Man tut, was man kann (German Edition)
«Danke sehr.»
«Was war los?», fragt Schamski, als ich in die Küche zurückkehre, derweil im Hintergrund leise das Schließen der Eingangstür zu hören ist.
«Ich vermute, Bronko schläft mit der Frau von Dr. Raakers», sage ich locker.
«Na, das ist doch auch schön», erwidert Schamski nicht minder entspannt und drückt mir ein Glas Wein in die Hand.
In dieser Nacht schlafe ich hundsmiserabel. Ich träume, dass ich Iris im Tierheim vertreten muss, weil sie in die Flitterwochen gefahren ist. Ihr Job macht mir weder Spaß, noch beherrsche ich ihn auch nur ansatzweise. Bei Routineeingriffen sterben mir ein Zwerghase und eine Deutsche Dogge unter den Händen weg. Als ich wenig später nur mit Mühe und Not ein Shetlandpony aus der Narkose zurückholen kann, drohen mir die Angestellten mit Streik, wenn ich nicht schnellstmöglich meine persönlichen Probleme in den Griff bekomme. Ich versuche zu erklären, dass nicht persönliche Probleme für mein Scheitern verantwortlich sind, sondern die Tatsache, dass ich nicht die geringste Ahnung von Veterinärmedizin habe. Die Angestellten glauben mir jedoch nicht.
«Warum hat Iris Sie dann überhaupt ausgewählt?», fragt mich die hübsche, aber stark lispelnde Pflegerin.
«Ich weiß es nicht!», rufe ich verzweifelt. «Ich weiß nicht, warum sie gerade mich ausgewählt hat. Wirklich! Ich weiß es nicht!»
Ich erwache schweißgebadet, es ist bereits nach zehn.
Ich rekapituliere meinen Traum. Man muss nicht C. G. Jung sein, um zu erraten, was mein Unterbewusstsein mir damit wohl zu signalisieren versucht. Ich beschließe also in genau diesem Moment, Schamskis Rat zu folgen und Iris’ Hochzeit zum Platzen zu bringen. Mich schauert bei dem Gedanken. Wäre ich gläubig, würde ich mich wahrscheinlich jetzt rasch bekreuzigen.
Ich rufe Günther an, der glücklicherweise schon auf den Beinen ist. «Kannst du rausfinden, wer heute in Deutschland heiratet?»
«Leider nicht», erwidert Günther bester Laune.
«Warum nicht?», entgegne ich perplex.
Ich höre ihn seufzen. «Das war ’n Witz, Paul. Natürlich kann ich rausfinden, wer heute heiratet. Suchst du jemanden Bestimmtes, oder soll ich einfach mal die Gesamtheiratslage in Deutschland checken?»
«Jasper. Dr. Iris Jasper», erwidere ich, nicht zum Scherzen aufgelegt.
«Alles klar», sagt Günther. «Ich ruf dich an.»
Ich bin kaum aus der Dusche, als Günther sich zurückmeldet. Er nennt mir ein Kaff, dessen Namen ich noch nie gehört habe. «Weißt du zufällig, wie weit das ist?»
«Mit dem Pkw?» Ich höre Tastaturgeräusche. «Gut zwei Stunden. Die Trauung wirst du also wahrscheinlich knapp verpassen.»
Ich klopfe bei Schamski. «Ich brauch deinen Porsche. Und zwar sofort», verkünde ich forsch durch die geschlossene Tür.
«Komm rein», ruft Schamski. Er sitzt entspannt im Bett, trägt wie gewöhnlich meinen Bademantel, raucht seine vermutlich hundertste filterlose Zigarette an diesem Morgen, schlürft einen Espresso und liest meine Sonntagszeitung. «Was hast’n vor?»
«Lange Geschichte», sage ich, um es kurz zu machen.
Er grinst, greift in meinen Bademantel und wirft mir die Schlüssel zu.
Ich stutze. «Du nimmst deine Autoschlüssel mit ins Bett?»
«Sieht so aus», erwidert Schamski und zieht die Zeitung vors Gesicht.
Ich persönlich halte ressourcenverschlingende Sport- und Geländewagen eigentlich für indiskutabel, muss aber zugeben, dass der 911er ausgezeichnet auf der Straße liegt und enorm durchzugsstark ist. Jedenfalls macht er viel mehr Spaß als Umweltschutz.
Pünktlich in dem besagten Kaff zu sein, um Iris’ Hochzeit zu verhindern, verlangt mir höchste Konzentration ab. Schon ein paarmal hätte ich um ein Haar mein Leben an einer Leitplanke ausgehaucht. Gerade hat es wieder einen solchen Momentgegeben, nur mit sehr viel Glück habe ich de nröhrenden und schlingernden Boliden in einer unübersichtlichen Kurve auf der Straße halten können.
Das Navigationssystem zeigt an, dass ich zum Beginn der Hochzeitszeremonie ankommen werde, eine gute halbe Stunde bleibt mir noch. Weil ich mich auf die Straße und das Navigationssystem konzentriere, lasse ich den Bordcomputer unbeobachtet und registriere deshalb nicht, dass der Tank fast leer ist. Erst als der Wagen zu stottern beginnt, wird mir das Ausmaß der Katastrophe klar, und ich lenke den Porsche auf den Seitenstreifen.
Keine Panik. Schamski hat mit Sicherheit einen Ersatzkanister im Auto. Ich suche danach. Ja, hat er. Der
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