Man tut, was man kann (German Edition)
zweimal Sex muss auch noch kein Plan stecken, bei dreimal Sex wird die Sache aber periodisch und ab viermal Sex notorisch. Ich bin also jetzt ein Wiederholungstäter und habe wie meine kriminellen Verwandten genau zwei Möglichkeiten: Ich kann einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen, oder ich kann rückfällig werden. Ich bin selbst gespannt, wie es weitergeht.
Da ich mit ein paar Minuten Verspätung ins Büro komme, wartet Herr Engelkes schon. Ich entschuldige mich wortreich und präsentiere ihm einen gutgelaunten und aufmerksamen Vorgesetzten.
Erst jetzt sehe ich, dass Engelkes einen bedrückten Eindruck macht und so gar nichts geblieben ist von der forschen und fordernden Art, die er gestern noch an den Tag gelegt hat. Fast sieht er sogar aus wie ein gebrochener Mann. Seltsam, er hat doch bloß eine Präsentation vergeigt, außerdem gehe ich davon aus, dass sowohl sein künftiger Schwiegervater Dr. Görges als auch dessen reizende Tochter den Vorfall längst als erledigt betrachten. Wenn sich einer hier Sorgen machen muss, dann bin ich es, zumal ich damit rechnen muss, dass der zukünftige Vorstandsvorsitzende Engelkes sauer auf mich ist. Jetzt bin ich doch gespannt, was kommt.
«Schön. Also dann, was kann ich für Sie tun, lieber Herr Engelkes?» Ich klinge derart munter und aufgeräumt, dass es fast zum Kotzen ist.
Engelkes lächelt etwas gequält. «Ich wollte mich einerseits dafür bedanken, dass Sie mir gestern bei der Vorstandssitzung unter die Arme gegriffen haben, und mich andererseits dafür entschuldigen, dass ich nicht auf Sie gehört habe.»
Will er mich verarschen, oder ist das ein Trick?
«Nicht der Rede wert», erwidere ich, um etwas möglichst Unverfängliches zu sagen, außerdem habe ich das Gefühl, der interessante Teil kommt noch.
Er macht eine Pause, ringt mit sich. «Darf ich ganz offen sein, Herr Dr. Schuberth?»
Lieber Herr Engelkes, ich bin so oft von Leuten beschissen worden, die ganz offen zu mir sein wollten, dass es völlig gleichgültig ist, ob Sie mir jetzt tatsächlich Ihr Herz ausschütten oder aus einem Märchenbuch vorlesen. Ich glaube Ihnen sowieso erst mal überhaupt gar nichts. Aber ein anderer Aspekt Ihrer Fragestellung interessiert mich. «Dachten Sie bislang nicht, dass Sie offen mit mir reden können?»
Engelkes sieht mich an. «Ich weiß es nicht. In einer so großen Firma, da muss man ja ständig Angst haben, dass einem irgendwer ein Bein stellen könnte, also nicht Sie jetzt, aber …»
Allerdings, Herr Engelkes, eine sehr richtige Erkenntnis.
«… ich möchte einfach beruflich noch eine Menge erreichen, wissen Sie?»
Ich nicke würdevoll, obwohl ich mit Variationen dieser Aussage in wirklich jedem Vorstellungsgespräch gelangweilt werde. Außerdem habe ich gerade weder Zeit noch Lust, Engelkes bei der Formulierung von Gemeinplätzen zuzuschauen. Also sage ich: «Gut, Herr Engelkes, worauf wollen Sie hinaus?»
Engelkes strafft sich. «Als Sie mir gestern im Vorstand beigesprungen sind, obwohl Sie mein Konzept nicht gut fanden, da wusste ich, dass Sie nicht nur ein sehr anständiger Mensch sind, sondern mir auch ehrlich helfen wollen. Deshalb dachte ich, Sie könnten mir vielleicht einen Rat geben.»
Ihre Annahme basiert auf völlig falschen Schlussfolgerungen, lieber Herr Engelkes, aber wenn Sie mich zu Ihrem Vertrauten machen wollen, dann werde ich Sie bei dieser Eselei selbstverständlich tatkräftig unterstützen.
«Dann raus mit der Sprache.»
Engelkes atmet hörbar aus. «Ich habe mich in die Tochter von Dr. Görges verliebt. Martina und ich haben uns zufällig kennengelernt, außerhalb des Verlages. Ich wusste nicht, wer sie war.»
Ich spiele den Erstaunten. «Aber das ist doch eigentlich sehr schön, wo ist denn das Problem?»
Engelkes lächelt gequält. «Das Problem ist, ich dachte gestern, ich könnte ihren Vater beeindrucken, deshalb habe ich meine Präsentation auch unbedingt halten wollen. Aber wie Sie ja wissen, ist der Schuss kräftig nach hinten losgegangen.»
Ich schaue ihn fragend an. Worauf will er hinaus?
«Dr. Görges weiß noch nichts von mir und Martina …»
Zeit für ein schönes Pokerface meinerseits.
«… und ich befürchte, wenn er hört, dass ein Sachbearbeiter aus seinem Unternehmen mit seiner Tochter anbändelt, dann wird er vermuten, ich mache das womöglich nur um meiner Karriere willen.»
Engelkes, du bist entweder ein sehr geniales Schlitzohr oder ein fußballfeldgroßer
Weitere Kostenlose Bücher