Mama muss die Welt retten - wie Mütter vom Wickeltisch aus Karriere machen
mehr dieser Taschen, zunächst für die vielen Kindergeburtstage, denn in ihremMütterfreundeskreis waren alle ganz verliebt in die selbstgemachten Stoffbeutel, dann schließlich, um sie auf der damals noch neuen Online-Verkaufsplattform DaWanda einzustellen und zu verkaufen.
DaWanda wurde 2006 von Claudia Helming und Michael Pütz als klassisches Start-up-Unternehmen in Berlin gegründet und ist heute mit mehreren Länderbüros nicht nur das größte Verkaufsportal für Selbstgemachtes in Deutschland, sondern auch in sieben Sprachen verfügbar. Anders als e-Bay darf bei DaWanda , wo allerdings mittlerweile auch Vintage-Produkte angeboten werden, nur Selbstgemachtes verkauft werden. Ob Kleider, Bastelware, Modeschmuck oder auch Möbel, egal – Hauptsache, die Waren sind individuell und in Handarbeit hergestellt.
Laut aktueller Firmen-Statistik stellen bei der Plattform derzeit rund 130 000 Hersteller ihre Waren ein. Dabei sind 45 Prozent der Mitglieder Mütter, von denen 59 Prozent selbst als Online-Verkäuferinnen aktiv sind. Viele nutzen das Portal während der Elternzeit, erst zum Zeitvertreib, dann für den Sprung zurück ins Berufsleben, erklärt die Gründerin Claudia Helming in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit . Zehn Prozent von ihnen führten dabei ihren Shop mittlerweile in Vollzeit und sicherten so ihr Einkommen. So wie Regina Packeiser.
»Ich glaube, man könnte davon leben, wenn man sich sehr einschränkt«, sagt sie vorsichtig in ihrer bescheidenen Hamburger Art. Regina stieg 2008 zu einem Zeitpunkt bei der Onlineplattform ein, als das heutige Riesenunternehmen in seinem dritten Jahr nach der Gründung war. Und sie bewies das richtige Gespür, als sie ihren Onlineshop einrichtete und nach einem besonderen Produktsuchte, das ihren Shop unverwechselbar macht. Und nach einigen Versuchen und einigem Herumprobieren entschied sie sich für Mutterpasshüllen. 25 Euro nimmt Regina pro Hülle, bei einer personalisierten Anfertigung auf Wunsch sind es 30 Euro. Mehr mag die Hamburgerin nicht nehmen, sonst wird es zu teuer, findet sie.
Die Verkaufsbedingungen der Plattform sehen folgendermaßen aus: Das Online-Portal erhält für jedes verkaufte Produkt eine Provision von fünf Prozent des Verkaufspreises. Dazu kommt eine Gebühr für das Einstellen eines Produktes, die, abhängig vom Verkaufspreis, zwischen 10 und 30 Cent liegt. Während Regina erzählt, gelassen ihren Tee trinkt und gelegentlich aus dem Fenster schaut, bewundere ich ihre Organisation. Bis zum heutigen Tag hat sie 3 350 Teile online verkauft, durchschnittlich also mehrere Bestellungen am Tag, bei denen sie zunächst die Käuferanfrage beantworten, das Produkt herstellen, es zu Post bringen und die Abrechnung machen muss. Das alles macht sie allein. Auf meine Frage hin, ob sich mittlerweile eine Aushilfe lohnen würde, zuckt sie mit den Schultern. Da ist das Platzproblem, sie näht und werkelt in ihrem Wohnzimmer, da ist es schwierig, noch eine Aushilfe einzubinden. Das Verpacken und der Versand sind natürlich auch zeitraubend, aber allein hierfür eine Angestellte einzustellen, lohnt sich dann eben doch nicht.
In den letzten Jahren hat Regina eine richtige Arbeitsroutine entwickelt und ihren Job in ihr Familienleben integriert. Um halb acht trifft sich die ganze Familie zum Frühstück in der Küche. Wenn ihr Mann und ihre Kinder das Haus verlassen, beginnt Reginas Tag mit Erledigungen im Haushalt. Dann setzt sie sich mit einer Tasse Tee an denRechner, um ihre Mails zu lesen und neue Bestellungen aufzunehmen oder ihre Buchhaltung zu machen. Danach wird genäht. Währenddessen hört sie Hörbücher aus der Bücherei. Wenn es »flutscht«, sagt sie, braucht sie für eine Hülle eine Stunde. Dann wird das Werk fotografiert, verpackt und versendet. Gegen 17 Uhr kommt ihr Mann meistens nach Hause, mit dem sie Kaffee trinkt und einen Keks isst. Danach näht sie meistens noch bis zum Abendessen weiter. Ihre Arbeit macht Regina Spaß, und zwar bei jeder einzelnen Hülle, jedem Kissen oder Tragebeutel.
Das Schönste sei, dass sie mit Lob für die Hüllen, die mir während meiner Schwangerschaft bei den nervigen Vorsorgeuntersuchungen bestimmt auch gute Laune gemacht hätten, überschüttet wurde. Und so kommt es, dass der Strom an Bestellungen offenbar nie versiegt. Und manchmal, an den Feiertagen oder um Weihnachten herum, wenn es dann »zu verrückt« wird, muss sie sogar die Notbremse ziehen und den Shop für ein paar Tage
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