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Maltas Geheimnis

Titel: Maltas Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Lebeck
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sich und ihr Körpergewicht anvertrauen wollte, aber dann stellte sie fest, dass es nahezu ideale Kletterbedingungen waren. Sie sah mit einem kurzen Blick nach unten, dass Raul inzwischen aufgestanden war, sich aber offensichtlich nicht traute, auch nur einen Ton zu sagen. Mit großen Augen und offenem Mund starrte er sie an. Auf seinem Gesicht spiegelte sich jene Angst wider, die auch Alisha bei ihrem Aufstieg empfand.
    Als sie das nächste Mal hinabsah, hatte sie schon mehr als zwei Drittel der Wand geschafft und konnte bereits sehr deutlich das dunkle Loch über ihrem Kopf erkennen. Langsam schwanden ihr aber die Kräfte und sie spürte, wie ihre Finger krampften. Sie konnte nicht mehr. Weder hinauf noch hinunter. Sie überlegte, ob sie einfach loslassen sollte, damit alles endlich ein Ende hätte. Doch sie dachte an Axel und sein Gesicht, wie er sie ansah und lächelte. Wie ein Roboter kletterte sie weiter. Sie biss sich auf die Lippen und Tränen ließen ihr über die heißen Wangen. Als sie nur noch wenige Meter zurückzulegen hatte, keimte plötzlich wieder Hoffnung in ihr auf und sie biss sich so stark auf die Lippen, dass sie den schalen Geschmack ihres eigenen Blutes spürte. Sie war schon so weit gekommen, jetzt konnte sie nicht aufgeben. Erfüllt von diesem Gedanken erreichte sie den Rand des dunklen Loches, zog sich hinein und blieb schnaufend, aber unendlich glücklich liegen. Ein leises Glucksen stieg ihre Kehle hinauf und entfaltete sich zu einem leicht hysterischen Lachen. Sie war am Ende ihrer Kräfte. Rauls Jubelschrei, der schallend zu ihr nach oben dröhnte, gab ihr das Gefühl, auf einer Bühne nach einem gelungenen Konzert von der Menge umjubelt zu werden. Und wieder kamen ihr die Tränen. »Nun reiß dich aber mal zusammen, Alisha!«, murmelte sie zu sich selbst.
    Nachdem sie eine Weile verschnauft hatte, drehte sie sich auf dem Bauch liegend um und schaute über den Rand nach unten. Dort Raul und winkte zu ihr hinauf. Sorgfältig wickelte sie das Seil von ihrem Körper ab und schaute sich nach etwas um, woran sie das eine Ende festbinden konnte. Sie sah an beiden Seiten der Wände zwei noch gut erhaltene Fackelhalter, in denen sogar noch abgebrannte Fackeln steckten. Ohne weiter nachzudenken riss sie einen der Fackelreste heraus, befestigte ein Seilende an der Halterung und zog einmal kräftig daran, um sicher zu gehen, dass die Halterung hielt. Danach warf sie das andere Ende den Felsendom hinab.
    »Vergiss meinen Rucksack nicht, wenn du herauf kletterst!«, rief sie nach unten und ergriff das Seil mit beiden Händen, um Rauls Aufstieg doppelt zu sichern.
    Laut schallend und verzerrt wurden ihre Worte von den Wänden zurückgeworfen.
    Zehn Minuten später schob sich Raul keuchend und japsend über den Felsrand. Völlig erschöpft blieb er auf dem Boden liegen. Alisha konnte sie sich ein befreiendes Lachen nicht verkneifen.
    »Ich mochte Seilklettern noch nie«, murmelte Raul schwer atmend und grinste dabei schief, während Alisha das Seil wieder vollständig heraufzog. »Das war großartig von dir. Ich hatte so eine Angst um dich. Ich hab das nicht für möglich gehalten, dass du…«
    Er verstummte schlagartig. Sie verstand nicht, warum er sie plötzlich in den Gang hinein stieß, ihr ganz schnell die Hand auf den Mund presste und sie so umklammert hielt, dass sie nicht zurück in den Felsendom schauen konnte.
    »Sei ganz leise und schalte sofort deine Helmlampe aus«, hörte sie Raul flüstern, während er die Hand wieder von ihrem Mund nahm.
    Gehorsam knipste sie genau in dem Moment ihre Lampe aus, als auch Rauls Helmlampe erlosch. Es wurde augenblicklich so dunkel, dass sie nicht einmal ihre Hand vor Augen sehen konnte und das Gefühl für den Raum verlor. Sie fühlte sich von Raul auf den Boden gezogen, dabei eine Drehung vollziehend.
    »Komm ganz leise mit an den Rand«, kam die nächste gewisperte Anweisung von ihm und sie fragte sich, was dieses Theater eigentlich sollte. Trotzdem robbte sie, dicht an Raul gepresst ganz langsam bis zum Felsrand vor.
    »Was soll das?«, zischte sie ihn an. »Wir können doch so nichts sehen. Es ist viel zu dunkel hier!«
    »Wart´s ab«, wisperte er leise.
    Als sie mit den Händen den Rand ertastete, zog sie sich so weit nach vorne, bis sie nach unten blicken konnte – und nun wusste sie, was Raul gemeint hatte – Ihr stockte der Atem.
    Tief unter ihr, in dem Raum, in dem sie vor kurzem selbst noch ratlos herumgestanden hatten, wanderten mehrere

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