Malory
besser vor Margery in Acht nehmen sollen, denn sie ging zu ihm hinüber und trat ihn gegen das Bein, das er auf dem Boden ausgestreckt hatte.
»Wenn du heil hier herauskommen willst, behältst du solche Gedanken besser für dich, Yankee. Unsere Gabby ist nichts für Kerle wie dich.«
Drew zog den nackten Fuß an sich, um ihn zu reiben, und erwiderte: »Für wen ist sie denn?«
Gabrielle wurde sehr still. Sie hätte zwar gern eingegriffen, doch Margery kam ihr mit ihrer Antwort zuvor. »Für den Ehemann, den sie bald haben wird, und das wirst ganz bestimmt nicht du sein, verstanden?«
Margery kehrte zum Tisch zurück. Drew murmelte etwas vor sich hin, doch niemand verstand ihn und anschließend ignorierten sie ihn einfach.
Bixley begann, darüber nachzudenken, wie lange er schon bei Nathan war. »Ohr hat für mich gebürgt und Nathan hat mich vom ersten Moment an wie ‘nen alten Freund behandelt.
So ist er eben. Sieht in allen nur das Gute. Ich liebe ihn wie einen Vater.«
»Du liebst bloß die Schatzsuche«, zog Ohr ihn auf.
»Na ja, die auch.« Bixley grinste und sagte scherzend zu seinem Freund: »Willst du etwa behaupten, du nich’? Na los, wag es.«
»Ich segle nur gern mit Nathan«, erwiderte Ohr. »Du bist nicht der Einzige, der ihn wie einen Vater liebt.«
»Stimmt, mit der Suche nach deinem echten Vater hast du nie Erfolg gehabt, oder? Obwohl es das war, was dich in diesen Teil der Welt geführt hat.«
Ohr starrte vor sich hin. Einen Moment lang dachte Gabrielle, er schaue Drew an, doch sein Blick schien in die Ferne gerichtet zu sein. Er sagte leise: »Ich habe ihn gefunden, oder besser gesagt, ich habe herausgefunden, dass er tot ist.«
»Oh, Ohr!«, rief Gabrielle und ging um den Tisch, um ihren Freund zu umarmen. »Es tut mir so leid.«
Ohr klopfte ihr auf den Rücken. »Das muss es nicht. Ich habe den Mann doch gar nicht gekannt. Und er hatte eine andere Familie. Vielleicht werde ich mich eines Tages bei ihr vorstellen – vielleicht aber auch nicht. Ich habe jetzt meine eigene Familie«, sagte er abschließend und schenkte Gabrielle, die gerade an ihren Platz zurückkehrte, ein zärtliches Lächeln.
Er meinte wohl sie und Nathan und Nathans Crew. Richard kam zu dem gleichen Schluss, denn er warf Ohr eine Serviette an den Kopf und protestierte: »Ich habe als Erster gesagt, dass das meine Familie ist.«
Da schubste Bixley ihn mit der Bemerkung vom Stuhl: »Zu dumm, Kamerad. Wir waren lange vor dir bei Nathan.«
»Immer langsam«, ging Margery dazwischen. »Nathans Herz ist so groß, dass ihr alle darin Platz findet.«
Plötzlich spürte Gabrielle die Tränen kommen. So viele Nächte hatten sie in ähnlich fröhlicher Runde zusammenge-sessen und Nathan hatte stets etwas zum Spaß beizutragen gehabt. Doch er war nicht mehr bei ihnen, sondern steckte in einem dunklen, feuchten Kerker und ...
»Weine nicht, Gabby«, sagte Drew unvermutet. »Bald hast du deinen Vater wieder.«
Erstaunt über diese Bemerkung, die recht fürsorglich geklungen hatte, drehten alle sich zu Drew herum. Prompt zog der Mann sich wieder in sich selbst zurück, wohl verärgert über sich selbst, dass er überhaupt etwas gesagt hatte. Daraufhin kümmerten die anderen sich so lange um Gabrielle, bis sie wieder lachte.
Als sie nach dem Essen die Kabine verließ, folgte Richard ihr nach draußen. Sie blieben eine Weile an der Reling stehen.
Ein heller Mond schien durch eine leichte Wolkenbank. Er tauchte das Deck in sanftes Licht und spiegelte sich wunderschön auf dem Wasser. Normalerweise liebte Gabrielle solche Nächte auf See, wenn der Mond die Dunkelheit fernhielt. Es war ein friedliches Bild, aber schwer zu genießen, bei all den Gefühlen, die sie verwirrten.
Ohne Richard anzusehen, sprach sie einige dieser Gefühle an. Er war ihr engster Freund und er hatte bereits erraten, dass sie sich zu Drew hingezogen fühlte, daher erzählte sie ihm mehr, als sie den anderen verraten wollte.
»Ich habe ihn ernsthaft als Ehemann in Betracht gezogen.
Kannst du das glauben? Obwohl ich wusste, dass er ein einge-fleischter Junggeselle ist, aber ich war dumm genug zu denken, ich könnte seine Meinung ändern und ihn dazu bringen, um meine Hand anzuhalten. Aber er war bloß an einer Stipp-visite in meinem Bett interessiert.«
»Als treuer Freund nehme ich an, er ist nicht einmal in die Nähe deines Bettes gelangt?«
Statt einer Antwort schnaubte Gabrielle. »Ich glaube nicht einmal mehr, dass er es ernst gemeint
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