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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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packte Walter an den Revers und knallte ihn gegen die
Fahrstuhlwand. Walter zog Stone den Rand seines rechten Schuhs über das
Schienbein. Als Stone aufschrie und sich bückte, um sich an das blutende Bein
zu greifen, langte ihm Walter über die Schultern und zog ihm den Mantel über
den Kopf, so daß der Agent die Arme nicht bewegen konnte. Dann wuchtete er
Stone gegen Madsen, streckte den Arm aus und riß Stone die Pistole aus dem
Holster, rammte sie Madsen ins Gesicht und entsicherte sie.
    »Ich kenne mich mit Waffen nicht aus«, keuchte Walter. »Tun Sie also
bitte, was ich sage.«
    »Aber sicher«, erwiderte Madsen.
    »Drücken Sie bitte auf sechzehn.«
    »Schon geschehen.«
    Während der Fahrt nach oben sagte Madsen: »Sie machen einen großen
Fehler.«
    »Ich habe nichts, was Ihnen gehört.«
    Madsen lächelte. »Es geht nicht nur um Sie, sondern auch um Ihre
kommunistische Freundin. Wir können ihr das Leben sehr schwer machen. Wir
können sie wegen Rauschgiftbesitzes festnehmen, ihre Freunde belästigen, ihre
Auftrittsgenehmigung widerrufen, dann kann sie nie mehr arbeiten. Ach,
übrigens, haben Sie gewußt, daß sie sexuell pervers ist? He, Vorsicht mit dem
Ding, es ist geladen. Es ist doch geladen,
nicht wahr, Special Agent Stone?«
    Stone grunzte unter dem Mantel eine Bestätigung.
    »Lassen Sie Anne Blanchard in Ruhe«, sagte Walter.
    »Sie haben es in der Hand, Withers«, sagte Madsen, als der Fahrstuhl
im sechzehnten Stock hielt.
    Bill Dietz stand in der Halle, als die Fahrstuhltüren aufgingen, und
sah zu, als Walter die Waffe wieder in Stones Holster steckte und an den beiden
FBI-Agenten vorbei aus dem Fahrstuhl trat. Dietz grinste, als Stone mit seinem
Mantel kämpfte und die Fahrstuhltüren zugingen.
    »Alles paletti, Walter?« fragte Dietz.
    »Könnte nicht besser sein, William«, entgegnete Walter. Er ging an
Dietz vorbei, strebte seinem Büro zu, wobei er sich auf dem ganzen Weg
verfluchte.
    Ich hätte es wissen müssen, dachte er. Ich hätte wissen müssen, daß
das FBI sich hier einmischt und ein Dossier über Annes Vergangenheit anlegt.
Und selbst wenn sie nicht herausfinden, daß sie ein Kurier war, wenn sie aber
darüber stolpern, daß sie für Marta was erledigt hat...
    Liefern Sie die Tonbänder um neun am Boat Basin ab.
    Als er in seinem Büro ankam, lag die Howard-Akte wieder auf seinem
Schreibtisch.
    Eine kurze Aktennotiz von »Eingang und Verteilung« war am Aktendeckel
befestigt. »Withers - bei uns wird die Akte Michael Howard unter dem
Aktenzeichen AE576089 geführt. In Ihrem Untersuchungsbericht heißt das
Aktenzeichen AE576809. Bitte korrigieren Sie das und reichen Sie den Bericht
erneut mit dem ergänzenden Korrekturformular ein (IA 141). De Witt.«
    Walter sah auf seine Armbanduhr. Es war 15.45 Uhr, und damit hatte er
den Nachmittagsdurchlauf der Fledermäuse um volle fünfundvierzig Minuten
verpaßt. Folglich konnte die Howard-Akte mit dem daran gehefteten ergänzenden
Korrekturformular erst am nächsten Morgen um zehn Uhr wieder ins System
geschleust werden. Er setzte sich hin, tippte den Bericht neu, fand ein leeres
Formular IA 141 in einer Schreibtischschublade und füllte es aus. Unter dem
Abschnitt mit der Überschrift ERKLÄRUNG DES IRRTUMS schrieb er: »Unabsichtliche
Vertauschung der Zahlen Nummer drei und vier im Aktenzeichen.«
    Als er diese Aufgabe beendet hatte - ein loses Ende, das sich immer
wieder löst, dachte er —, läutete das Telefon.
    »Mr. Withers«, sagte Malion. »Sie sind ein sehr gefragter Mann!«
    »Ist das wahr?«
    »O ja. Hier unten warten an jeder Tür Freunde auf Sie.«
    Wenn es doch nur so wäre, dachte Walter, als er auflegte. Wer konnte
das da unten sein? Bestimmt Madsen und Stone, vielleicht mit ein paar kleinen
Helfern, dann sind da noch Sam Zaif und vielleicht noch Keneallys Jungs... Und
vielleicht wollen die glücklichen Leute, die mich am Boat Basin erwarten, doch
nicht so lange warten, und...
    Was soll das Gejammer, dachte er. Reiß dich zusammen, mein Junge. Noch
hast du ein paar Asse im Ärmel. Erstens, versuch dir das zu merken, wenn es
deinem Selbstbewußtsein auch schaden kann, daß sie nicht dich wollen,
sondern die Tonbänder. Dann zweitens, von dem versammelten Mob da unten wird
niemand auf dich losgehen, bis sie einigermaßen sicher sein können, daß du die
Bänder hast. Und drittens können sie dich kaum mitten in Manhattan zur Rush
hour schnappen.
    Was mich alles zum vierten Punkt bringt, dachte Walter, was tatsächlich ein

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