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Mandys Verlangen

Mandys Verlangen

Titel: Mandys Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie C.
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EKG hereingerollt. Dr. Miller warf die leere Spritze achtlos auf den Instrumentenwagen und riss die Pyjamajacke des Patienten auf. Die weißliche, aufgeschwemmte Brust lag wie Hefeteig vor dem Internisten. Er schmierte die Sonden mit Gel ein, setzte sie auf die nackte Haut des Mannes und beobachtete aufmerksam die Nadeln auf dem Monitor, die bizarre Zacken malten. Doch es waren nur arrhythmische Pumpbewegungen, die er dort sah, hervorgerufen durch das Medikament, dessen Wirkung schnell nachließ.
    Mit fliegenden Fingern griff Dr. Miller nach dem Stethoskop. Deutlich hörte er das Zischen, das verriet, dass irgendwo Blut entwich. Doch noch wollte der Arzt nicht aufgeben. Verbissen kämpfte er um das Leben des Patienten.
    »Adrenalin!« Mit den Fingerspitzen tastete er die Brust des Mannes ab, bis er die Stelle zwischen Brustbein und Rippenansatz gefunden hatte, durch die er das Medikament direkt in den Muskel spritzen konnte.
    Die Schwester reichte ihm die fertige Injektion. Ohne Zögern stach Dr. Miller die extra lange Kanüle in das weiche Fleisch. Sie glitt in die Haut, durchdrang das Fett- und Muskelgewebe und traf endlich den Herzmuskel, was der Arzt an dem dunklen Blut erkannte, das in die Spritze zurückquoll.
    Langsam drückte er den Kolben herunter, und das Adrenalin floss in die Herzhöhle. Ein eigentlich sinnloses Unterfangen, aber Dr. Miller wollte nicht aufgeben.
    Das Herz seines Patienten war weniger ehrgeizig. Es machte ein paar widerwillige Pumpversuche, dann setzte es erneut aus, stolperte weiter und setzte wieder aus.
    Plötzlich gab der Überwachungscomputer einen Warnton von sich. Auf dem Monitor erschien eine grüne Linie, die ein paarmal auf und ab hüpfte. Dann blieb sie gerade, der Computer pfiff durchdringend.
    »Defi!« Ohne richtig hinzusehen, ergriff Dr. Randolph Miller die Paddles, die der Pfleger ihm reichte, schmierte Gel auf sie und setzte sie auf die weiße Brust. »Weg!«
    Der Stromstoß fuhr in den massigen Leib, sodass dieser sich aufbäumte. Aber das Herz rührte sich nicht. Miller erhöhte den Widerstand, legte die Paddles erneut auf.
    »Weg!« Das Kommando ließ alle Beteiligten einen Schritt zurücktreten.
    Diesmal erzitterte das gesamte Bett, während sich der Leib in wilden Zuckungen wand. Der Computer pfiff unbeeindruckt seinen eintönigen Warnton.
    Alle Blicke hingen an dem Monitor, doch die grüne Linie blieb, was sie war: ein gerader Strich ohne Zacken oder Kurven, die andeuteten, dass das kranke Herz seine Arbeit wenigstens für Sekunden noch einmal aufnehmen wollte.
    Der Arzt versuchte es ein drittes Mal. Doch der Pfeifton blieb, das Herz versagte weiterhin seinen Dienst. Den Umstehenden war längst klar, dass hier nichts mehr zu machen war, aber die Schwester zog dennoch eine neue Injektion auf, der Pfleger ließ den Akku des Defibrilators neu laden. Als auch der vierte Versuch keinen Erfolg brachte, gab der Internist auf.
    Wütend warf er die leere Injektion auf den Instrumentenwagen, riss sich die Handschuhe herunter und trat von dem Bett zurück. Er überließ es der Schwester, die Sonden und Kanülen zu entfernen.
    Müde und enttäuscht verließ er das Krankenzimmer.
    Auf dem Weg zum Lift überkam Tammy eine Vorahnung, die so intensiv war, dass ihre Haut am ganzen Körper zu kribbeln begann. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und Schweiß rann ihr über den Rücken.
    Die Ahnung, dass sich während ihrer Abwesenheit irgendetwas ereignet hatte, das sie den Job kosten konnte, war fast schon Gewissheit. Fieberhaft überlegte sie, welcher Patient Schwierigkeiten machen könnte. Auf keiner ihrer Stationen lagen momentan problematische, demente oder instabile Fälle.
    Allerdings war es durchaus möglich, dass die Notaufnahme jemanden geschickt hatte, der zur stationären Behandlung oder zur Beobachtung bleiben musste. Dann hätte man sie aber über ihren Pager angefunkt …
    Ach, verdammt, vor Zorn stapfte Tammy mit dem Fuß auf, den hatte Clemens ja ausgeschaltet! Sie hätte es ihm nicht erlauben dürfen. Aber seit wann fragte dieser dauergeile Mistkerl danach, was er bei ihr durfte oder nicht! Er machte einfach, was ihm gefiel, und sie duldete es!
    Die letzten Meter bis zum Fahrstuhl legte Tammy im Sprint zurück. Als sie die Hand ausstreckte, um den Etagenknopf zu drücken, zitterte ihre Hand. Oh mein Gott, bitte, bitte lass nichts passiert sein , betete sie inständig, während die Kabine in die Höhe schwebte. Wenn du diese Sache hier gut ausgehen lässt, verspreche

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