Manche Maedchen muessen sterben
begegnet bin. Weißt du, wie meine Freunde und ich Mädchen wie euch genannt haben? Mädchen, denen alles auf dem Silbertablett serviert wird und denen bloß wichtig ist, wie sie aussehen und welche von ihnen mit dem angesagtesten Typen geht?«
»Wie?«
Sein Grinsen wird breiter. »Wir nannten euch Schnepfen. Ihr Mädchen wart für uns einfach Schnepfen.«
Die Bemerkung sitzt. Kühl sage ich: »Komisch, ich dachte, das wäre eine Fangfrage. Ich habe immer angenommen, du hättest gar keine Freunde.« Sofort tut es mir leid, dass ich das gesagt habe. Ich will mich fast dafür entschuldigen, doch das Schweigen hängt zwischen uns, so greifbar unbehaglich, so voller Emotionen, dass ich nicht weiß, was ich sagen soll.
»Ich hatte Freunde«, sagt Alex. »Du kanntest sie bloß nicht.«
»Mit wem warst du befreundet, Alex?«
»Mit Leuten auf der Arbeit. Im Mystic Market.« Er zögert. »Sie waren schon älter, größtenteils vom College. Aber sie waren nett, und sie mochten mich. Sie waren anders als du und deine Truppe. Sie hatten begriffen, dass es auch ein Leben außerhalb der Highschool gibt, dass andere Dinge wichtig sind, nicht nur, was für eine Markenhandtasche man trägt oder mit wem man ausgeht.«
Ich zucke die Schultern. »Aber die Highschool war für uns das Leben. Das war alles, was wir kannten. Selbst, wenn uns vielleicht klar war, dass diese Dinge nicht für alle Ewigkeit eine Rolle spielen; uns waren sie damals wichtig.«
Alex öffnet den Mund, um etwas darauf zu erwidern. Doch bevor er Gelegenheit hat, einen weiteren seiner – da bin ich mir sicher – beißenden Kommentare vom Stapel zu lassen, ergreift Mera das Wort. Während sie spricht, wird meine Erinnerung an sie klarer und klarer.
Mera Hollinger: achtzehn Jahre alt. Blondes Haar, lang und mit Strähnchen, so wie das all meiner Freundinnen. Sie ist Schwimmerin, eine ziemlich gute sogar. Außerdem ist sie ein bisschen dämlich. Sie ist wunderschön und besitzt eine Menge athletisches Können, doch ein helles Köpfchen ist sie nicht gerade. Von all meinen Freunden mag ich sie am wenigsten. Außerdem bin ich beinahe enttäuscht, dass sie diejenige ist, die mich gefunden hat; abgesehen von ihren anderen Defiziten kann Mera nämlich ziemlich melodramatisch sein. Ich bin sicher, sie wird den Umstand, dass sie meine Leiche entdeckt hat, geschickt zu ihrem Vorteil einsetzen, sobald die Schule wieder anfängt; sie wird jede Gelegenheit nutzen, um die Geschichte zu erzählen, und dabei peinlich genau darauf achten, dass sie auch bis ins Detail beschreibt wie ich aussah, als sie mich aus dem Wasser zogen.
Dann ist da Meras Freund: Topher Paul, auch gerade achtzehn geworden, der jetzt neben ihr sitzt und ihre Hand hält. Die beiden waren das erste Pärchen an unserer Schule, von dem ich mit Sicherheit wusste, dass sie Sex haben, damals in der 10. Klasse. Ihre Hüften schmiegen sich aneinander. Vermutlich werden sie eines Tages heiraten. Topher ist eine regelrechte Highschoolberühmtheit, ein Footballstar, der einzige Sohn wohlhabender Eltern, die ihn anhimmeln, als sei er Gottes Geschenk an die Welt. Er neigt zu Wutausbrüchen, und manchmal ist es schwer, mit ihm auszukommen, doch tief drinnen ist er ein netter Kerl. Wir kannten einander seit der Vorschule.
»Wir haben bloß ganz normal gefeiert«, sagt Mera.
»Da war nichts Ungewöhnliches«, echot Topher.
»Und du bist?« Joe Wright macht sich hektisch Notizen; obwohl es im Innern des Bootes kühl ist, zeigen sich auf seiner Stirn deutliche Schweißperlen.
»Topher Paul. Christopher. Mein Vater ist Dr. Michael Paul.« Topher macht eine Pause, damit der Name Wirkung zeigen kann. »Der Zahnarzt«, fügt er hinzu. »Er ist Noanks angesehenster Zahnarzt und Kieferchirurg.«
Joe bedenkt Topher mit einem sonderbaren Blick. Mit unüberhörbarem Sarkasmus sagt er: »Ich schätze, das erklärt wohl dein hübsches Lächeln.«
»Sein Vater ist Zahnarzt? Ich begreife nicht, was daran so großartig sein soll«, sagt Alex verwirrt.
»Hey, Topher ist ein Freund von mir«, sage ich zu ihm. »Und es ist durchaus eine große Sache. Sein Dad sitzt im Vorstand des Country-Clubs. Und, weißt du, Tophers Mom war mal Miss Connecticut.«
»Hmm. Wie wichtig und bedeutsam. Damit hat sie wirklich ihren Teil dazu beigetragen, dass wir heute in einer besseren Gesellschaft leben, was?«
»Sei still. Ich kriege ja überhaupt nichts mit.«
»Es war also eine ganz normale Party«, sagt Joe gerade. »Dann sind Drogen und
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