Man tut, was man kann (German Edition)
Nilflussfahrt hinzu, was mich kurz vorm Orgasmus aber fast seekrank gemacht hätte.
Jetzt liegen wir nebeneinander, ich versuche mich an die historischen Begebenheiten rund um Kleopatra zu erinnern, Biggi raucht und hat deshalb einen winzigen Aschenbecher zwischen ihre üppigen Brüste gestellt.
«Wie lange kennt ihr euch eigentlich schon?», frage ich und nehme einen Zug von ihrer Zigarette.
«Knapp zwei Jahre», antwortet sie. «Wir haben uns im Urlaub kennengelernt. In seinem Heimatdorf in Spanien. Er war zufällig da, witzig, oder?»
Witzig? Wieso witzig? Seltsam vielleicht, merkwürdig, ein glücklicher Zufall meinetwegen, aber witzig? Nein. Witzig eher nicht.
«Ja, witzig», erwidere ich.
Eine kleine Weile liegen wir nur da, dann fällt mir ein, dass ich Biggis Plan in Gänze überhaupt noch nicht kenne. Sex gehörte dazu, den haben wir jetzt gehabt, aber wie geht es weiter? Wollen wir Rodriguez über einen Mittelsmann wissen lassen, wie wir diesen späten Nachmittag verbracht haben? Oder soll ich Biggis Zukünftigem einen Hinweis hinterlassen? Eine Socke vielleicht? Das hätte ich gerne vorher gewusst, dann wäre ich mit einem Ersatzpaar vorbeigekommen. Jedenfalls erscheint mir Biggis Plan nicht sonderlich ausgereift, denn um ein Gerücht zu streuen oder eine Socke im Bett zu verstecken, hätten wir nicht unbedingt vögeln müssen. Nicht dass ich etwas dagegen gehabt hätte, es ist nur …
In diesem Moment dreht sich ein Schlüssel im Schloss, und mir wird spontan heiß und kalt, weil Biggi nun sagt: «Da ist er ja», dann rasch die Zigarette ausdrückt, mit den Armen fuchtelt und erklärt: «Er mag es nicht, wenn ich rauche, weißt du?»
Nein, weiß ich nicht, Biggi. Und ich hoffe inständig, derjenige, der nicht mag, dass du rauchst, ist dein Vermieter, dein Vater, dein Steuerberater oder sonst wer auf der Welt, nur nicht ausgerechnet … Rodriguez!
In diesem Moment hört man durch die noch geschlossene Schlafzimmertür im Flur Musik. Eine Kapelle intoniert «Para tu amor» von Juanes. Das erstaunt immerhin auch Biggi, denn die zieht nun instinktiv die Bettdecke etwas höher und sieht mich hilfesuchend an.
«Erwartest du Besuch?», frage ich, als könnte ein «Ja» erklären, warum gerade eine Gruppe Musikanten in Biggis Wohnung marschiert.
Während ich noch erwäge, mich blitzschnell unters Bett zu rollen, was bei einem Wasserbett ohnehin keiner Erwägung bedarf, wird die Schlafzimmertür geöffnet, und Rodriguez erscheint, in der einen Hand einen großen Strauß roter Rosen, in der anderen ein geöffnetes Etui mit einem wunderschönen Halbkaräter. Derweil Rodriguez sichtlich bemüht ist, die Situation zu erfassen, drängen sich sechs gutgelaunte Musikanten ins Zimmer und umrahmen Biggis erstarrten Ehemann in spe.
«… desde mi sangre hasta la esencia de mi ser …» Alles, aber auch wirklich alles will der Liebende seiner Geliebten geben, selbst sein Blut und die Essenz seines Lebens. Rodriguez lässt die Arme sinken, Strauß und Etui fallen zu Boden, Tränen schießen ihm in die Augen, er steht einen Moment fassungslos da, stürzt dann aus dem Zimmer, blass wie noch kein Südländer vor ihm.
«… y tengo también un corazón que se muere por dar amor …» Ein Herz, das sich danach sehnt, Liebe zu geben. Biggi springt aus dem Bett, läuft aufgeregt Rodriguez hinterher und ist dabei splitternackt, was die Kapelle für einen Moment aus dem Takt bringt.
«… yo te quiero porque tu dolor es mi dolor …» Ich liebe dich, weil mein Schmerz dein Schmerz ist.
Ich hoffe, es handelt sich um angeheuerte Musikanten und nicht um Rodriguez’ Verwandte, weil es kein guter Tag ist, um mit Pauken und Trompeten erschlagen zu werden. Der steinalte Klarinettist, offenbar der Leiter der Truppe, wirft mir einen fragenden Blick zu. Ich bedeute dem Greis mit einem aufmunternden Kopfnicken, seine Leute mögen doch bitte weiterspielen. Er versteht.
«… para tu amor lo tengo …» Die Musikanten sind in ihrem Element, während ich meine Unterhose suche und mit Unbehagen feststelle, dass sich irgendwo im hinteren Teil der Wohnung Biggi und Rodriguez anbrüllen.
Gegen Ende des Liedes bin ich nahezu vollständig bekleidet und fühle mich nun in der Lage, meinen Beitrag zum guten Ausgang der Situation zu leisten. Gerade verstummt die Musik.
«Spielen Sie noch etwas», sage ich und fühle mich wie ein Conférencier auf der sinkenden Titanic . Gefolgt von den Musikanten, die nun «Tengo la camisa
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