Manche Maedchen raechen sich
Vielleicht werde ich Ihnen dann auch einen Wunsch erfüllen.“
Unglaublich, dass Dr . Fadden immer wieder versucht, den Spieß rumzudrehen. Vielleicht denkt er ja, er kann mich mit seiner verqueren Psychomasche irgendwie kleinkriegen.
„Aber Lexi hat mit der ganzen Sache hier nichts zu tun! Sie ist unschuldig, glauben Sie mir!“
„Alexandrias Kleidung war über und über mit Blut bespritzt. Das ist Fakt“, sagt Dr . Fadden. „Ich kann sie nicht gehen lassen, nur weil Sie mich so sehr darum bitten. Da müssen Sie schon ein bisschen mehr vorbringen. Soll ich Ihnen noch einen Kaffee kochen? Würden Sie sich dann wohler fühlen?“
Obwohl es hier drin so stickig ist, fange ich an zu zittern. Ich führe die hässliche Tasse mit dem Rest Kaffee zum Mund, aber er ist längst eiskalt. Meine Klamotten sind vollgeheult, staubig und blutverschmiert. Ich wüsste nicht, was sie mir jetzt bringen könnten, damit ich mich auch nur ein bisschen wohler fühlen würde.
„Ja“, sage ich benommen. „Bitte“, füge ich hinzu.
Dr . Fadden steht auf und verlässt den Raum. Die Tür schließt er hinter sich ab.
drei
Von wegen Sweet Sixteen. Sechzehn zu sein ist überhaupt nicht süß . Erst recht nicht, wenn alle anderen am Anfang des Jahres Geburtstag haben und schon siebzehn sind. Die haben längst ihren Führerschein. Die sind so gut wie weg. Und ich bin immer noch hier. Ich habe panische Angst davor, zurückgelassen zu werden. Meine Mutter behauptet, dass ich deswegen auch immer so aggressiv sei.
„Danke“, sage ich zu Dr . Fadden.
Ich wische mir die Nase mit dem Handrücken ab und nippe noch mal an meinem Kaffee. Er schmeckt genauso beschissen wie der erste.
„Wie waren Ihre Arbeitsstunden in der Kantine?“
„Ätzend.“
„Inwiefern?“
„Na ja, wenn Sie gedacht haben, das Essen da würde nur abartig riechen , sollten Sie erst mal erleben, wie es zubereitet wird.“
So gefalle ich mir schon viel besser. Bloß keine Schwäche zeigen. Auch wenn ich innerlich zittere wie der Wackelpudding, den es immer in der Kantine gibt.
„Das ist alles?“
„Was soll das heißen: ‚Das ist alles‘? Haben Sie schon mal die braune Pampe gesehen, die die da als Rindergulasch verkaufen?“
„Jetzt mal im Ernst, Eliza.“
„Meinetwegen. Was wollen Sie wissen? Ob ich irgendein Trauma erlitten habe, das mich später wieder einholen wird?“
„So was in der Art.“
Erst jetzt merke ich, dass ich mir eine Haarsträhne so fest um den Finger gewickelt habe, dass er lila angelaufen ist. Ich lege die Hände wieder in den Schoß.
„Nein“, erwidere ich.
Ich starre ihn an. Am liebsten würde ich ihm mit meinen hasserfüllten Blicken ein Loch ins Gesicht brennen.
„Hm.“ Er macht sich eine Notiz.
Der Doktor macht sich ständig Notizen. Das Buch, in das er hineinschreibt, ist in braunes Leder gebunden und passt zu ihm mit seinem grau-braunen Hemd und der braunen Lederjacke.
Er trägt eine dieser cremefarbenen Freizeithosen, die alle Männer mittleren Alters tragen, die aus normalen Hosen herausgewachsen sind. Ich frage mich, ob Männer diesen Moment bewusst wahrnehmen und ob es ein Schock für sie ist.
„Wissen Sie was, Eliza? Ich glaube, Sie lügen mich schon wieder an. Ich spüre doch, dass Sie mir jede Menge mehr zu erzählen hätten.“
Wir schauen uns tief in die Augen. Ich werde seinem Blick auf keinen Fall zuerst ausweichen. Doch dann klopft es laut an der Tür. Sie geht auf und der Hauptkommissar steckt den Kopf herein, ohne dass Dr . Fadden ihn dazu aufgefordert hat. Keine Ahnung, wie er heißt. Die anderen Polizisten nennen ihn „Sir“. Ich weiß nur, dass mir bei seinem Anblick übel wird. Seine Haare wirken, als hätte er sie mit Bratenfett zurückgegelt, und mit dem Oberlippenbärtchen sieht er aus wie ein Pornostar.
„Fadden, die Mutter des Mädchens wartet draußen. Mit ihrer Anwältin.“
„Haben Sie gehört?“, flüstert Dr . Fadden und beugt sich zu mir über den Tisch. „Ihre Mutter ist hier. Schon wieder.“
„Brian, wir können ihnen die Beratung nicht verweigern. Ich muss die Anwältin reinlassen.“
„Nein!“, sage ich laut.
Schlagartig herrscht Stille. Dr . Fadden und der Hauptkommissar schauen mich an.
„Nicht ‚wir ‘ – ich verweigere die Beratung! Ich will mit keinem Anwalt reden. Ich rede nur mit Dr . Fadden.“
Der Hauptkommissar glotzt mich aus seinen Fischaugen an. Außerdem schielt er. Ein gruseliger Anblick. Mit einem Auge starrt er auf mich, mit dem anderen
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