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Man tut, was man kann (German Edition)

Man tut, was man kann (German Edition)

Titel: Man tut, was man kann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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ausgewählt. Wir flegeln uns in wuchtigen Ledersesseln, vor uns stehen kompetent zubereitete Drinks auf schneeweißen Untersetzern und eine Auswahl Knabberzeug, angerichtet in Chinaporzellan.
    «Wissen Sie eigentlich, warum man in Bars kein Knabberzeug essen sollte?», fragt Görges.
    «Weil sich die meisten Männer nach dem Pinkeln nicht die Hände waschen», erwidere ich und werfe eine paar Erdnüsse ein. «Da gab es mal eine Reportage im Fernsehen, richtig?»
    Görges nickt, nimmt ebenfalls ein paar Nüsse.
    «Jedenfalls danke für die Warnung», sage ich und greife nochmal zu.
    «Gern geschehen», erwidert Görges und bedient sich ebenfalls erneut.
    Wir kauen und nippen an unseren Drinks.
    «Sie wissen, dass ich kein Freund davon bin, Privates und Berufliches zu vermischen», beginnt Görges. «Diesmal komme ich nur leider nicht drum herum. Deswegen habe ich Sie hergebeten, ich wollte das nicht im Büro besprechen.»
    «Es geht um Engelkes», vermute ich.
    Görges nickt. «Auch. Ich möchte auf jeden Fall, dass Sie ihn zurückholen. Er will nämlich nicht nur weiterhin meine Tochter heiraten, er hat sie inzwischen auch geschwängert.»
    «Scheint immerhin ziemlich genau zu wissen, was er will», erwidere ich.
    Görges grinst. «Entweder das, oder er weiß noch nicht, worauf er sich einlässt. Aber wie dem auch sei, ich möchte ihm unter die Arme greifen. Ich dachte, Sie machen ihn zu Ihrem Stellvertreter, und in ein paar Monaten übernimmt er dann Ihren Job.»
    «Oh», sage ich knapp und versuche, einigermaßen entspannt zu wirken. «Muss ich das jetzt als Kündigung verstehen?»
    Görges schüttelt den Kopf. «Im Gegenteil. Es wird im nächsten Jahr ein paar Veränderungen geben. Ich habe mich mit den Eigentümern darauf verständigt, nur noch als Berater zu fungieren. Mein Urologe ist nämlich der Ansicht, dass eine Sechzig-Stunden-Woche und Prostatakrebs nicht so gut zusammenpassen.» Er nippt an seinem Drink, sieht mein betretenes Gesicht. «Nicht so schlimm, wie es sich anhört. Die Werte sind momentan okay, aber ich muss eben mein Leben ändern, wenn ich’s noch ’ne Weile behalten will.»
    Ich nicke und bedauere, dass Görges sich aus dem Geschäft zurückziehen wird. Es war angenehm, mit ihm zu arbeiten, und ob das unter Raakers’ Leitung so bleibt, wage ich zu bezweifeln.
    «Im Grunde gibt es in Ihrem Fall zwei Möglichkeiten», erklärt Görges. «Wenn Raakers Vorstandsvorsitzender wird, könnten Sie das Finanzressort übernehmen und sein Stellvertreter werden.» Görges nippt an seinem Drink, macht eine kleine Kunstpause. «Oder aber Sie bewerben sich ebenfalls um den Vorstandsposten.»
    Mein Erstaunen steht mir ins Gesicht geschrieben. «Ich dachte, es wäre beschlossene Sache, dass Raakers Sie eines Tages beerbt.»
    Görges schüttelt den Kopf. «Wer sollte das beschlossen haben? Ich? Nein. Letztlich entscheidet die Eigentümerfamilie, wer den Posten bekommt. Raakers hat sicher gute Chancen, aber ich kann mir auch vorstellen, dass man einen Mann mit einer weniger puritanischen Geschäftspolitik bevorzugen würde.»
    Interessante Perspektive. «Gibt es denn noch weitere Kandidaten?»
    Wieder schüttelt Görges den Kopf. «Schamski und Burger werde ich nicht vorschlagen, und einen externen Kandidaten will die Familie nicht. Sie müssen sich nur überlegen, ob Sie das Risiko, gegen Raakers anzutreten, eingehen möchten. Ich kann mir vorstellen, wenn Sie ihm unterliegen, wird er versuchen, Sie los zuwerden, aber ich denke, im umgekehrten Fall wird es genauso sein. Vielleicht sollten Sie und Raakers die Szenarien für den Fall der Fälle absprechen, ich habe nämlich keine Lust darauf, zu viel Zeit mit Machtkämpfen zu verplempern.»
    «Ich schätze Dr.   Raakers», sage ich.
    Görges grinst. «Sie können ihn nicht leiden.»
    «Nein, aber ich schätze ihn trotzdem», erwidere ich.
    «Egal», sagt Görges, «er mag Sie ja auch nicht. Jedenfalls denken Sie doch bitte darüber nach, welchen Weg Sie einschlagen möchten. Es wäre der sicherere Weg, Raakers’ Kandidatur zu unterstützen und sich damit die Leitung des Finanzressorts zu erkaufen.»
    Ich überlege, kippe meinen Drink in einem Zug und frage: «Wie viel Zeit habe ich denn, um mir das alles durch den Kopf gehen zu lassen?»
    «Genug», erwidert Görges. «Die Familie verbringt den Sommer auf Mallorca. Sie hat ein ziemlich schönes Anwesen im Norden der Insel. Ich denke, man wird die Kandidaten ein paar Tage dorthin einladen und ihnen auf den

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