Man tut, was man kann (German Edition)
hätte, klar beantworten. Er würde zu Claudia fahren.
«Nimm dann aber lieber ’n Taxi», war mir rausgerutscht, als Bronko darüber sprach, und erneut erntete ich vorwurfsvolle Blicke, diesmal sogar von Günther.
Jedenfalls sind Bronko und Claudia heute zum Mittagessen verabredet, während ich am anderen Ende der Stadt Jutta treffe, eine Freundin einer Freundin von Biggi.
Jutta und ich sitzen in einem Vorstadtcafé und sind umzingelt von Senioren, die schonend gegarte und praktisch salzfreie Mahlzeiten zu sich nehmen. Der Renner ist offenbar das Hühnerfrikassee, dicht gefolgt von der Tagessuppe. Da ich auf der Karte auch sonst nichts gefunden habe, was man kauen könnte, habe ich lediglich einen Tee bestellt.
Jutta scheint auf Diskretion bedacht zu sein, davon zeugt nicht nur dieser Treffpunkt, sondern auch die große schwarze Sonnenbrille, die sie bislang nicht abgesetzt hat. Ich nippe an meinem Tee, plaudere und warte ab. Es dauert meistens eine Weile, bis meine Klientinnen mit ihren Wünschen herausrücken. Den Begriff «Klientinnen» hat übrigens Biggi geprägt, wir telefonieren ab und an, momentan ist sie mit Rodriguez in Spanien unterwegs, wo die beiden ein Häuschen suchen. Biggi ist überglücklich, ihr Erstgeborener soll Paulo heißen, wird es ein Mädchen, dann Paula.
«Ich habe gehört, dass Sie als … wie soll ich sagen … Mann für gewisse Stunden auch erotischen Begegnungen nicht abgeneigt sind.»
Sehr formvollendet formuliert, liebe Jutta.
Ich nicke.
«Sind Sie denn möglicherweise auch für eher ungewöhnliche sexuelle Konstellationen zu haben?» Jetzt nimmt sie die Brille doch ab, vielleicht weil sie instinktiv ahnt, dass Augenkontakt bei einem intimen Gespräch hilfreich sein könnte. Sie hat einen melancholischen Gesichtsausdruck, obwohl ihre Augen nicht traurig wirken, sondern sogar ein wenig zu lächeln scheinen.
«Worauf wollen Sie hinaus?», frage ich.
Sie zeigt ihre weißen Zähne, macht ein freundliches Gesicht. «Ich rede von Sex zu dritt. Wären Sie für Sex zu dritt zu haben?»
Tja, liebe Jutta, kommt darauf an, ob es sich bei den beiden anderen um Christina Aguilera und Rania von Jordanien handelt oder um Siegfried und Roy.
Ich ahne, wer im Fall von Jutta die dritte Person sein soll. «Sprechen Sie von sich und Ihrem Mann?»
Sie nickt. Eine kleine Weile schweigen wir.
«Ist das Ihre Idee oder seine?», frage ich dann.
«Was spielt das für eine Rolle?», erwidert sie und scheint meine Frage etwas aufdringlich zu finden, denn eine ihrer Augenbrauen hebt sich ein wenig.
«Wäre es seine Idee, dann hätte ich es richtig gefunden, wenn er Sie zu diesem Gespräch begleitet hätte. War es Ihre Idee, frage ich mich, ob er überhaupt schon etwas von dem Plan weiß.»
Sie mustert mich, lächelt dann, als hätte ich sie bei einer kleinen Notlüge ertappt. «Nicht schlecht. Sie liegen richtig. Er weiß noch nichts davon.»
«Okay», erwidere ich. «Und sind Sie sicher, dass Sie Ihren Mann involvieren möchten?»
«Beim Sex zu dritt?», fragt sie amüsiert. «Wenn er nicht mitmachen würde, wäre es doch wohl eher Sex zu zweit, oder?»
Stimmt, ist aber in diesem speziellen Fall Haarspalterei, liebe Jutta.
«Ich meine nur, falls Sie ein sexuelles Abenteuer suchen und Ihren Mann nur deshalb einbinden möchten, damit Sie ihn nicht hintergehen müssen, sollten Sie sich zunächst fragen, was Sie eigentlich wirklich wollen.»
Sie zieht die Stirn ein wenig kraus, wirkt nun unwirsch. «Ich denke, was ich definitiv nicht will, ist, von Ihnen analysiert zu werden.»
«Tut mir leid, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, sondern Ihnen nur einen Tipp geben, denn ansonsten kann ich leider nichts für Sie tun. Eines will ich nämlich definitiv nicht, und zwar dass Ihr Mann an meiner Nudel herumspielt.»
Sie sieht mich an, wirkt zunächst erbost, dann aber entspannen sich ihre Gesichtszüge, und sie muss ein wenig lächeln. «Ich versuche, ihm schlicht zu ersparen, sich nur mit einem Ledertanga und einer venezianischen Maske bekleidet in einem Privatclub herumtreiben zu müssen.»
«Vielleicht steht er ja drauf», sage ich leichthin.
Jutta schüttelt den Kopf. «Selbst wenn es so wäre, würde er das nie zugeben. Deshalb dachte ich auch, man könnte ihn vorsichtig ans Thema heranführen.»
«So ganz verstehe ich nicht, worauf Sie hinauswollen», sage ich. «Wünschen Sie sich nun ein erotisches Abenteuer oder möchten Sie Ihren Mann davon überzeugen, dass er in Wirklichkeit
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