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Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition)

Titel: Man muss das Kind im Dorf lassen: Meine furchtbar schöne Jugend auf dem Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Gruber
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wär’. Da hätt’ ich ja meinen Führerschein nie mehr kriegt.«
    Der Flocki machte sich also zusammen mit dem Bauernsohn, dem Girgl, und einer Schaufel auf den Weg zurück zu seinem Pick-up, der immer noch seine Schnauze tief – fast schon, als ob er ein bissl beleidigt wäre – in das Flussufer vergraben hatte. Der Einzige, der nicht mehr da war, war der Ire. Weg. Verschwunden. Der Rucksack war noch da, aber vom Iren gab es nur noch die Blutspuren im Wagen. Fast eine halbe Stunde lang suchten der Flocki und der Girgl die Umgebung ab, bis sie den schwer blutenden Iren endlich irgendwo im Feld liegend fanden.
    »Dann war er also doch ned tot, der Ire?«
    »Erst scho. Dann aber doch ned. Magst ja gar ned glauben, wie zaach (zäh) diese Iren san. Aber mei, so wie die saufen!«
    »Ja, und dann? Was habts dann gmacht?«
    »Dann ham mir den Iren zum Bauernhof tragen. Der hat ja blutet wie die Sau.«
    »Ihr habt’s keinen Krankenwagen gerufen?«
    »Geh, wegen die paar Schnittwunden. Außerdem hätten die mir doch die ganze Geschicht ned glaubt. Die hätten nur gedacht, mir ham im Suff graufft. Und dabei mag ich doch den Kerl so gern.«
    »Und wer hat dann die Wunden versorgt?«
    »Mir zwei. A paar Pflaster und a Bepanthen-Creme. Nach zwei Wochen war der wieder fit wie ein Wiesel.«
    »Und was ham die anderen Leut’ am Bauernhof dazu gsagt, dass da ein Fremder in einem von ihre Betten liegt, der blutet wie abgestochen?«
    »Nix. Weil sie’s gar ned gmerkt ham. Was meinst, wie groß dem Girgl sein Hof ist, und in des Kammerl, wo mir den Iren hinbracht ham, da is’ nie jemand neikommen, und Essen is’ ja da immer genug da.«
    »Du möchtest mir ernsthaft erzählen, dass auf dem Hof nie einer gmerkt hat, dass da a schwer verletzter Mensch in einem von ihre Zimmer gelegen is’?«
    »So schwer verletzt war der ned. Und gemerkt ham sie’s erst, wie er nach zwei Wochen am Tisch mitgessen hat, da Jimmy.«
    »Da Jimmy, ha?«
    »Ja, da Jimmy. Des is’ mein Freund, da Jimmy.«
    »Da Jimmy, des is’ dein Freund?«
    »Sowieso.«
    »Momenterl, Flocki. Ich fass kurz zusammen: Obwohl du den armen Kerl erst fast zu Tode gerast hast und dann auch noch beinahe bei lebendigem Leib eingraben hättest, is’ er dein Freund??«
    »Logo. Und eingraben hätt’ ich ihn nur, weil ich denkt hab, dass er maustot is’!«
    Der Logik des Flocki kann man sich nur ganz schwer entziehen.
    Eine Geschichte allerdings glaube ich ihm nicht: Der Flocki behauptet nämlich, er hätte die Wirtin seines Stammlokals vor dem sicheren Erstickungstod gerettet. Besagte Wirtin, nennen wir sie Maria, ist nämlich dem Flocki, was Skurrilität und Bauernschläue anbelangt, durchaus ebenbürtig. Und wenn die Maria nicht schon weit über siebzig wäre, dann gäben die beiden wahrscheinlich ein wunderbares Paar ab, das geradezu im Gleichklang der Herzen auf ähnlichem Promillespiegel vor sich hinschwingt. Die Maria mag nämlich das Bier genauso gern wie der Flocki. Darüber hinaus ist sie eine ziemlich gute Köchin – ihr Schweinsbraten mit selbst gemachten Kartoffelknödeln ist legendär –, wobei sie allerdings viel Wert darauf legt, dass die von ihr zubereiteten Speisen komplett aufgegessen werden. Inklusive der hässlichen Viertel-Tomate-auf-schlappem-Salatblatt-Dekoration. Wird die vom Gast verschmäht, kommt sie persönlich an den Tisch geschlurft, hält ihm die selbst gezimmerte Tellerrandzierde unter die Nase und schnauzt ihn an: »Und des? Des leg’ ich aus Spaß hin, oder wia?«
    Gast: »Ja, aber das ist doch die Deko.«
    »Deko. Schau’ ich so aus, als ob ich Zeit hätt’ für a Deko? Des werd gegessen, weil ich hab ja meine Zeit aa ned gstohlen!«
    Widerspruch zwecklos.
    Auch das Argument, dass man leider die üppige Portion, die jeden Maurer aus dem Bayerischen Wald umhauen würde, nicht schaffe, weil man schon satt sei, werden von der Maria eiskalt abgeschmettert, wie Roger Federer das mit einem Matchball von Herrn Nadal macht, zumindest früher.
    »Satt samma? Aha. Hammas a so, ha?«
    »Nein, aber ich kann halt einfach nimmer, Maria.«
    »Ja, ich kann auch oft nimmer, aber zammgessen hab ich allaweil noch!«
    »Dann mach halt kleinere Portionen in Zukunft.«
    »Des sog dir dann schon ich, wie groß die Portionen san, weil ich bin da Wirt, und da Wirt hat das Sagen. Des is’ nämlich ein Wirts haus und kein Gast haus, hast mich!«
    Thema beendet. Der Rest Wammerl wird mit dem übrigen halben Knödel, der die Größe eines Kinderkopfes hat,

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