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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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geküsst?»
    Sie sah mich unbeweglich an. Blöde Frage, nächste Frage.
    «Egal», sagte ich schnell, «jedenfalls sollte man nichts überstürzen, wenn man mit dem Sex anfängt. Man kann sich küssen, streicheln, bisschen fummeln und dabei feststellen, ob es einem gefällt.»
    So weit zumindest mein Kenntnisstand von 1979, wo bei mir da gerade noch siedend heiß was einfiel. «Man kann sich auch selbst befriedigen, um festzustellen, was einem Spaß macht. Ich meine damit, man muss sich nicht unter Druck setzen.»
    Tja, Alter, gleich bist du mit deinem Latein am Ende. Noch zwei, drei gute Fragen ihrerseits und zwei, drei total beknackte Antworten deinerseits, dann kannst du deine Tochter gleich zum nächsten Therapeuten fahren, damit die psychischen Schäden deiner bescheuerten Sextheorien so klein wie möglich gehalten werden.
    «Das heißt, man ist nicht komisch, wenn man noch keinen Sex will?»
    Ich ahnte, worauf sie hinauswollte, und schöpfte Hoffnung. «Nein. Natürlich nicht. Du hast alle Zeit der Welt. Du ganz allein bestimmst, ob es passiert und wann es passiert.»
    Sie sah mich an. «Aber du findest es falsch, bis zur Ehe zu warten.»
    Ich stellte mir vor, wie ich gleich aufspringen, aufgeregt auf die Straße laufen und rufen würde: «Zu Hilfe! Wir brauchen einen Therapeuten! Ist hier irgendwo ein Therapeut?»
    Ich atmete hörbar aus. «Nein, ich finde es nicht prinzipiell falsch. Ich denke nur, dass Sex auch viel mit Ausprobieren zu tun hat. Wenn du jemanden heiratest, den du liebst, mit dem der Sex aber nicht so großartig ist, wie es deine Gefühle für ihn sind, dann bist du vielleicht enttäuscht. Und ich möchte nicht, dass du enttäuscht wirst.»
    Sie lächelte. «Was würdest du denn an meiner Stelle tun?»
    Ich überlegte. Ich hatte bis jetzt wahrscheinlich ziemlich viel Mist erzählt, aber immerhin hatte ich nicht gelogen. Ein guter Moment, jetzt nicht damit anzufangen. «Ich würde versuchen, herauszufinden, was ich will …»
    Darum wird es übrigens auch für den Rest deines Lebens gehen, liebe Sophie, aber das ist ein anderer, schwieriger Abend.
    «… und ich würde mich nicht von einer Idee einschränken lassen. Wenn es dich glücklich macht, keinen Sex zu haben, weil du damit bis zur Ehe warten willst, dann ist das völlig okay. Wenn du aber spürst, dein Glück könnte woanders liegen, dann musst du überlegen, ob du dem folgen willst. Denn eigentlich geht es immer nur darum, ob du glücklich bist.»
    Sie sah mich an, schwieg.
    Ich vermutete, mit meinem letzten Statement hatte ich mir satte hundert Peitschenhiebe zusätzlich verdient, aber das war jetzt auch egal.
    Sie zog ihren Teller wieder zu sich, pickte im Sushi, grübelte. Ich winkte die Kellnerin heran, um einen Schnaps zu ordern, besser gleich zwei.
    Sophie grübelte weiter, als ich die Rechnung bezahlte, sie grübelte auf dem Weg zum Auto, und sie grübelte auch auf dem Heimweg. Zum Abschied küsste sie mich auf die Wange, sagte: «Danke. Für alles. Du hast mir ziemlich geholfen, glaube ich», und schenkte mir ein Lächeln.
    Als die Autotür ins Schloss fiel und kurz danach die Innenbeleuchtung langsam erlosch, sah ich gerade noch, bevor es gänzlich dunkel wurde, im Rückspiegel mein Gesicht. Ich lächelte ebenfalls.
     
    Gerade lächle ich wieder. Ich liege neben Kathrin und lächle in die Dunkelheit. Falls ich noch nach Hause will, dann sollte ich jetzt gehen, denn ich merke, dass ich langsam müde werde. Ich bin unentschlossen.
    In diesem Moment rollt Kathrin sich schlafend zu mir herüber und schmiegt sich an mich. Vorsichtig, um sie nicht aufzuwecken, nehme ich ihren Kopf in den Arm. Ich lehne mich zurück, schließe die Augen.
    Für den Moment haben die Götter gesprochen.

HALT DICH FEST
    Ich habe gerade mit Kathrin geschlafen. Es hat sich einfach so ergeben. Wir sind aufgewacht, haben uns angesehen, sie hat gelächelt, mich geküsst, ich habe ebenfalls gelächelt, sie langsam an mich gezogen, und im Handumdrehen lag ich auf ihr beziehungsweise sie auf mir und so weiter. Das Zählen unserer sexuellen Aktivitäten kann ich mir jedenfalls jetzt sparen, denn so wie man vor Gericht spätestens nach vier identischen Verbrechen als Wiederholungstäter eingestuft wird, so muss man sich auch beim Sex irgendwann eingestehen, dass man nach Lage der Fakten zumindest eine Affäre, womöglich aber sogar eine Beziehung unterhält, wenn man andauernd mit derselben Person ins Bett steigt. Einmal Sex kann jedem passieren und hinter

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