Man tut, was man kann (German Edition)
Waschlappen.
«Was soll ich tun, Dr. Schuberth? Ich habe einfach Angst, Martina zu verlieren, sie verehrt ihren Vater. Wenn er mich nicht akzeptiert, dann weiß ich nicht, ob unsere Beziehung von Dauer sein wird. Andererseits kann ich es ihm auch nicht ewig verschweigen.»
Tja, Herr Engelkes, da muss ich jetzt mal eben überlegen, was ein Mann mit Eiern tun würde, wenn er vor dem gleichen Problem stünde, denn dann kann ich mir das Gegenteil vorstellen und mich so in Ihre Lage versetzen.
«Das ist in der Tat ein Problem», sage ich langsam. «Wie gefestigt ist denn die Beziehung?»
«Wir kennen uns seit ein paar Monaten, aber ich weiß schon jetzt, sie ist die Frau, mit der ich alt werden will. Ich würde ihr lieber heute als morgen einen Heiratsantrag machen.»
Danke, genau das wollte ich wissen. Ich muss also zügig handeln.
«Lassen Sie mich eine Nacht darüber schlafen», sage ich entschlossen. «Morgen Mittag treffen wir uns wieder, und ich werde Ihnen meine Sicht der Dinge schildern, einverstanden?»
Er freut sich. «Vielen Dank, Herr Dr. Schuberth. Ich weiß gar nicht …»
Ich winke ab. «Schon gut, Herr Engelkes, warten Sie erst mal ab, ob ich Ihnen überhaupt helfen kann.»
Auf der Fahrt zum Tierheim ruft Günther an.
«Halt dich fest», sage ich und lege das Handy auf den Oberschenkel, weil mich gerade ein Polizeiwagen überholt. Ich gehöre zu jenen unverantwortlichen Zeitgenossen, die während der Fahrt mit dem Handy telefonieren, seit ich um ein Haar einen vollbesetzten Schulbus von der Straße abgedrängt habe, weil ich mich in meinem gesetzeskonformen Headsetkabel verfummelt hatte. «Da bin ich wieder.»
Günther möchte gerne heute Abend ins Pan Tao gehen, um mit Iggy unverfänglich ins Gespräch über die rein zufällige Begegnung bei der Vernissage zu kommen.
«Ich kann nicht, ich treffe mich mit Schamski, wir müssen eine Intrige spinnen, um eine junge Liebe und eine ebenso junge, hoffnungsvolle Karriere zu zerstören», sage ich.
Günther meint, ich solle mein Gespräch mit Schamski doch einfach ins Pan Tao verlegen. Da Günther sich ja nur für Iggy interessiere, hätten Schamski und ich genug Zeit, um uns mit unseren intriganten Schweinereien zu beschäftigen.
Prinzipiell keine schlechte Idee, allerdings war Schamski schon mal im Pan Tao und hat danach beim Augenlicht seiner Mutter geschworen, nie wieder hinzugehen. Günther bettelt so lange, bis ich Schamski anrufe und meinerseits so lange bettle, bis der sich breitschlagen lässt.
Kurz vor Erreichen des Tierheims halte ich an, hole den von Frau Hoffmann besorgten Maulkorb aus dem Kofferraum, verbiege ihn ein wenig und lasse ihn absichtlich ein paarmal auf den Boden fallen, damit er gebraucht aussieht. Jetzt fühle ich mich sicher. Trotzdem steigt mein Puls, als ich mich wenig später in die Liste der ehrenamtlichen Hundeausführer eintrage und mir die Empfangsdame nebenbei mitteilt, ich solle doch bitte mal bei der Geschäftsführung reinschauen.
Die Geschäftsführung befindet sich auf der anderen Seite des Geländes. Auf dem Weg dorthin frage ich mich, ob meine Haftpflichtversicherung womöglich den Häckselmaschinenschaden abdeckt, mache mir aber nicht allzu große Hoffnungen. Ich beschließe, Frau Dr. Korff anzulügen, so gut es geht, atme tief durch, klopfe und trete ein. Am besten beginne ich damit, ihr einen wunderschönen Tag zu wünschen und dabei … Jesus Christus! Wer ist denn die atemberaubende Erscheinung hinter dem Schreibtisch? Gerade hebt sie den Kopf, und hinter ihren dunklen Locken taucht ein Gesicht auf, für das selbst Tizian gemordet hätte. Ich muss jetzt schnell was sagen, sonst mache ich ihr sofort einen Heiratsantrag.
«Ich soll mich hier melden», beginne ich und klinge vermutlich wie ein verunsicherter Melonenpflücker, der das Tagespensum mal wieder nicht geschafft hat.
Sie sieht mich fragend an, und es ist mit Abstand der erotischste fragende Blick, den ich je gesehen habe.
«Schuberth, Paul Schuberth», erkläre ich und frage mich, ob meine Stimme wohl arg zittert.
«Ach ja.» Sie nickt freundlich, erhebt sich, kommt um den Schreibtisch herum und streckt mir ihre Hand entgegen. Sie trägt einen langen grauen Kittel, aber ich weiß, dass sich darunter ein Körper verbirgt, der so atemberaubend ist, dass ich im Moment froh über den Kittel bin.
«Dr. Jasper. Ich bin Veterinärin und leite das Tierheim ab sofort. Frau Dr. Korff wurde …», sie sucht nach dem richtigen Wort,
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