Mandys Verlangen
schüttelte den Kopf. »Nein, Mandy, ich sehe da überhaupt kein Problem. Sieh mal …« Rudy setzte sich im Schneidersitz hin und hob den Zeigefinger. »Samantha hat die Kinder doch bloß bekommen, damit ihr Vater endlich seinen Willen hat. Sie wird froh sein, die Verantwortung los zu sein! Ich hingegen komme prima mit den beiden zurecht. Sie hängen an mir, Mandy, das kannst du mir ruhig glauben. Wieso sollte Sam etwas dagegen haben, sie mir zu überlassen?«
»Vielleicht hat Samantha nichts dagegen«, gab Mandy zu. »Aber Lyonell McDalton ganz sicher. Immerhin sind es seine Enkel. Du hast eben selbst gesagt, dass Samantha sie nur gekriegt hat, weil ihr Vater sie dazu gedrängt hat. Da bildest du dir doch nicht ein, dass der Alte dir, einer kleinen Italoamerikanerin, seine heißgeliebten Nachkommen anvertraut?«
»Was hat das denn mit meiner Herkunft zu tun?«, brauste Rudy auf, aber Mandy legte ihr die Hand auf die Lippen.
»Diese Leute sind voller Dünkel, glaube es mir«, erklärte sie der Freundin in eindringlichem Ton. »Ich weiß, wovon ich spreche. Die lassen niemanden, der nicht aus ihren Kreisen stammt, zu ihnen emporsteigen. Die tun alles, aber auch wirklich alles, um unter sich zu bleiben.«
»Ach, das ist doch Schnee von gestern!« Rudy stieß Mandys Hand weg und schwang die Beine aus dem Bett. »Wo leben wir denn? Hey, Mandy, willkommen im 21. Jahrhundert. Unser Präsident ist übrigens ein Schwarzer.«
»Rudy, denk doch bitte mal fünf Minuten nach!«, rief Mandolyn. »Frederick hat jetzt eine sichere Stellung. Aber er ist völlig vom Wohlwollen seines Schwiegervaters abhängig.«
»So ein Quatsch!« Rudy stapfte mit dem Fuß auf.
»Fred wäre erledigt, wenn er sich wegen einer anderen von Samantha scheiden ließe«, fuhr Mandy unbeirrt fort. »Bildest du dir allen Ernstes ein, dass Fred seine gesellschaftliche Stellung, sein Leben im Luxus, seine wirtschaftliche Existenz, kurz alle Annehmlichkeiten, die ihm die Ehe mit Samantha McDalton verschafft hat, deinetwegen aufgibt? Er müsste verrückt sein!«
»Ist er auch«, erwiderte Rudy mit unerschütterlichem Optimismus. »Und zwar verrückt nach mir. Mach was dagegen.«
Mandy gab es auf. Gegen Rudys Starrsinn anzukommen war ein Ding der Unmöglichkeit. Stumm blieb sie auf dem Bett sitzen und sah zu, wie Rudy in ihren Jogginganzug schlüpfte und sich das Haar zusammenband.
Erst als Rudolfina das Haus verlassen hatte, um ihre Jogging-Runden zu drehen (die sie nur machte, wenn sie echte Probleme hatte, was zumindest bewies, dass Mandys Worte nicht ganz ohne Eindruck geblieben waren), rutschte Mandy vom Bett und kehrte ins Bad zurück.
Vor dem Spiegel blieb sie stehen und sah sich lange an.
»He, sag mal«, sprach Mandy ihr Spiegelbild an. »Bin ich eigentlich verrückt oder die anderen?«
Ihr Gegenüber hob ratlos die Schultern.
Nicholas musste warten, ehe Stacy-Joan ihn zu Mandy hereinließ, da Homer Flint fünf Minuten zuvor völlig aufgeregt in die Agentur gehumpelt war, um einen Unfall zu melden. Er hatte am vergangenen Abend noch rasch eine Güllegrube leeren wollen. Dabei war er gestolpert und der Länge nach hingefallen. Dummerweise war ihm bei diesem Sturz das Gebiss aus dem Mund gerutscht und ausgerechnet in die Güllegrube gefallen.
Aber damit noch nicht genug! Wilma, Homers äußerst sparsame Ehefrau, hatte darauf bestanden, dass er das teure Stück suchte. Nach einigem Sträuben war Homer in die Grube hinabgestiegen (Wilma konnte unerbittlich sein), war jedoch von den Gasen beinahe ohnmächtig geworden. Beim Versuch, ihn zu retten, hatte sein Sohn versehentlich den Kran zu früh ausgeklinkt, und Homer war aus beachtlicher Höhe auf die gemauerte Umrandung des Misthaufens geknallt und hatte sich drei Rippen gebrochen.
Nun wollte er wissen, ob die Unfallversicherung auch für das verloren gegangene Gebiss aufkam.
Mandolyn versprach, sich um alles zu kümmern. Einigermaßen beruhigt zog Homer schließlich ab und überließ Nicholas seinen Platz vor Mandys Schreibtisch.
»Du bist also immer noch entschlossen, die Farm zu kaufen?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage, die Mandy stellte, während sie die notwendigen Papiere zurechtlegte.
»Ja, das bin ich.« Nicholas lehnte sich bequem in seinen Sessel zurück. »Ich habe mit meiner Bank gesprochen und mir bereits eine Liquiditätsbestätigung zumailen lassen. Wie hättest du das Geld denn gern? Über ein Sonderkonto, bar oder per Scheck?«
»Gib nicht so an, Nicholas«,
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