Mandys Verlangen
Partei- und Geschäftsfreund meines Vaters. Na, du kennst das ja. Als ich mich weigerte, ich meine, wir leben im 21. Jahrhundert …! Also, als ich mich weigerte, gab es einen Riesenkrach, der damit endete, dass mich mein alter Herr vor die Wahl stellte: Entweder ich fügte mich seinem Diktat, oder ich hätte den Clan zu verlassen. Ich entschied mich für Letzteres.«
»Einfach so?« Mandy konnte es nicht glauben.
»Nein, natürlich nicht«, gab Nick zu. »Dieser Entscheidung gingen wochenlange Diskussionen und Streitereien voraus. Irgendwann begriff ich, dass ich meinen Vater nicht umstimmen konnte. Vor allem aber wurde mir klar, dass ich mich auf ein bis ins Detail vorbestimmtes Leben einlassen würde, wenn ich mich seinem Willen fügte. Doch ich hatte andere Pläne. Also zog ich die Konsequenzen.«
»Und wer führt jetzt die Fabrik?«
Nick schüttelte den Kopf.
»Du warst wirklich schon sehr lange nicht mehr in Jacquody«, stellte er halb verwundert, halb spöttisch fest. »Die Clayton-Edelsteinschleiferei gibt es schon lange nicht mehr. Vater hat sich ganz der Politik verschrieben. Die Immobilien und die Firmenanteile an den anderen Unternehmen verwaltet Harry, der Mann meiner jüngeren Schwester.«
»Und was tust du?«
Nick schob seinen Teller von sich und lehnte sich zurück.
»Ich habe eine Werbeagentur«, erklärte er nicht ohne Stolz. »Wir gehören zu den führenden Unternehmen der Region, das heißt, momentan macht auch uns die Weltwirtschaftskrise zu schaffen. Aber wir stehen immer noch an der Spitze.«
»Bist du verheiratet?« Die Frage war heraus, bevor Mandy richtig überlegt hatte, was sie da sagte. Prompt lief ihr Gesicht knallrot an. Das spöttische Lächeln, das Nick ihr daraufhin zuwarf, machte es keineswegs besser.
»Nein, bin ich nicht«, antwortete er zögernd. »Und du?«
Mandy schluckte. Falls er geglaubt hatte, sie würde immer noch als Mauerblümchen ihren unerfüllten Träumen nachhängen, hatte er sich getäuscht.
»Ich bin verlobt«, erwiderte sie hochnäsig. »Mein Verlobter arbeitet als Oberarzt an einem großen Krankenhaus in Denver. Sobald er seine eigene Praxis eröffnet hat, wollen wir heiraten.«
»Dann erst?« Nicholas schüttelte den Kopf. Der Blick, mit dem er dabei über Mandys attraktive Erscheinung glitt, trieb ihr erneut heiße Röte ins Gesicht. »Der Mann muss Fischblut in den Adern haben. Ich würde nicht so lange warten wollen.«
Mandy packte ihre Gabel, als wollte sie damit auf Nick losgehen, doch dann stach sie nur in eine Tomatenscheibe.
»Es wäre unvernünftig, vorher zu heiraten«, entgegnete sie etwas zu heftig. »Clemens und ich sind schließlich keine Teenies mehr, die sich Hals über Kopf in ein Abenteuer stürzen.«
»Schon gut, schon gut!« Nicholas hob beschwichtigend die Hände. »Es geht mich nichts an. Außerdem …«, hier stahl sich ein kleines Schmunzeln in seine Mundwinkel, »… mir ist das ganz recht. Ich fange nämlich grundsätzlich nichts mit verheirateten Frauen an.«
»Vergiss es, Nick«, konterte sie scharf. »Du hast mich einmal verschaukelt. Ein zweites Mal werde ich dir keine Gelegenheit geben, dich auf meine Kosten zu amüsieren.«
Die Erinnerung an das Picknick am Unabhängigkeitstag schoss wie ein greller Blitz durch Nicholas’ Kopf, und er senkte den Blick.
»Okay«, murmelte er kleinlaut. »Ich habe mich damals unmöglich benommen.«
»Ich denke, wir sollten jetzt aufbrechen«, überging Mandy die Bemerkung, aber es klang eine Spur zu forsch. »Du willst das Haus und das dazugehörige Gelände bestimmt besichtigen. Anschließend muss ich nach Kittredge und um fünf habe ich einen Termin in Brook. Also sollten wir uns auf den Weg machen, wenn du dir alles in Ruhe ansehen willst.«
Sie fuhren in Mandys Wagen. Zum Glück machte Nicholas keinen Versuch, noch einmal auf das damalige »Picknick« zurückzukommen, sodass Mandolyn sich langsam wieder entspannte.
Die alte Katie kam aus dem Haus gelaufen, kaum dass der Honda auf den Vorplatz gefahren war. In der Linken hielt sie ihr Gewehr, legte es aber nicht auf die Besucher an. Stattdessen eilte sie mit einem strahlenden Lächeln auf Mandy zu und reichte ihr eine raue, abgearbeitete Hand.
»Miss Jonas, schön, Sie zu sehen«, begrüßte Katie die junge Frau, wobei sie Nick geflissentlich ignorierte. »Sie wollen sicherlich das Haus sehen, nicht wahr? Ich habe gut darauf aufgepasst. Alles ist an Ort und Stelle.«
»Dass Sie gut aufpassen, habe ich bereits gehört.«
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