, und noch weniger, seine Familie um Hilfe zu bitten. Aber das brauchte er nun wirklich nicht zu wissen, und es würde auch keinen Unterschied machen für den Umgang, den sie miteinander pflegen durften – nämlich gar keinen. Sie wollte schließlich heiraten, vorzugsweise einen Mann, den sie dazu überreden konnte, einen Teil des Jahres auf St. Kitts zu verbringen. Drew dagegen wollte unverheiratet bleiben.
»Wie ich sehe, ist ein weiterer Malory aufgetaucht«, bemerkte Drew, gerade als der Tanz endete.
»Wie viele gibt es denn davon?«
»Zu viele«, erwiderte er lachend. »Doch dieser ist wie James, er mag es nicht, zu solchen Veranstaltungen geschleppt zu werden, daher frage ich mich, was er hier macht, es sei denn
... Haben Sie sie heute kennengelernt, als sie Judith abgeholt haben?«
»Ihre Eltern? Nein, da wurde gerade letzte Hand an diese Robe gelegt.«
»Dann sind sie vielleicht nur hier, um Sie zu treffen. Übrigens ist das ein sehr hübsches Kleid.« Seine dunklen Augen musterten sie von oben bis unten und verweilten auf ihrem Busen.
Sie wünschte, er hätte das nicht gesagt. Sie wünschte, er hätte sie nicht so angesehen. Dann hätte sie nicht so hochrote Wangen gehabt, als er sie zu den eben erwähnten Malorys führte. Georgina hatte ihre angeheirateten Verwandten bereits entdeckt und übernahm die Vorstellung.
Anthony Malory war unglaublich attraktiv, sah allerdings kurioserweise ganz anders aus als sein Bruder James. Er war größer und viel dunkler und ähnelte mit seinem schwarzen Haar und den blauen Augen eher seiner Nichte Regina. Seine Frau Roslynn war einfach atemberaubend, sie hatte rotgolde-nes Haar, wunderschöne braungrüne Augen und eine schlan-ke, aber üppige Figur. Nun wusste sie, woher Judith ihre Haarfarbe hatte.
»Sie müssen die Piratin sein«, sagte Anthony ihr auf den Kopf zu.
Seine Frau schnappte nach Luft. »Anthony!«
Und Georgina schimpfte. »Nicht so laut, Tony. Benutz dieses Wort im Zusammenhang mit Gabby nicht in der Öf-fentlichkeit. Wir wollen ihr doch nicht die Aussicht auf eine gute Partie verderben.«
Doch Gabrielle sah, dass außer den Malorys niemand in der Nähe war, der sie hätte hören können, und der arme Mann machte bereits ein betretenes Gesicht, obwohl er es bestimmt nur scherzhaft gemeint hatte. Daher lächelte sie und erwiderte: »Ja, ich bin blutrünstig und gemeingefährlich. Schade, dass wir hier keine Holzknüppel haben, dann könnte ich es Ihnen beweisen.«
Anthony lachte in sich hinein. »Gut pariert, meine Liebe.«
Doch Drew flüsterte hinter ihr: »Er denkt, du nimmst ihn auf den Arm, aber ich wünschte ehrlich, du wärst so. Piratinnen sind nicht prüde und scheren sich nicht um Konventionen. Du könntest beweisen, dass du tatsächlich eine bist, indem du die Nacht mit mir verbringst.«
Gabrielle lief auf der Stelle rot an. Doch als sie sich umdrehte, um Drew zurechtzuweisen, und seinen Gesichtsausdruck sah, stockte ihr fast der Atem. In seinen Augen brannte ein derart heftiges Verlangen, als sähe er sie schon in seinem Bett liegen. Und, gütiger Himmel, sie fing an, sich dasselbe auszumalen. Das brachte nicht nur die Schmetterlinge in ihrem Bauch zum Flattern. Ihr ganzer Körper wurde heiß und fing an zu beben! Sie legte die Hand auf die Brust, um ihr klopfendes Herz zu beruhigen.
Hinter ihr erzählte Georgina Roslynn und Anthony von einigen Veranstaltungen, zu denen sie Gabrielle in den kommenden Wochen mitnehmen wollte. Anthony schien jedoch den Wortwechsel zwischen Gabrielle und Drew bemerkt zu haben, denn er erklärte: »Es dürfte nicht lange dauern, einen Ehemann für sie zu finden. Offenbar findet sie die Männer in London durchaus anziehend, sogar die amerikanischen.«
Daraufhin musterte Georgina ihren Bruder eindringlich, dann blitzten ihre Augen kurz auf und sie fragte ihn: »Du hast dich doch benommen, oder?«
Er schenkte ihr ein spitzbübisches Grinsen. »Tu ich das nicht immer?«
Georgina schnaubte. »Nein, tust du nicht. Aber achte von jetzt an darauf.«
Drew schaute seine Schwester an und verdrehte die Augen, als übertreibe sie maßlos, doch Gabrielle
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