Malory
»Worauf sollte ich noch achten?«
»Natürlich auf das, was dir persönlich am besten gefällt.«
»Wie etwa Sinn für Humor, meinst du? Das würde mir an einem Mann schon gefallen.«
»Und weiter?«
»Gutes Aussehen. Das ist mir relativ wichtig.«
Margery verdrehte die Augen. »Nein, ist es nicht. Dieser Millford-Erbe hatte außer seinem hübschen Gesicht auch ein kugelrundes Bäuchlein.«
»Aber nur ein ganz kleines und von diesem Snob brauchen wir gar nicht mehr zu reden«, sagte Gabrielle verächtlich, dann keuchte sie: »Na klar, Snobismus! Das könnte ich nicht aushalten!«
»Was noch?«
»Eine fahle Gesichtsfarbe kann ich nicht leiden. Ich schwö-
re, die Hälfte der Männer, die mir hier begegnet sind, sehen wie Gespenster aus, so bleich sind sie.«
Margery kicherte. »Und woher willst du wissen, wie ein Gespenst aussieht, hm?«
»Du weißt schon, was ich meine.«
»Na ja, aber auf die Gesichtsfarbe würde ich es nicht ankommen lassen, Mädchen. Man braucht den Mann doch nur ein paar Tage in die Sonne zu setzen, dann ist das Problem ge-löst, oder nicht?«
»Das stimmt.«
»Hast du schon mit der Liste angefangen, die du anlegen wolltest?«
»Die mache ich gerade.«
»Dann mach diese Männerjagd nicht noch schwieriger, indem du eine Unmenge von Namen auflistest. Du willst doch nur eine kleine Auswahl, nicht so viele, dass dir das Aussortie-ren Kopfzerbrechen bereitet. Wie viele stehen schon drauf?«
»Nur einige wenige«, entgegnete Gabrielle, dann legte sie die Stirn in Falten. »Ich glaube aber, dass du recht hast. An den beiden anderen Männern, die ich auf die Liste setzen wollte, bin ich gar nicht ernstlich interessiert. Damit bleibt im Moment nur Wilbur Carlisle.«
»Magst du ihn?«
»Er ist schon fast zu perfekt«, erwiderte Gabrielle stirnrunzelnd. »An ihm ist absolut nichts auszusetzen.«
Margery kicherte. »Kreide ihm das bloß nicht als Fehler an, Gabby, also hör auf, die Stirn zu krausen und bedenke, dass du bislang erst zwei Gesellschaften besucht hast.«
Gabrielle grinste. »Ich weiß. Georgina hat mir versichert, dass es noch viel mehr Männer zu treffen gibt. Aber ich hoffe, Wilbur kommt einmal vorbei, damit du ihn dir ansehen kannst. Ich würde gern deine Meinung hören ...«
»In Ordnung, aber ich habe nichts dazu zu sagen und ich sollte mich auch nicht einmischen«, erwiderte Margery.
»Denn du hast deine Frage bereits selbst beantwortet, nicht wahr? Du weißt ganz genau, was du von einem Mann erwar-test. Also mach ruhig deine Liste, aber folge am Ende deinem Herzen.«
Mehr sagte Margery nicht zu dem Thema. Sie half Gabrielle wie jeden Morgen beim Ankleiden und ging dann eine Tasse Tee trinken, während Gabrielle sich an den Frisiertisch setzte, um sich die einfache Frisur zu machen, die sie tagsüber bevorzugte. Doch Margerys letzte Bemerkung ging ihr nicht aus dem Sinn, insbesondere, dass sie bereits wisse, was sie von einem Mann erwarte. Es kam ihr seltsam vor, dass Margery Mann anstatt Ehemann gesagt hatte. Was sie allerdings überhaupt nicht wunderte, war, dass ihr bei dem Begriff Mann nur der Name Drew einfiel. Und schon überkam sie erneut der Schwindel – und die Verzweiflung, die sie in der vergangenen Nacht so lang wach gehalten hatte.
Doch beim Gedanken daran, wie gut es sich angefühlt hatte, als er sie beim Tanzen im Arm gehalten hatte, fing Gabrielle bald an, über Wege nachzusinnen, wie sie ihre eigenen Einwände gegen ihn überwinden konnte – und seine Einwände gegen sie. Ihr Hauptargument gegen Drew – nein, eigentlich sogar das Einzige, was gegen eine Beziehung mit ihm sprach –
war die Tatsache, dass er ein Seemann war. Das lehnte sie ab, weil sie nicht Monat für Monat traurig zu Hause sitzen und auf die Rückkehr ihres Mannes warten wollte, so wie ihre Mutter es getan hatte. Es ist sinnlos, einen Mann zu lieben, der die See liebt. Das war ihr seit ihrer Kindheit eingebläut worden und sie hatte sich den Rat zu Herzen genommen. Doch dann war sie selbst zur See gefahren und hatte entdeckt, dass sie das Segeln liebte. Also, wo stand geschrieben, dass sie zu Hause bleiben und ihren Mann allein an Bord gehen lassen musste? Warum konnte sie nicht mit ihrem Mann auf See leben?
Sobald ihr dieser Gedanke kam, war die Verzweiflung wie weggeblasen und nur der Schwindel blieb. Drews Einwände gegen eine Beziehung mit ihr waren weniger gewichtig. Er wollte nur nicht heiraten. Aber vielleicht glaubte er das bloß.
Und das wiederum mochte daran
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