Man lebt nur ewig
bringen durchaus Würze in ihr Leben. (Ha! Wortspiel!) Als wir fertig wa- ren, sah die Kombüse aus wie die Kulisse einer Kochsen- dung. Halb rechnete ich damit, dass eine magersüchtige Fernsehköchin aus dem Besenschrank kommen und das Rezept für die Mini-Kebabs vorstellen würde.
»Ich bin am Verhungern«, erklärte Cole, der gerade die Hände voller Brownies hatte. »Und da auf diesem Tablett sowieso kein Platz mehr ist …« Er stopfte sie sich alle auf einmal in den Mund.
»Cole!« Cassandra verpasste ihm einen Schlag auf die Schulter.
»Wa…« Als er den Mund aufmachte, sah man nur halb gekauten Brei.
»Wie alt bist du?«, fragte ich und warf mit einer Krabbe nach ihm, die sich in seiner Perücke verfing. Bergman fischte sie raus und legte sie zurück auf die Servierplatte.
»Also, das ist wirklich eklig«, sagte Cassandra.
»Kinder!« Vayls Stimme dröhnte in unseren Ohren, so laut und unerwartet, dass wir schuldbewusst zusammen- fuhren. »Ich gehe davon aus, dass ihr gerade nützliche Arbeit leistet.«
»Reg dich ab, Vayl«, erwiderte ich. »Bergman bereitet nur gerade ein Experiment vor, um herauszufinden, wie Vampire auf braune Perückenhaare im Essen reagieren.«
»Das macht mich jetzt neugierig, Vayl«, schaltete sich Cole mit zuckersüßer Stimme ein, die mich an Winnie the Pooh nach einem Honiggelage erinnerte. »Hast du es schon mal mit einer blonden Perücke versucht? Du weißt doch, Blonde haben mehr Spaß im Leben.«
»Nicht, wenn sie im Krankenhaus liegen.«
Cole nahm eine Haltung an, die ihm erstaunliche Ähn- lichkeit mit dem Trottel verlieh. »Ach du meine Güte, sind wir heute aber fies.«
Während der nächsten drei Minuten versuchten wir krampfhaft, unsere Lachanfälle unter Kontrolle zu krie- gen und die, die uns doch entkamen, als Husten zu tar- nen. Bevor wir mit der Arbeit fertig waren, tränten uns die Augen, und wir keuchten wie eine Gruppe Kettenrau- cher. Manche Leute spielen Videospiele, wenn sie unter Stress stehen. Andere treten ihre Hunde, schlagen ihre Frauen oder kriegen einen Herzinfarkt. Ich lache. Nor- malerweise genau zum falschen Zeitpunkt. Offenbar hat- te meine Crew sich angesteckt. Aber es funktionierte. Tatsächlich war es genau das, was wir brauchten, um un- sere Rollen entspannt spielen zu können.
Nachdem wir Yettas Karte studiert und herausgefun- den hatten, wo wir unsere Leckereien platzieren muss- ten, schnappten wir uns die Kartons mit der Aufschrift »Tischdekoration«, packten die Getränke, ein paar Ta- bletts und das Geschirr auf einen Wagen und machten uns auf den Weg nach oben.
Wir erreichten einen großen, offenen Raum, der im hin- teren Teil einen formellen Essbereich, im vorderen Viertel einen Entertainment-Bereich inklusive Flügel und eine Ecke mit einem künstlichen Kamin aufwies, vor dem je- mand zwei dick gepolsterte Sofas und sechs Stühle aufge- stellt hatte. Glänzendes Ahornholz harmonierte farblich mit kräftigen Blautönen und einem Hauch Elfenbein. Schick, schick.
Wir gingen durch eine Glastür auf das Außendeck. Cole blieb direkt hinter der Tür an der Selbstbedienungsbar stehen, um sie aufzufüllen und ein paar Kameras anzu-
bringen. Ein Sonnensegel bot Schutz vor dem Wetter, doch es befand sich mindestens drei Meter über dem Deck, hier waren also keine Kameras möglich. Um die Reling war goldene Seide gewickelt worden, was bedeu- tete, dass alles, was wir dort anbrachten, entweder von dem wehenden Stoff verdeckt werden, am Morgen von einer Reinigungskraft gefunden oder von einem Hintern in die Bucht befördert werden konnte. Alles andere war tragbar. An der Steuerbordseite waren Stühle aufgereiht, ähnlich wie in einem Wartezimmer. An Backbord warte- ten zwei kahle, ein wenig verlegen wirkende Buffettische auf unsere Aufmerksamkeit.
»Zeit, sich umzusehen«, murmelte ich. Cassandra nick- te, und während sie gemeinsam mit Bergman damit be- gann, die Tischdecken windfest zu machen, ging ich zu- rück in die Kombüse. Dort schnappte ich mir ein Tablett mit winzigen Sandwiches und ging wieder durch den Türbogen. Doch anstatt die Wendeltreppe hinaufzuge- hen, wanderte ich in den angrenzenden Korridor. Vorbei an mehreren geschlossenen Türen, die zu den Mann- schaftsquartieren führten, ging ich bis zum Ende des Flurs, wo eine Metalltreppe zur Brücke führte.
Was für ein Anblick. In die Wand eingelassene Lampen, Schränke aus Ahornholz und das modernste nautische Equipment geben dem Ganzen das Outfit eines Kreuz-
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