Mandys Verlangen
schlafen«, wies sie ihn zurück, und diesmal klang ihre Stimme beinahe unfreundlich. »So ein Anwesen kostet etwas mehr als ein paar gute Beziehungen und zwei, drei lukrative Deals. Außerdem muss ich erst mit dem Besitzer sprechen.«
»Was hast du gegen die Idee, dass ich hier wohne?«
Die Frage kam so überraschend, dass Mandy keine Zeit hatte, sich eine passende Antwort zurechtzulegen.
»Ich, äh, habe nichts dagegen …« Sie war verwirrt, aber dann beschloss sie, ehrlich zu sein. »Du passt einfach nicht hierher. Es mag sein, dass dich das alles hier irgendwie an dein Zuhause in Jacquody erinnert. Die Farm wäre sozusagen das Gegenstück zum Clayton-House. Aber es ist nicht das Clayton-House, und Colorado ist nicht Louisiana. Geh zurück nach Jacquody oder von mir aus nach Tennessee. Dort gibt es bestimmt auch sehr hübsche Häuser.«
»Der Bürgerkrieg ist vorbei, Mandy«, erwiderte Nick mit einem spöttischen Lächeln. Der sanfte Klang seiner Stimme verwirrte Mandolyn für einen Moment und jagte wohlige Schauer über ihren Rücken. »Mir gefällt es hier. Ich möchte gerne hier leben. Darf ich das?«
»Doch, ja …« Das klang selbst in Mandys Ohren halbherzig. »Ich meine nur …« Sie holte tief Luft. »Ach, mach, was du willst.«
Sie setzte ihren Weg fort, ohne darauf zu achten, ob Nicholas ihr folgte oder nicht. Vor dem Haus verabschiedeten sie sich von Katie und stiegen wieder in den Wagen.
Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander. Erst als sie die Hauptstraße erreicht hatten und Richtung Stadt fuhren, richtete Nicholas erneut das Wort an seine Begleiterin.
»Seit wann lebst du nun schon hier?«
Mandy sah einen Moment zu ihm, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Strecke richtete.
»Seit fast sechs Jahren«, antwortete sie friedfertig. »Der Wind hat mich sozusagen nach Colorado geweht.« Sie unterbrach sich kurz, weil sie einen riesigen Traktor überholen musste. »Die Agentur gehörte einem alten Mann, der dringend einen Nachfolger suchte«, erzählte sie weiter. »Ich habe eine Weile für ihn gearbeitet und die Agentur dann zu einem relativ günstigen Preis übernommen.« Mandy lachte leise. »Ich fand es lustig, Kühe und Pferde gegen Blitzschlag zu versichern. Die Immobilien sind erst zwei Jahre später dazugekommen, als einige Farmer ihre Höfe aufgeben mussten. Ich versuche, sie zu verkaufen, bevor die Banken ihre Finger darauf legen.«
»Gehört die Larry-Farm auch dazu?«
Fragend sah Mandy ihn an.
»Nun ja, ich meine, muss der Besitzer sie verkaufen?«
Mandy nickte.
»Ja, er hatte eine Menge Pech in den vergangenen Jahren.« Sie seufzte. »In den Medien hörst du zwar, dass es unserer Wirtschaft besser geht. Aber im Grunde haben es nur die geschafft, denen es vorher schon gut ging. Die kleinen Farmen tragen sich heute nicht mehr. Larry dachte kurzfristig daran, den Besitz zu einem Ferienbetrieb umzugestalten. Aber da war es schon zu spät. Die Banken gaben ihm keinen Kredit mehr.«
Mandy wandte erneut den Kopf und musterte Nicholas aufmerksam.
»Falls du glaubst, den Preis drücken zu können, vergiss es.« Ihr Ton klang entschlossen. »Für Larrys Gelände gibt es mehrere Interessenten. Ich gehe keinen Cent runter.«
»Ich dachte nicht daran, mit dir zu feilschen«, erwiderte Nicholas mit einem spöttischen Lächeln. »Ich will die Farm haben. Nenn mir den Preis, und ich zahle ihn.«
Mandy schürzte verächtlich die Lippen.
»Typisch Clayton«, entgegnete sie ärgerlich. »Kaufen alles, und wenn es sein muss auch eine ganze Stadt.«
»Vergiss doch endlich die Vergangenheit!« Nicholas klang aufgebracht. »Wir leben jetzt und heute.«
Sie hatten die Stadt erreicht. Mandy lenkte den Honda so schnell es die Polizei erlaubte zur Agentur zurück, denn sie hatte plötzlich das unangenehme Gefühl, in Nicholas’ Gegenwart keine Luft mehr zu bekommen.
Stacy-Joan begrüßte sie freundlich wie immer.
»Gib Mister Clayton bitte die Unterlagen zu Larrys Farm«, trug Mandy ihr auf. An Nicholas gewandt fuhr sie fort: »Lies dir bitte alles genau durch. Wenn du danach immer noch die Absicht hast, die Farm zu kaufen, ruf uns an. Wir vereinbaren dann einen Termin.«
»In Ordnung.« Nicholas schenkte ihr ein entwaffnendes Lächeln, das Mandys Seelenfrieden endgültig aus dem Gleichgewicht brachte.
Mit einem Ruck fuhr sie herum und floh in die Sicherheit ihres Büros. Das Zuschlagen der Tür beendete ihre erste längere Begegnung nach so langer Zeit abrupt.
Alles in ihr
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