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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Jahren waren einige von Albert D'Annunzios Vorgesetzten eines
natürlichen Todes gestorben — wobei mehrfache Schußwunden in diesem besonderen
Beruf ebenso natürlich waren wie alles andere -, und Albert war in dem, was
jetzt ein landesweiter Konzern mit Büros im Großraum New York, Las Vegas und
Phoenix in Arizona war, zu einer hohen Führungsposition aufgestiegen. Der alte
Club in der Carmine Street war jedoch immer noch Alberts Lieblingslokal, und
hier konnte man ihn auch meist finden, wenn man es schaffte, durch die Tür zu
kommen.
    »Mit Schriftstellern und Künstlern bin ich durch«, sagte Paulie. »Sie
sind eine lausige Bande, Abschaum.«
    »Mit Schriftstellern möchte ich auch nichts mehr zu tun haben«,
bestätigte Walter.
    »Bist du beim Spiel mit heiler Haut herausgekommen?«
    »Ich habe überlebt.«
    »Das höre ich gern.«
    »Ich hatte das Gefühl, daß Mr. Rosenbloom großes Geld auf einen
Fünf-Punkte-Vorsprung gesetzt hatte.«
    Paulie grinste. »Das ist vielen anderen nicht klar gewesen.«
    Der Club hatte sich seit Walters letztem Besuch nicht viel verändert.
Das gleiche schlechte Wandgemälde des Ätna, an dessen Hängen ein unendlicher
blutroter Lavastrom zu Tal stürzte, bedeckte die im übrigen kalkweißen Wände.
Die kleinen runden Tische hatten immer noch weiße Tischtücher, und die Bar war
immer noch aus dunklem Mahagoni mit kunstvollen Schnitzereien italienischer
Jagdszenen, wenn man davon absieht, daß die Sizilianer dort auf Hirsche Jagd
machten statt aufeinander, was Walter für ein wenig irreführend hielt.
    »Zwei Glas Wein«, sagte Paulie zum Barkeeper. »Ich werde künftig nicht
einmal mehr Bücher lesen. Davon kriegt man nur Flausen im Kopf, verstehst du?«
    »Ich weiß«, bestätigte Walter.
    »Dieses gottverdammte Highway By Night«, schnaubte
Paulie. »Noch ein paar Wochen mehr, und dann wäre er selbst ein Teil des
Highway bei Nacht gewesen, verstehst du, was ich meine?«
    Walter zog den Umschlag aus seiner Jackentasche und reichte ihn
Paulie. Paulie sah die Geldscheine an und fragte: »Was zum Teufel ist dies,
Walter?«
    »McGuires Schuld«, sagte Walter. »Abzüglich einiger Spesen.«
    »Jedenfalls genug«, sagte Paulie. »Salute, Walter. »Salute, Paulie.«
    Walter trank den kräftigen Rotwein und sagte: »Ich würde gern mit
Albert sprechen, wenn ich kann.«
    »Er ist im Hinterzimmer«, sagte Paulie, senkte dann die Stimme und
fügte hinzu: »Er ißt gerade. Das ist alles, was er heute noch tut, Walter,
essen. Sein Leben ist eine einzige andauernde Mahlzeit. Ich weiß nicht, wann
der Typ Zeit hat, mal scheißen zu gehen oder laut zu werden, denn er sitzt
immer bei Tisch. Die Kellner hier laufen hin und her und bringen ihm Pasta,
bringen ihm Saucen, bringen ihm Ravioli, Fleischbällchen, Würste, Käse, und
dann noch das Gebäck ... Kennst du noch diese Bäckerei in der Minetta Street?«
    »Aber sicher.«
    »Der Inhaber hat sich vergangene Woche so ein gottverdammtes Boot
gekauft, wollte es The Albert nennen,
aber da haben ihm einige Jungs gut zugeredet und ihm gesagt, Albert könne das
vielleicht übelnehmen, verstehst du?«
    »Und wie hat er es dann genannt?«
    Paulie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Hat es wahrscheinlich nach
seiner Frau benannt, es sei denn, die sieht auch nicht gerade wie Audrey
Hepburn aus. Du willst also, daß ich mich erkundige, ob Albert ein paar Minuten
Zeit hat?«
    »Bitte.«
    »Keine Ursache. Ich bin dir was schuldig.«
    Ein paar Minuten später saß Walter an Albert D'Annunzios privatem
Tisch im Hinterzimmer und sah zu, wie der fettleibige Mobster einen Teller mit
Fettucine Carbonara und dazu Tintenfisch und Parmaschinken verzehrte.
    »Haben Sie schon gegessen?« fragte Albert, als Walter sich setzte.
    »Ja, besten Dank«, erwiderte Walter.
    Albert sagte: »Paulie ist ein guter Junge. Ich hätte nie zulassen
dürfen, daß er diese Kurse an der New York University belegt. Jetzt will er nur
Bücher lesen und jüdische Mädchen vögeln. Ich bin jedenfalls froh, daß es
geklappt hat. Ich habe ihm aber gesagt, keine Schriftsteller mehr.«
    »Ich glaube, er hat die Botschaft verstanden.«
    »Das hoffe ich«, murmelte Albert mit vollem Mund. »Nun, was ist mit
Ihnen?«
    »Ich bin gekommen, um Sie um einen Gefallen zu bitten«, sagte Walter.
    Die Bitte wurde ihm gewährt. Anschließend plauderten sie noch ein
wenig, und auf dem Weg hinaus sagte Walter: »Paulie, da ist noch eine
Kleinigkeit, die ich brauche.«
    Als er hörte, worum es ging, sagte

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