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Manhattan Blues

Manhattan Blues

Titel: Manhattan Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Besonderes geplant hat, um 1959 angemessen zu begrüßen...«
    Anschließend las er ihr vor, obwohl er nicht wußte, ob sie ihn hören oder
verstehen konnte, und bemühte sich aus irgendeinem albernen Grund, den er sich
nicht erklären konnte, mit dem Buch an diesem Nachmittag fertig zu werden. Es
dauerte mehr als eine Stunde. Er hörte Sarah hereinkommen, spürte ihre
Gegenwart an der Tür, hörte, wie die Tür zuging und wie sie auf dem Flur
zurückging. Kurz darauf las er: »Nein, niemand ging je über die
Brücke, vor allem nicht in einer Nacht wie dieser. Nun, kaum jemand. Ende.«
    Er ließ das Buch wieder unter das Bett gleiten, küßte sie auf die
Wange und sagte: »Glückliches neues Jahr, Mary.«
    Sarah verabschiedete sich nur mit einem Winken, als Walter aus der
Tür ging. Er wußte ihre Diskretion zu schätzen, da sie ihnen beiden erlaubte,
so zu tun, als weinte er nicht.
    Als er durch die Drehtür kam, sah Walter, wie Mallons Augen
aufleuchteten. Der Pförtner zeigte mit dem Kopf schnell auf die
gegenüberliegende Tür, auf zwei Männer in Mänteln und Filzhüten. Walter nickte
ihm ein »Okay« zu und ging zur Reihe der Fahrstühle. Die beiden Männer eilten scheinbar
lässig herüber, um denselben Fahrstuhl zu besteigen.
    Das hat das FBI so an sich, dachte Walter. In der Arbeit auf der
Straße sind sie noch nie sehr gut gewesen. Außerdem sehen sie alle gleich aus,
dachte er, als die beiden Männer den Fahrstuhl bestiegen und auffällig auf die
Zahlen der Stockwerke starrten. Starke Unterkiefer, aber ein weiches Kinn.
Bundescops aus ein und derselben Kuchenform, die dem Direktor, wie sie den
alten J. Edgar nannten, so gefiel.
    Nur um sie zu ärgern, stand Walter gleichmütig da und drückte nicht
auf einen Knopf. Statt dessen fragte er: »Welches Stockwerk?«
    »Ganz nach oben«, erwiderte der Ältere.
    »Zum Penthouse«, sagte Walter. »Das heißt also Kleider, Abendkleider
und Unterwäsche.«
    Ein privater kleiner Scherz, dachte Walter, aber befriedigend.
    Er wartete darauf, daß einer der beiden auf den Halteknopf drückte,
was der Ältere zwischen dem fünften und sechsten Stock tat.
    »Sind Sie Walter Withers?« fragte er.
    »Meine Freunde nennen mich Zero.«
    »Ich bin nicht Ihr Freund«, entgegnete der Ältere. »Und er auch
nicht.«
    »Dann können Sie mich auch nicht Zero nennen«, gab Walter zurück. »Sie
auch nicht.«
    Der Ältere sagte: »Ich bin Special Agent Madsen, und dies ist Special
Agent Stone. Wir sind vom Federal Bureau of Investigation.«
    »Und ich dachte schon, Sie wären von Otis.«
    »Wir haben Grund zu der Annahme, daß Sie in ein versuchtes Verbrechen
gegen US-Senator Joseph Keneally verwickelt sind«, sagte Madsen.
    »Was für ein Verbrechen?«
    »Erpressung«, erwiderte Madsen.
    »Sie haben ihn zur Hergabe von Geld genötigt«, ergänzte Stone.
    »Was nun?« fragte Walter. »Das sollen Sie uns sagen.«
    »Das einzige Verbrechen, dessen ich mir bewußt bin, ist die Tatsache,
daß ich im Fernsehen diesem Typ van Dören Antworten vorgesagt habe, und, ja,
dabei haben Sie mich erwischt«, sagte Walter und streckte die Hände aus, um
sich Handschellen anlegen zu lassen. »Gute Arbeit, Männer.«
    »Falls Sie versuchen, Senator Keneally zu erpressen«, sagte Madsen,
»wäre es viel besser für Sie, wenn Sie uns das belastende Material einfach
übergeben.«
    »Richtig«, gab Walter zurück, »damit Hoover ihn erpressen kann.«
    »Sie können für eine verdammt lange Zeit ins Gefängnis wandern«, sagte
Madsen.
    »Sogar für versuchte Erpressung«, fügte Stone hinzu.
    »Übergeben Sie uns das Material, dann könnten wir uns eventuell
überreden lassen, die Sache zu vergessen.«
    »Und Sie?«
    »Eine Frage der nationalen Sicherheit.«
    »O bitte«, sagte Walter. »Ihr Burschen habt seit Benedict Arnold
keinen einzigen Spion mehr gefangen.«
    »Ich will diese Tonbänder, Withers.«
    »Ich bitte um Vergebung? Tonbänder?« fragte Walter. »Wie kommen Sie
auf die Idee, ich hätte Tonbänder?«
    »Sollten Sie Fotos haben, wollen wir die auch«, sagte Stone.
    »Das will Joe Keneally auch«, erwiderte Walter.
    »Nun, er sollte sie besser nicht bekommen«, sagte Madsen.
     
    Nein, dachte Walter. Hoover wird sie ihm vorspielen, wenn der richtige
Zeitpunkt da ist.
    »In meiner Wohnung haben Sie es nicht gefunden, nicht wahr?«
    »Das bedeutet aber nicht, daß Sie es nicht haben«, erwiderte Madsen.
    Stone drängte Walter an die Wand und sagte: »Vielleicht haben Sie es
jetzt bei sich.«
    Er

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