Mandys Verlangen
drauflos. Dabei vermied sie es jedoch in den kommenden Tagen, die Worte »Party« und »Nicholas« auszusprechen. Eine Woche vor dem Ereignis war Rudy dann aber nicht mehr zu halten.
Sie verbrachte Stunden damit, vor dem Spiegel neue Frisuren, Make-up und Kleidervarianten auszuprobieren, die sie anschließend alle wieder verwarf. Zum Schluss erstand sie in einem Secondhandshop ein gewagtes pinkfarbenes Designer-Modell mit einem asymmetrisch geschnittenen Rock, der zur Mitte hin spitz zulief. Das Stück war absolut sexy, und das elastische Material schmiegte sich wie eine zweite Haut an ihren Körper. Die Löwenmähne, die Rudy sich passend dazu in Fannys Salon hatte zaubern lassen, ließ sie wunderbar verrucht wirken.
Sie sah aus wie die leibhaftige Sünde, als sie am Tag des großen Ereignisses aus ihrem Zimmer trat. Mandy, die sich zuletzt doch von Stacy-Joan hatte überreden lassen (»Clayton ist ein Kunde und hat Kunden von uns eingeladen. Du darfst sie nicht vor den Kopf stoßen! Es sei denn, du willst die Agentur demnächst schließen.«), trug ein schickes Partykleid aus dunkelgrüner Rohseide mit einem engen Rock und einem sehr breiten Gürtel, der ihre schlanke Taille betonte. Vorn war es hochgeschlossen bis zum Hals, dafür gab das tiefe Rückendekolleté viel von Mandys samtiger Haut preis. Es war ebenfalls ein sehr figurbetontes Modell, das einer schlanken, hochgewachsenen Frau wie Mandy hervorragend stand.
»Du siehst aus wie ein Model oder eine dieser tollen Schauspielerinnen aus den fünfziger Jahren«, stellte Rudy mit einem bewundernden Blick fest. »Es fehlen eigentlich nur noch ein Hut und passende Handschuhe.«
»Kein Problem.« Lächelnd zog Mandy eine Schublade auf und nahm ein paar ellbogenlange Handschuhe heraus. Ihr Hut lag schon auf dem Bett, ein kleines, kreisrundes Modell, schwarz mit grünen Applikationen und einem hauchfeinen Netzschleier, den sich Mandy vorsichtig über das Gesicht zog und damit ihren Look perfekt machte.
»Super!«, entfuhr es Rudy beeindruckt. »Wie hast du diese Hochsteckfrisur hinbekommen?«
»Ganz einfach. Du bürstest das Haar am Hinterkopf zusammen, rollst es über die Hand und steckst es fest.« Zufrieden betrachtete Mandy ihr Spiegelbild. »Hey, Süße, wir können uns wirklich sehen lassen. Die Unnahbare und die Leidenschaftliche.«
Zweifelnd sah Rudy an sich herab. Aber dann nickte sie. In dem sexy geschnittenen Kleid in Bonbonpink, dessen Dekolleté einen großzügigen Blick auf ihre üppige Oberweite gestattete, bot sie wirklich das perfekte Gegenstück zu Mandys kühler Eleganz.
»Gehen wir?« Sie wandte sich an Mandy, die vor dem Spiegel noch an ihrem Outfit herumzupfte. »Ja, wir gehen!«, entschied Rudy dann, als die Freundin immer noch keine Anstalten zum Aufbruch machte. »Du bist schön genug. Wenn du noch länger an dir herumfummelst, ist die ganze Pracht dahin. Also, komm.«
Es war abgesprochen, dass Clemens sie in seinem Wagen abholen und zur Larry-Gainsbourrogh-Farm fahren sollte. Offensichtlich legte er großen Wert auf diese Einladung, auch wenn er Nicholas nur einmal gesehen hatte, denn er klingelte pünktlich zur verabredeten Zeit an Mandys Haustür.
Rudy, die wie immer ihren Mund nicht halten konnte, erkundigte sich spöttisch, weshalb ausgerechnet heute kein Baby dazwischengekommen sei. Und Clemens war so dumm, ihr zu antworten, dass es Menschen gäbe, die so wichtig seien, dass man dafür auch ein Baby warten oder an einen Kollegen überweisen konnte.
Die Freundinnen wechselten einen vielsagenden Blick, sagten aber nichts weiter dazu, weil Clemens darauf drängte loszufahren.
Falls Mandy gehofft hatte, ein Kompliment für ihr Aussehen von ihm zu hören, hatte sie sich getäuscht. Clemens schien sie gar nicht richtig wahrzunehmen. Er war so erpicht darauf, zu dieser Party zu gelangen, dass nichts anderes in seinen Gedanken Platz hatte.
Außerdem war er seit einigen Tagen ziemlich dünnhäutig und gereizt. Ein falscher Blick, ein unbedachtes Wort und er ging hoch wie eine Rakete. Mandy vermutete, dass es in der Klinik irgendwelche Schwierigkeiten gab. Da sie auf ihre Fragen aber immer nur zur Antwort bekam, dass alles in Ordnung sei, hatte sie es inzwischen aufgegeben nachzuhaken.
Heute würde Clemens seine Launen jedenfalls unter Kontrolle halten, nahm Mandy an. Die Anwesenheit »bedeutsamer« Leute, die vielleicht schon bald zu seinem Patientenstamm gehörten, würde ihren Verlobten in einen charmanten Gast verwandeln, der
Weitere Kostenlose Bücher