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Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig

Titel: Mama Mutig - Virnich, B: Mama Mutig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Birgit;Lolosoli Virnich
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ließen sie uns ziehen. Selbst die störrische Ziege, die anfangs noch gebockt hatte, fügte sich auf wundersame Weise und folgte uns widerstandslos, als ob auch sie spürte, dass hier etwas ganz Besonderes passierte.
    Mit der Zeit gewöhnten sie sich an unseren Anblick und wir uns an die ständigen kleinen Reibereien, die wir zunehmend belustigend fanden, je selbstbewusster wir wurden. In den kleinen Läden wurden wir sehr schnell zu angesehenen Kundinnen. Wir galten als zuverlässig, was Geld anging, zahlten unsere Schulden immer sofort zurück und waren die Einzigen, die Vorbestellungen aufgaben und die Ware dann auch pünktlich bezahlten. Die Ladenbesitzer begannen ausgiebig mit uns zu plaudern. Wenn sie sich unbeobachtet fühlten, erkundigten sie sich sogar nach dem Dorf und dem Bau der Manyatta. Die jüngeren Männer staunten und gewöhnten sich daran, dass die Frauen aus Umoja nun regelmäßig in Archer’s Post auftauchten und einkauften. Die älteren Herren schnitten uns jedoch weiterhin und sprachen voller Verachtung über uns.
    Früher wäre es nicht möglich gewesen, außerhalb der Samburu-Gesellschaft zu leben. Jetzt bewiesen wir mit unserem Frauendorf, dass wir allein klarkamen. Das Dorf wurde zum Symbol für ein neues Leben. Nach und nach kehrte Ruhe ein. Nachdem die ersten Manyattas gebaut waren, saßen wir jetzt immer häufiger zusammen und fädelten Perlen auf, lachten und sangen. Die Frauen verkauften die Ketten zunächst am Wegesrand direkt an Touristen, doch bald lotsten sie auch die ersten Reisenden in unser Dorf. Dort begrüßten wir Frauen sie mit einem traditionellen Begrüßungstanz, erzählten ihnen etwas über die Kultur der Samburus und die Geschichte unseres Frauendorfs und meistens kauften sie dann völlig begeistert
etwas Schmuck. Unten am Fluss hackten wir mit unseren Pangas den Weg frei und errichteten einen Campingplatz. Für ein paar Schilling konnten Rucksackreisende hier nun ihre Zelte aufschlagen oder in ihren Geländewagen übernachten. So bauten wir uns langsam eine eigene Existenz auf. Die Muster unseres Schmucks waren uralt. Doch unser Lebensstil konnte kaum moderner sein. Wir hatten uns von unseren Männern losgesagt, obwohl wir laut unserer Tradition durch eine Ehe zu ihrem Besitz geworden waren.
    Bald hörten wir, dass ein paar Männer, deren Frauen bei uns lebten, ihrerseits ein Dorf gegründet hätten. Die meiste Zeit hingen sie aber in Archer’s Post herum, warteten darauf, dass einige von uns zum Einkaufen auftauchten, beobachteten uns mit Argwohn und machten uns Vorhaltungen. »Es ist nicht normal, dass Frauen allein leben«, schimpften die Jüngeren. »Frauen können nicht ohne Männer überleben.« – »Das sieht man ja an euch«, entgegneten unsere Frauen schadenfroh. Ohne ihre Frauen verwahrlosten die Männer ganz offensichtlich. Keiner kochte für sie und ihre Kleidung war ungewaschen. Neidisch beäugten sie uns. In kürzester Zeit hatten wir es geschafft, ein ganzes Dorf aus mehreren Hütten zu bauen, während sie den ganzen Tag über unter einem Baum saßen und nicht eine einzige Manyatta errichteten. Es hatte sich schnell herumgesprochen, welche Fortschritte wir machten. Nach und nach schwand unsere Angst vor ihnen. Bis auf ein paar Männer, die neugierig nach uns glotzten und uns zuweilen betrunken auflauerten, gab es keine Vorfälle.
    Die Samburu-Männer hatten kein Verständnis für unseren Wunsch, allein zu leben, zumal sie selbst große Schwierigkeiten hatten, ohne uns klarzukommen. Anfangs drohten sie uns noch Prügel an, doch irgendwann begriffen sie, dass es sinnlos war. Sie hatten die Macht über uns verloren und konnten das Rad nicht mehr zurückdrehen. Unsere Eigenständigkeit wurde zur permanenten Provokation für die ausgesprochen
traditionsbewussten, stolzen Nomaden. Als wir dann auch noch genug Geld hatten, uns drei Handys anzuschaffen, die in Kenia gerade auf den Markt gekommen waren, verfluchten sie uns in alle Ewigkeit. Für uns waren die mobilen Telefone eine Frage der Sicherheit. Ein Handy blieb immer im Dorf, sodass wir dort erreichbar waren, eines nahmen die Frauen mit, wenn sie Holz suchten oder im Dorf Besorgungen machten, und das dritte trugen diejenigen, die am Straßenrand Ketten verkauften. Seit wir die Handys mit uns führten, war es zu keinen Überfällen mehr gekommen. Doch nun drohten uns die Männer, uns von unserem Land zu verjagen. »Als Frauen dürft ihr überhaupt kein Land besitzen«, riefen sie schadenfroh. »Ihr habt

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