Malory
anzustarren.«
Roslynn mied den Blickkontakt zu ihrer Beschützerin.
»Vielleicht sind Sie es, die er anschaut.«
»Ausgeschlossen. Aber solange keiner der hier Anwesenden ganz sicher ist, wen von uns beiden er mit Blik-ken verschlingt, werden Sie nicht kompromittiert.«
»Ah, da bist du ja, Ros!« Frances gesellte sich zu ihnen.
»Lord Grahame hat gerade nach dir gefragt. Er behauptet, du hättest ihm den Walzer versprochen.«
»Das habe ich«, seufzte Roslynn. Es war höchste Zeit, Anthony Malory zu vergessen und sich wieder an die Arbeit zu machen. »Ich hoffe nur, daß der Kerl jetzt ein biß-
chen mehr aus sich herausgeht, damit ich etwas Interessantes über ihn erfahre.«
Dann fiel ihr mit Schrecken ein, daß ihre unbedachten Worte Lady Eden sehr seltsam berühren mußten, aber Regina lächelte vergnügt. »Schon gut, meine Liebe. Frances hat mich in groben Zügen über Ihre Situation aufge-klärt. Wissen Sie, ich hatte das gleiche Problem, als ich nach einem Ehemann Ausschau hielt. Aber im Gegensatz zu Ihnen mußte bei mir auch noch die ganze Familie meine Wahl billigen, und das machte die Sache außerordentlich schwierig, denn kein Mann war ihnen für mich gut genug. Ein wahres Glück, daß mein Nicholas mich kompromittiert hat, sonst wäre ich vielleicht heute noch immer auf der Suche.«
Frances war sichtlich schockiert. »Aber ich dachte, du wärest ihm versprochen gewesen!«
»Das wurde nach der Bekanntgebung allgemein vermutet, aber in Wirklichkeit hatte er mich entführt, in der irrigen Annahme, ich wäre seine derzeitige Geliebte, und dieser kleine Irrtum kam heraus. Oh, er brachte mich unverzüglich nach Hause, nachdem er seinen Irrtum bemerkt hatte, aber da war es schon geschehen. . . Und da er ein eingefleischter Junggeselle war, mußte man ihn mit Gewalt zum Altar schleppen. Aber inzwischen hat er sich großartig mit der Ehe abgefunden. Das be-weist nur wieder einmal, daß ein Mann, der in jeder Hinsicht ungeeignet zu sein scheint, sich durchaus als Glückstreffer erweisen kann. Das läßt sich nie im voraus sagen.«
Die letzten Worte waren für Roslynn bestimmt, fielen bei ihr aber nicht auf fruchtbaren Boden. Ihre Aufgabe war ohnehin schon schwierig genug, da konnte sie sich nicht
auch
noch
mit
unberechenbaren
Männern
abge-
ben. Sie war keine Spielernatur und hatte nicht die Absicht, eine totale Niete zu ziehen.
Mit dem festen Vorsatz, Weiberhelden auch weiterhin aus dem Wege zu gehen, machte sie sich auf die Suche nach Lord Grahame.
Kapitel 8
Das Wetter an diesem Morgen hätte selbst auf Bestellung nicht schöner sein können. Deshalb waren auch fast dreimal soviel Reiter wie sonst zu so früher Stunde im Hyde Park
unterwegs.
Nachmittags
wurden
Spazierfahrten
unternommen;
dann waren
auf den
ländlich anmuten-
den Wegen Kutschen aller Art zu sehen. Morgens konnte man hingegen unbehindert reiten, ohne auf Schritt und Tritt Bekannte zu treffen, mit denen man Konversation treiben mußte.
Anthony Malory war an diesem Morgen gezwungen, seinen üblichen harten Galopp durch den Park zugun-sten eines schnellen Trabs aufzugeben, denn er bezweifelte, daß Reggies Stute mit seinem kraftvollen Hengst Schritt halten könnte, und nachdem das Frauenzimmer darauf bestanden hatte, mit ihm auszureiten, mußte er sich wohl oder übel ihrem Tempo anpassen.
Er hatte einen bestimmten Verdacht, worüber sie mit ihm sprechen wollte, und er war nicht sicher, ob er über die Dame vom Vorabend diskutieren wollte. Als Reggie aber ihr Pferd zügelte und gleichzeitig James und Jeremy zuwinkte vorauszureiten, wußte er, daß es für ihn kein Entrinnen gab. Das kleine Schätzchen konnte manchmal unangenehm beharrlich sein.
»Als ich dich bat, heute morgen mit mir zu reiten, dachte ich, daß wir allein sein würden«, begann Regina mit einem leichten Anflug von Ärger. »Daß Jeremy mitkommen wollte, kann ich ja noch verstehen, aber Onkel James? Er steht doch selten vor Mittag auf.«
Anthony hatte sowohl seinen Bruder als auch seinen Neffen nur unter Aufbietung aller Überredungskünste aus den Betten und in die Sattel bekommen. Doch auch das hatte ihm nichts genutzt. Dieser verdammte James! Obwohl er genau wußte, daß Anthony ihn nur mitgeschleppt hatte, um eine unverfängliche Konversation sicherzustellen, trabte er jetzt fröhlich von dannen und bedachte Anthony auch noch mit einem amüsierten Grinsen.
Anthony zuckte unschuldig die Achseln. »Was kann ich denn dafür? James hat seine
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