Manche Maedchen muessen sterben
gebraucht. Sie sind immer noch weiß und relativ sauber, und sie sehen steif aus. Richie scheint unsicher auf den Füßen zu sein. Seine Beine sind nicht gebräunt. Es ist offensichtlich, dass er erst seit ein paar Wochen läuft, wenn überhaupt.
Während er sich anschickt, von der Veranda herunterzutreten, öffnet Josie die Vordertür meines Elternhauses. Sie winkt Richie zu.
»Verflucht nochmal«, murmelt er, obwohl er ihr zulächelt.
»Komm her«, ruft Josie und winkt ihn zu sich rüber.
Ich folge ihm, als er die Straße entlanggeht. Er schaut sich verlegen um, als hätte er Angst, dass jemand sie beide zusammen sehen könnte.
Meine Stiefschwester schaut ihn stirnrunzelnd an. »Was zur Hölle hast du da an?«, fragt sie mit einem kleinen Kichern.
»Ich trage Klamotten. Ich gehe laufen.«
» Du? Laufen?«
»Ja.« Er zögert. »Es hilft mir beim Nachdenken.«
Mir wird bewusst, dass es mehr als nur ein Zufall sein könnte, dass Richie just in dem Moment zu einem Lauf aufbricht, als ich selbst so angestrengt darüber nachdenke. Doch dieser Gedanke sorgt dafür, dass ich mich fast zu hoffnungsvoll fühle; so schnell, wie er auftaucht, tue ich ihn wieder ab.
Josie wickelt eine Haarsträhne um ihren Finger. Verglichen mit Richie ist sie sorgsam zurechtgemacht: Ihr Haar ist zu einer perfekten Strubbelfrisur gedreht und gezupft. Es rahmt ihr schmales Gesicht ein, das nicht minder sorgfältig geschminkt ist. Ich habe ihr dabei vermutlich öfter zugesehen, als ich zählen kann. Sie gehört zu der Art von Mädchen – und jetzt begreife ich, dass ich das ebenfalls war –, die ihren Wecker auf ganz früh am Morgen stellen und aus dem Bett steigen, um den mühsamen Prozess der Eigenpflege zu beginnen: Klett-Haarwickler fürs Volumen. Die Pinzette für verirrte Augenbrauenhärchen. Grundierung. Selbstbräuner. Rouge. Eyeliner. Lidschatten. Wimpernzange. Mascara, Mascara, Mascara. Lippenkonturstift. Lippenstift. Lipgloss. Löschpapier, um alles überschüssige Öl aufzusaugen. Haarspray. Körperlotion. Es ist erstaunlich, wie viel Mühe es erfordert, so auszusehen wie alle anderen – bloß noch ein bisschen besser.
Für Mitte September ist es draußen kalt; der Himmel ist blau mit einigen verstreuten, perfekten Wölkchen. Eine Brise weht, die vom nahezu konstanten Geräusch des Messingwindspiels begleitet wird, deren Röhren auf Richies vorderer Veranda mit hellen, angenehmen Tönen gegeneinander stoßen.
Josie umschlingt sich selbst und reibt ihre bloßen, von Gänsehaut überzogenen Arme. »Wie geht’s dir?«
»Ich bin okay. Aber die Schule ist die reinste Hölle. Wo immer ich auch hinschaue, muss ich an sie denken.« Er starrt zum Himmel empor. »Es fühlt sich so an, als wäre sie überhaupt nicht fort, weißt du? Jeden Morgen beim Aufwachen denke ich einen Moment lang, dass ich sie wiedersehen werde. Dann geht mir so was durch den Kopf wie: ›Ich sollte mich besser beeilen; Liz hasst es, wenn ich zu spät komme.‹ Und dann fällt’s mir wieder ein. Es ist, als würde sie immer wieder sterben, jeden Tag von neuem.«
»Ich weiß«, sagt Josie. »Ich habe gerade dasselbe zu Caroline und Mera gesagt.« Josie streckt zaghaft ihre Hand nach Richie aus. Mir fällt auf, dass ihre Fingernägel nicht mehr lila sind; stattdessen schimmern sie in einem glänzenden Rotton. Sie war kürzlich zur Maniküre.
»Richie, ich möchte dir etwas sagen. Ich hätte dir nicht von ihr und Vince erzählen sollen«, sagt sie. »Es wäre besser für dich gewesen, nichts davon zu wissen.«
Er mustert mein Elternhaus, meinen Wagen, der in der Auffahrt parkt. Es ist ein roter Mustang, den ich letztes Jahr zu meinem siebzehnten Geburtstag geschenkt bekommen habe. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Dann schüttelt er den Kopf; eine Strähne lockigen Haars fällt ihm vor die Augen. Das Verlangen, die Hand auszustrecken und sie beiseitezustreichen, ist schier überwältigend.
»Nein«, sagt er. »Es ist besser, dass ich die Wahrheit kenne. « Er ergreift ihre Hand und schwingt ihren Arm vor und zurück. »Wir können aufeinander aufpassen.«
Mit einem Mal schaut Josie an ihm vorbei. Sie hebt ihren freien Arm und winkt. »Hey, Mrs. Wilson.«
Richie wirft einen Blick über seine Schulter. Seine Mutter steht auf der vorderen Veranda und beobachtet sie.
»Himmel«, sagt er; er hält die Stimme gesenkt. »Was will sie denn?«
»Oh, sei nett.« Josie lächelt ihn an. »Sie ist deine Mutter.«
»Kaum«, murmelt er. Wie ich bereits
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